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0094 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 94 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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der verschiedenen Schriften, die wohl sämtlich auf eine alte Grundlage zurückgehen, so verschieden sie sich in ihren heutigen Fassungen geben. Die wenigen Übertragungen — außer der bereits mehrfach angeführten des Brhat Sanhita von Kern 1), die auch dem Folgenden zugrunde liegt, ist mir nur die des Manasara von Rain Raz bekannt, von der ebenfalls schon wiederholt die Rede war 2) --, leiden darunter, daß die Übersetzer anscheinend selbst mit Architekturdingen nicht vertraut genug waren und daß das Verständnis unter den indischen Fachleuten, den Architekten, mehr und mehr schwindet. Wenigstens lassen sich so am ehesten die oft großen Unwahrscheinlichkeiten erklären. Das Brhat Sanhita ist ein Sanskrit-werk, dessen Verfasser Warahamihira im Anfang des 6. Iahrhunderts lebte. Es umfaßt die ganze Astronomie und Astrologie und beruht größtenteils auf älteren Werken, unter anderen auch griechischen. Die Regeln, die das 53. Kapitel über die Baukunst gibt, stimmen im wesentlichen mit denen der Silpa Sastra überein.

Einleitend wird von dem „Wesen" gesprochen, „das mit seinem Körper beide Welten versperrte" und von den Göttern niedergeworfen wurde. 3. „Von den verschiedenen Teilen seines Körpers ist jeder derjenigen Gottheit unterworfen, die ihn angegriffen hat. Es ist das unsterbliche Wesen, das vom Schöpfer dazu bestimmt wurde, die Person des Wohnhauses zu werden." Dieser Hausdämon ist die Wastupuruscha genannte Gottheit „des Bewohnbaren", die nach der Vorstellung der Inder zwischen den drei Welten wandert, dabei in den verschiedenen Jahreszeiten ihre Lage ändert und durch ein Beschwörungsverfahren an den Ort gebannt werden kann, auf dem eine Stadt oder ein Haus erbaut werden soll. Von diesem Hausdämon ist 42 wieder die Rede: „Um den Grundplan eines Hauses in 81 Vierecke zu zerlegen, teile man die Seiten in 9 gleiche Teile und verbinde sie durch 10 Linien von West nach Ost und von Nord nach Süd. Dann gehört das Innere 13 Gottheiten. das Äußere 32." Die Götter werden im weiteren einzeln aufgeführt. Man denkt sich den Hausdämon auf dem Rücken in der Diagonale des Planvierecks liegen, und zwar mit dem Kopf nach Nordosten und den Füßen nach Südwesten. Jeder Gott besitzt auf ihm einen Teil, so Agni den Kopf, andere Götter die Augen, die Brust, die Arme usw. Es ist wichtig, daß der Grundplan den Hausdämon völlig umschließt, denn: 67. „Wenn der Hausdämon seinen rechten Arm verloren hat (d. h. wenn das Haus an dieser Stelle im Grundriß verkrüppelt ist), so tritt der Verlust des Reichtums und der Tugend der Frau ein." 68. „Fehler der Frau, Tod eines Sohnes, Knechtschaft wird kommen, wenn der Hausdämon unparig ist (d. h. wenn das Haus unsymmetrisch angelegt ist). Wo er parig ist, werden die Hausbewohner an Ehren, Reichtum und Freuden Genüge haben." Von Bedeutung ist auch, daß das Haus die beim Inaugurationsverfah ren festgelegten Hauptrichtungen einhalte, da ein Abweichen davon Unglück bringt. Die Häuser für die verschiedenen Berufsstände und Kasten werden zunächst nach Größen eingeteilt (14 bis 17). Der König soll fünf Häuser besitzen, die die Breiten von 108, 100, 92, 84 und 76 Ellen haben sollen. Die Länge muß die Breite jedesmal um ein Viertel übertreffen. Es werden dann in ähnlicher Weise die Grundmaße für die Häuser der Prinzen, Minister, Beamten, Hofastrologen usw. festgelegt, dann die der Privatpersonen je nach den Kasten. Wie weit das geht, zeigt 15. „Die Häuser von Leuten aus Mischkasten — wie

  1. The Brhat-Sanhita or Complete System of Natural Astrology of Varaha-mihira. Trans!. from Sanskrit into English by Dr. N. Kern.

Chapt. LIII. Journal of the Royal Asiatic Society. New Series. Vol. 6 S. 279 ii.

  1. S. oben S. 7.

z. B. der Parasawas, die aus der Ehe eines Brahmanen mit einer Sudrafrau hergeleitet werden—sollen so bemessen sein, daß ihre Abmessungen gleich der halben Summe der Maße für die Häuser der beiden Kasten betragen, aus denen sie ihren Ursprung herleiten. Ein Haus, dessen Abmessungen die (lurch die Regel festgesetzten über- und unterschreiten, bringt Böses für alle." Weiter folgen Regeln für die Bemessung der einzelnen Teile der Häuser, "Tiefen und Breiten der Zimmer, Hallen und Terrassen im Verhältnis zum Gesamtumfang des Grundrisses. 21 gibt die Berechnung der Geschoßhöhen : „Die Höhe des ersten Stockwerkes eines Hauses muß 1/1 der Breite + 4 Ellen betragen. Die Höhe jedes folgenden Stockwerkes muß uni 1/1,> geringer genommen werden." Maße für die Mauerstärke gibt 26: „'ll e der Breite gibt die Stärke der Mauer. Für Holzwände gibt es keine Regeln." Zugrunde zu legen ist hier sicher die Breite des Raumes, nicht des ganzen Hauses. Umständlich sind die Vorschriften zur Berechnung der Türhöhen und -breiten: 24. „Füge zur Ellenzahl der Breite des Hauses des Königs, eines Prinzen, Ministers usw. 'll dieser Zahl und noch 70, so ist das die Höhe der Tür in Zollen gemessen. I)ie Hälfte davon ist die Türweite. 25. „Bei Privathäusern von Brahmanen, Kschatrijas usw. nimm 'Í5 der Ellenzahl der Breite, füge 18 dazu und dann wieder 'Ís, so erhältst du die Türbreite. Das Dreifache davon ist die Türhöhe." Die Lage der Haustür wird 70 bis 81 erörtert. Sie soll so liegen, daß der größere Teil der Front zur Rechten des Eintretenden liegt — also nicht in der Mitte. 82. „Man soll die Haupttür des Hauses (sie heißt meist die „Löwentür") nicht durch die Ausstattung anderer Türeis verdunkeln lassen, indem man diese größer und schöner macht. Man soll sie schön schmücken mit gliickbringenden Symbolen, Wassertöpfen, Früchten und Götterbildern." Weiter wird von den Säulen gesprochen, ihren Arten, Abmessungen und der im Verhältnis zu ihnen zu berechnenden Stärke des Architravs (28 bis 30). Schwer verständlich sind die in 31 bis 41 folgenden Regeln über die Gesamtgestaltung des Grundrisses. Je nachdem die Hallen und Terrassen verteilt sind, haben die Häusertypen verschiedene Namen. Ich wage zu vermuten, daß die Unklarheiten in der Übersetzung liegen, daß für das von Kern gebrauchte „terrace" ein anderes Wort zu setzen ist. 33. „Das Wardhamana hat eine Terrasse vor dem Haupteingang. Wenn man dann von links nach rechts weitergeht, kommt wieder eine schöne Terrasse, und wieder eine andere in der obengenannten Richtung. Es darf keine 'l'iir auf der Südseite haben." 34. „Das Siwastika ist glückbringend, wenn der Eingang auf der Ostseite liegt und eine durchgehende Terrasse auf der Westseite, von deren Enden andere Terrassen nach Osten gehen, die zwischen ihren östlichen Enden eine vierte Terrasse einschließen." 35. „Das Rusaka hat eine westliche und eine östliche Terrasse und zwischen ihren Enden zwei weitere. Ein nördliches Tor darin bringt Unglück. Türen an den anderen drei Seiten sind glückbringend." 37. „Ein Gebäude mit drei Hallen, dem eine nördliche Halle fehlt, heißt Hiranjanabha. Es ist glückbringend." Dies nur als Proben. Es geht wohl soviel daraus hervor, daß der Planbildung bestimmte symmetrische Schemata zugrunde gelegt werden sollen. Als vollkommendste Lösung gilt das Sarwatobliadra (31), das an allen vier Seiten ununterbrochene Terrassen besitzt und dementsprechend vier Eingänge hat. Es ist gut für Könige und Götter. Auch über die Verteilung der einzelnen Räume gibt es Regeln, SO besagt 118: „Eine Kapelle (Kultraum) soll in der Nordost-ecke angelegt werden, die Küche im Südosten, der Geräteratiin im Südwesten, Vorratsraum im Nordwesten. Ferner gibt es Vorschriften für die Beurteilung des Baugrundes,