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0092 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 92 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Klarheit und Gesetzmäßigkeit der Anlage. Wer — um zwei naheliegende Vergleichsbeispiele anzuführen — sich im Säulenwald der Amrmoschee in Kairo oder der Moschee in Cordoba bewegt, verliert sofort den Überblick und weiß nicht mehr. in welchem Schiff er sich befindet, es sei denn, er gäbe sich die Mühe und zählte Säule um Säule und Joch um Joch ab. Ob der Architekt in der Tat an eine der großen dekhanischen Hypostylmoscheen angeknüpft hat, die in Kulbarga 1) etwa oder die Freitagsmoschee in

Bidschapur   möchte ich bezweifeln. Näher lagen ihm
die Hypostylsäle der Tempel, die drawidischen Tausendsäulenhallen. In den Dschainatempeln Nordindiens, Wimalas Tempel auf dem Berg Abu ') oder Kumbha Ranas "Tempel in Ranpur }) ist ja in ganz gleicher Weise versucht, den amorphen ') Säulensaal zu gliedern, und wenn die Moscheen Gudscherats dieselben Absichten zeigen, so ist das Prinzip doch indisch. Letzten Endes ist Tirumal Naiks Säulenpalast nichts anderes, als eine überaus reife Form des altindischen Pfostenhauses.

Die Halle C, die durch eine Seitentür von der Westhalle des Hofes A betreten werden kann, ist der bekannteste Teil des Palastes, und Daniells schöne Zeichnung des Innern, die immer und immer wieder abgedruckt wird, hat sie berühmt gemacht (Tafel 162). Zum Vergleich nehme man das linke Bild auf Tafel 163, das die wirklichen, wesentlich kleineren Verhältnisse gibt. Wie man sieht. sind die Säulen viel dicker und gedrungener und stehen wesentlich enger als auf der Zeichnung Daniells, der den Raum vor der vor noch nicht langer Zeit durchgeführten „stilechten" Restauration mir in seinen wesentlichen Formen sah. Man hat die Halle, in der Tirumal Naik seine privaten Audienzen abgehalten haben soll, mit einem gotischen Kirchenschiff verglichen, und in der Tat kommt der Raumeindruck — zumal auf Daniells Bild — dem einer frühgotischen Emporenbasilika nahe. Selbst Havell, der sonst alles auf indischen Ursprung zurückzuführen sucht, selbst Dinge, deren persische Herkunft für jeden Unvoreingenommenen auf der Hand liegt, glaubt, daß der Kirchenhau der Portugiesen in Goa hier mit hereinspiele6). Die indischen Architekten, die den christlichen Eroberern ihre Kathedralen gebaut hätten, seien später, durch die Inquisition vertrieben, an den Hof von Madura gegangen. In der Tat liegen aber wohl gerade für Tirumal Naiks Audienzhalle die Voraussetzungen auf indischem Boden:

sie ist nichts als eine großartige Verkörperung des alten tonnengedeckten Langhauses, eine Wiederholung des drei-

schiffigen Tschaitja in anderen Formen. Die Steinrippen

stehen wie in den Obergeschoßräumen von Dschodh Bais Palast in Fathpur Sikri in wesentlich größeren Abständen

als die alten Bohlensparren ') und haben Zackenbogenform

bei kielbogenförmigem Querschnitt der Tonne. Diese ist, konstruktiv genommen, rein indisch, nicht gewölbt, sondern

wie die entsprechenden Decken in Dschodh Bais Palast

aus Steinbohlen hergestellt, die in Falze der Steinrippen völlig holzmäßig eingelegt sind. Es ist sicher nicht anzu-

nehmen, daß der Architekt seinen Raumgedanken in Erinnerung an die Tschaitjas in Ellora, Adschanta oder Karli, die er gesehen haben könnte, gefaßt hat. Aus dem Tempelbau kann er ihn sich auch nicht geholt haben, denn da war

Zwölfkantsäulen — sie sind über 11 m hoch — sind mit ihrer Verjüngung persisch — und doch zeigen sich in ihren Kapitellen, namentlich aber irr den aus mehreren Hölzern gebildeten Konsolen rein südindische Formen.

Auch Bidschapur hat seine Wasserhöfe, die aber einem persischen Ab Arnbar ähnlicher sind als einer indischen ßaoli. Tafel 158 zeigt im unteren Bild die Tadsch Baoli, ein rechteckiges Becken von geschlossenen Trakten umfaßt, auf das sich in den Achsen große Bogentore mit Doppeltreppen öffnen. Daß der Bau in Südindien steht, sieht man nur an den kugeligen, auf einem Lotuskelch ruhenden Kuppeihelmen der das Kielbogenportal flankierenden Minarets.

In den gleichen Jahrzehnten wie der Palast in Tschandragiri und der Asar Mahal entstand in Madura der große Palast Tirunialai Naiks. Welten scheinen zwischen diesen drei Bauten zu liegen. Auch der Palast in Madura ist wie der Asar Mahal kein Wohnbau, sondern enthält nur Räume für das öffentliche Auftreten des Herrschers, Thronsaal, Audienz- und Gerichtshalle. Den Grundriß gibt Tafel 161 nach der Aufnahme Chisholms 1) mit einem punktiert gezeichneten Ergänzungsversuch. Dieser beruht auf der darüber abgebildeten Zeichnung Daniells, der offenbar noch mehr gesehen hat als Chisholm. Danach bestand der Bau aus zwei unverbunden nebeneinander-liegenden Hallenhöfen, einem großen — A — im Süden und einem kleineren — B — im Norden. Am Westende steht in der Ecke der ungleich langen Baukörper die Halle C, deren von Fenstern durchbrochenen Bogengiebel man auf Daniells Zeichnung links neben der flachen Kuppel im Hintergrund sieht. Der Grundriß beider Hallenhöfe ähnelt, wie auch Fergusson bemerkt, auffallend dem einer Säulenmoschee. Wie der Haram einer solchen ist der dem Eingang gegenüberliegende westliche Hallenflügel um ein Mehrfaches tiefer als die übrigen drei und besitzt nahe der Rückwand einen größeren, aus mehreren Jochen zusammengefaßten, säulenfreien quadratischen Raumteil, der mit einer das allgemeine Dach überragenden Kuppel gedeckt ist. Im übrigen ist das Ganze ein zusammenhängender, durch keinerlei Scheidewände irgendwie unterteilter Hallenraum, der sein Licht vom Hofe her erhält. Die Maße sind beträchtlich. Das große Hallenrechteck hat 120 m Länge und 68 rn Breite bei einer größten Hallentiefe von 50 m. Keiner der Thronsäle der Großmoguln kann sich damit im entferntesten messen. Die Säulen stehen, wie man auf dem Grundriß sieht, nicht in gleichen Abständen. Man erkennt breitere Gänge, die den Säulen-w ald durchsetzen und aus ihm Teile herausschneiden, in denen die Stämme dichter stehen. Auf den Langseiten im Norden und Süden sind größere Rechteckräume säulenfrei gehalten und mit Spiegelgewölben gedeckt. Sie tragen Obergeschoßsäle, die von der Plattforen der Hallendächer betreten werden können und den ganzen Bau hoch überragen (s. Tafel 161 oben). Ein gleicher offener Raumteil -- eine Lichtung im Säulenwald möchte man sagen und die breiteren Gänge mit Schneisen vergleichen — liegt vor der westlichen Schmalseite und bereitet den Eintretenden auf den Kuppeiraum vor. So ist mit außerordentlichem Geschick der erfolgreiche Versuch gemacht, dem an sich formlosen Rauni einer solchen weitgedehnten Säulenhalle restalt zu geben. ihn zu gliedern. Wer das System von Straßen und Plätzen in diesem Säulensaal einmal aufgefaßt hat, findet sich ohne weiteres zurecht und erkennt die

1) D. h. nach dem Holzschnitt bei Fergusson Hist. Ind. Arch. I Fig. 240. Der Band XXVI der Transactions of the Royal Institute of British Architects (1875/76) der Chisholms Originalaufsatz mit Plänen tend Schnitten enthiilt (S. 151 if.) war in Deutschland nicht aufzutreiben.

ein

  1. Abgeb. b. Fergusson Hist. Ind. arch. Il Fig. 264.

  2. Ebenda Fig. 411.

  3. Ebenda Fig. 283.

  4. Ebenda Fig. 288.

  5. Das die Sache treffende Eigenschaftswort — mag es au,.n Fremdwort sein — las ich zuerst bei Wulzinger. Einfiihrung Raymund, Alttiirkische Keramik, Miinchen 1922 S. 8.

r.) Indian architecture S. 212.

S. oben S. 7.

ZU

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