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0062 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 62 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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der Beschreibung des Palastes des Mohammed Tughlak von den Estraden beiderseits des Verbindungsraumes zwischen dem ersten und zweiten Tor, auf denen die diensthabende Mannschaft der Wache saßt).

Der Torweg öffnete sich auf einen quadratischen Idof von etwa 90 m Seitenlänge, allseitig von eingeschossigen Flügeln umschlossen. Dreibogige Tore in den Mitten der Nord- und Südseite ließen die breiten Basarstraßen in den Hof einmünden, die als Fortsetzung der vom Südtor der Stadt zur Burg führenden Nordsüdstraße die Burg durchsetzten und, wie gesagt, den Palast von dem Quartier der Besatzung trennten. In der Mitte des Hofes, im Kreuzungspunkt der beiden Achsen, tiefte sich ein großes quadratisches Wasserbecken ein. In der Mitte der Ostseite hob sich aus den niedrigen anschließenden Flügeln und gegen den Hof durch ein steinernes Gehege abgegrenzt der einzige noch stehende Bauteil, das Nekare Chane, das den Zugang zum großen Hof des Diwan-i-Am bildete. Tafel 60 gibt links unten die Grundrisse der beiden Geschosse. Das Erdgeschoß zeigt die bei diesen Prunktoren übliche Raumanordnung: in der Durchgangsachse einen quadratischen Kuppelraum mit halbachteckigen Seitennischen und Nebenräume zu beiden Seiten. In ihnen wurden die Ehrenkleider ausgestellt, die der Sultan an Stelle unserer Orden verlieh, und von hier durch die versammelte Menge zum Diwani-Am getragen 2). Im Obergeschoß öffnen sich nach vorn und hinten Hallen, in denen die Musik Aufstellung nahm, wenn sie den Sultan oder einen kaiserlichen Prinzen beim Aus- und Einritt begrüßte. Nur letztere hatten außer dem Herrscher das Recht, das Nekare Chane beritten zu passieren. Die Front nach dem Außenhof mit den drei Kielbogennischen, der dreifach geteilten Zackenbogengalerie des Obergeschosses darüber (Tafel 62), ist kennzeichnend für das feine Gefühl für rhythmische Werte, das die Zeit besaß. Man muß einmal einen Bau aus Akbars Zeit, etwa das Portal des Palastes in Adschmir (Tafel 27) dagegen halten, um den Abstand zu ermessen. Ein Palasttor wie das Hathia Paur in Gwalior (Tafel 11) scheint aus einer ganz anderen Welt zu stammen. Die Fassade nach dem Hof des Diwan-i-Am schlägt ein anderes rhythmisches Motiv an (Tafel 62 unten).

Der Hof des Diwan-i-Am öffnete sich hinter dem Nekare Chane als querliegendes Rechteck, wiederum auf allen vier Seiten von jetzt verschwundenen Flügelbauten umschlossen. Heute steht lediglich noch der rote Sandsteinbau des Diwan-i-Am, wie der zu Agra ein dreiseitig offener, flach gedeckter Säulensaal von neun Jochen Breite und drei Jochen Tiefe, der sich auf einer niedrigen Plattform in der Hauptachse in den Hof hineinschob (Tafel 63 und Grundriß Tafel 60). Wie in Agra ist die äußere Säulenreihe doppelt, die Eckstützen sind also zu vieren um einen Pfeilerkern verkuppelte Säulen. Dem Fluß der Arkaden wird so an beiden Enden der vom Tschhadscha beschatteten langen Front Halt geboten, ihr weicher, wiegender, in der Mitte leise durch einen etwas breiteren Säulenabstand betonter Rhythmus, der einen daran denken läßt, daß auch der Inder der Mogulzeit wie der Architekt der Frührenaissance sich eines Zusammenhanges zwischen bildender Kunst und Musik bewußt war, erhält Anfang und Ende. Konstruktiv wären die Eckverstärkungen nicht notwendig, denn die Zackenbogen, die sich in gekreuzten Reihen fiber die Säulen spannen, sind nicht gewölbt, sondern in indischer Art aus vorgekragten Steinbalken gebildet (s. Tafel 63 unten). Über den Ecken der Front stehen betonend viersäulige Tschhatris, die man auch in Agra, wo sie heute

praktisch der Ostwestrichtung gleichkommt. Von Westen kommt die Heerstraße von Lahor, tritt durch das Lahorer Tor in die Stadt und geht als Tschandni Tschauk, als Silberstraße, gerade durch bis zum Westtor der Burg, um sich als Hauptachse des Palastes bis zum Thron fortzusetzen — zum Mittelpunkt des Reiches. Eine Querachse bildet die von Muttra aus Süden kommende Straße, die mit dem Südtor die Mauerlinie durchbricht und als Fais Basar auf das Delhier Tor der Burg zugeht (Tafel 61), sich als Straße im Burginnern fortsetzt und sich mit der Hauptachse auf dem Mittelpunkt des Platzes vor dem Nekare Chane im rechten

Winkel schneidet.

Der Plangedanke der Burg beruht auf einem Rechteck mit abgestumpften Ecken, dem aus befestigungstechnischen Gründen im Norden ein kleines Dreieck angeschuht werden mußte. Der Palast selbst bedeckt ein Rechteck, das mit seiner östlichen Langseite mit der Flußmauer der Burg zusammenfällt, zwischen sich und der stadtwärtigen Burgmauer aber einen Streifen freiläßt, der mit militärischen Bauten, Arsenalen, Ställen, Kasernen für die Burgbesatzung und anderem bebaut war. Die in der Siidnordachse laufende Straße bildete die Trennungslinie. Die Aufteilung des Palastrechtecks ist im großen und ganzen so erfolgt, da3 in der Mitte zwei hintereinanderliegende Streifen vorn (I:e Baulichkeiten für Repräsentation und öffentliche Regierungshandlungen, dahinter die für den Eigengebrauch des Sultans umschließen — aufgereiht auf die westöstliche Hauptachse. Dieses mittlere Rechteck wird oder wurde südlich flankiert von einer Anzahl wohl fu r das Senana bestimmten Höfen, nördlich von zwei Gärten. Eine Verbindung zwischen diesen und dem Senanaquartier bestand durch die Bauten an der Flußseite, die, wie in Agra, auf einer erhöhten Plattform längs einer Nordsiidachse stehen. Eine strenge Achsensymmetrie ist nicht durchgeführt. Nur die auf der Hauptachse von West nach Ost folgenden Höfe und Gebäude stehen symmetrisch zu dieser. Eine Westostachse beherrscht auch die beiden Gärten im Norden. Im übrigen sind zwar die Einzelhöfe in sich oft symmetrisch, stehen aber mit den Nachbarbauten meist in keinem Achsenzusammenhang. Wie ich schon sagte, läßt sich eine Übereinstimmung der heute noch stehenden Bauten mit den alten Plänen im einzelnen nicht erzielen. Sehr unwahrscheinlich ist die auf meinem Plan angenommene Unsymmetrie des Gartenhofes zwischen Diwan-i-Am und Rang Mahal. Sie ist aber bedingt durch die gegebene Lage des Chas Mahal, der auf dem Hinduplan wesentlich breiter und näher an den Rang Mahal herangerückt angenommen ist, als das in der Tat der Fall ist.

Durch das Lahorer Tor gelangt man — wie bei den meisten indischen Festungstoren im Winkel geführt — ins Rurginnere, zunächst in einen Gang, der in der Art einer persischen Basarstraße mit einer Folge von Kuppeln überwölbt und beiderseits von Nischen mit Kammern dahinter begrenzt ist. In der Mitte erweitert sich dieser räumlich überaus großartige Zuweg zu einem achteckigen Kuppelraum, von dem nach Norden und Süden Straßen in die Wohnquartiere der Burgbesatzung führten. In seiner .Art und Lage entspricht der überwölbte Gang vollständig den Takat, den „Gewölben", die den Zugang zur runden Palaststadt des Abassiden Mansur im alten Bagdad bildeten 1), und wie dort sind die Nischen mit den Räumen zu beiden Seiten sicher keine Läden gewesen, sondern dienten der auf Wache befindlichen Mannschaft zum Aufenthalt, die sofort unter Gewehr treten konnte, wenn der Sultan oder ein hoher Offizier in die Burg einritt. Ibn Batuta berichtet bei

i

1) Sarre-Herzfeld, Archäologische Reise im Euphrat- und Tigris-gebiet II S. 128 f.

  1. Mzik, Ibn Batuta S. 110.

  2. Fanshawe, a. a. O. Anmerkung zu S. 27.