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0055 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 55 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Flächen von gegenständigen Blättern mit bewegter kehlschnittiger Modellierung bedeckt sind. Die Ornamentik des Pfeilers (Tafel 38 Mitte) zeigt ähnliche Motive, wie sie sich am Akbari Masdschid in Agra finden und auch an Akbars Mausoleum in Sikandra vorkommen, insbesondere Nischen mit der langhalsigen Kugelflasche, dem Surahi des Hafis, in deren Hals Blätter oder Blumen stecken' ), flankiert von zwei Deckelbechern. Das feine Netzwerk von Polygonalmustern, das für Akbars Bauten in Fathpur Sikri und den Roten Palast so kennzeichnend ist, tritt ebenfalls an den Pfeilern der Baradari Sikandar Lodis auf. Akbarisch sind auch die Konsolen der Tschhadschas der Tschhatris. Sein jetziges Aussehen hat der Bau jedenfalls in Akbars Zeit erhalten. Ob er im Kern auf Sikandar Lodi zurückgeht, ist eine andere Frage. Ich halte es aber für denkbar unwahrscheinlich, daß Akbar den Sommerpalast eines längst verstorbenen Sultans, noch dazu eines Angehörigen der von seinem Großvater Baber besiegten Dynastie, für seine Zwecke ausgebaut haben sollte. Ich meine deshalb, daß Sikandar Lodis Baradari richtiger als Akbars Baradari zu bezeichnen wäre, das er sich mit dem dazu gehörigen Garten in Sikandra erbaute und das nachmals das Grab seiner Gemahlin wurde. Der schöne sinnige Brauch, den Ort, an dem man sich des Lebens gefreut, sich oder seinen Lieben als letzte Ruhestätte zu bestimmen, ist erst mit den Timuriden nach Indien gekommen und von ihnen schon geübt worden, bevor sie ins Land kamen. Baber erzählt, daß er seine Mutter im Gartenpalast Bagh-i-Nurusi in Kabul bestattet 'iahe. Die Baradari war aber sicher nicht von vornherein als Grab bestimmt wie Akbars Mausoleum, das der Kaiser sich in nächster Nähe erbaute, das aber ebenfalls nichts anderes ist als eine Baradari, nur eine solche in Stufenform wie die in Firus Schahs Kotila 2). E. W. Smith und Havell 3) denken deshalb an einen Zusammenhang mit den altbuddhistischen Stufenklöstern, V. Smith mit Tempeln des hinterindischen Kambodscha 1). Weder das eine roch das andere hat dem Meister des Akbarmausoleums verge-schwebt. Er baute nach dem im indischen Wohnbau altgewohnten Stufenprinzip, das eben auch dem altbuddhistischen Stockwerkswihara wie dem kambodischen Tempel zugrunde liegt, und sezte einfach mehrere Bauten der Art wie Sikandar Lodis Baradari mit kleiner werdenden Grundrissen übereinander.

Wie erklärt sich das besondere Wesen des Stiles der Bauten Akbars? Der Gründer der Dynastie der Großmoguln, Baber, hatte ausgesprochene künstlerische Neigungen. Bauen und Gärten anlegen war ihm Herzenssache. Aber in die indische Baukunst, so wie er sie in dem von ihm eroberten Teil Hindustans antraf, vermochte er sich nicht hineinzuleben. Fremd, wie ihm das Land und seine Menschen blieben, die er voll Interesse schildert, blieb ihm auch seine Kunst. Spendet er auch hin und wieder einem indischen Bauwerk, wie dem Man Mandir in Gwalior, ein Lob, freilich kein uneingeschränktes, so urteilt er, der an persische Raumkunst gewöhnte, über das Bauen der Inder sehr absprechend, die, wie er meint, „keinen Geschmack und kein Geschick zum Zeichnen und zur Architektur haben". Daß es in Indien soviel Steinmetzen gebe, als man nur haben wolle, begrüßt er als einen Vorteil für sich, den baulustigen Herrscr.er, aber als Künstler, als Architekt verschreibt er sich Türken aus Stambul, Schiller des berühmtesten Bau-

Mogulzeit, namentlich im Grabbau, immer und immer wiederholt wird. Der Grundriß verliert sofort seine Seltsamkeit, wenn man sich die vier kreuzenden Korridore als Mauern denkt und die neun Raumgruppen als einfache Räume. Man erhält dann das Planschema des Raths des Dharmaradscha, der I3aradari in Akbars Palast in Adschmir oder einer der Baradaris, wie sie auf den "Tafeln 169, 171 und 172 gegeben sind. Der Architekt ist beim Entwurf von diesem ihm geläufigen Plangedanken ausgegangen. Wie der Stufenbau in Firus Schahs Kotila ist Sikandar Lodis Baradari ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie viel Wert im indischen Wohnbau auf die Oberfläche des Hauses gelegt wird. In der Tat ist der ganze gewölbte Unterbau eigentlich nur da, um die Dachplattform zu tragen, auf der man die genußreichsten Stunden des Tages verbringt.

Die vier Fronten sind dem Grundriß entsprechend völlig gleich (Tafel 37). Die kielbogigen Achsenliwane treten als Vorlagen vor und ihr rechteckiger Mauerrahmen ist Überhöht, wie sich das für eine persische Front gehört, und trägt eine Tschhatri. Zu Seiten dieser betonten Mitte folgen jederseits drei Achsen--Kielbogenöffnungen, durch breite Pfeiler getrennt — wiederum mit betonter Mitte — und an den Enden flankierende Türme, d. h. die Öffnungen stehen hier zweigeschossig übereinander, und die so massiver gestalteten Gebäudeecken tragen Achtecktschhatris mit steilen Kuppeln (Tafel 37 unten). An Stelle eines Hauptgesimses lief um den ganzen Bau eine auf Konsolen ausgekragte Galerie.

Die Innenräume sind, wie gesagt, sämtlich überwölbt mit Tonnen, Klostergewölben oder Kuppeln über gerauteten Rippenzwickeln, eine auch heute in ganz Persien und im Irak übliche Art der Oberleitung vom Raumquadrat ins Kuppelrund, die in Indien seit der Zeit der Tughlaks vorkommt. Das älteste mir bekannte Bauwerk mit solchen Rippenzwickeln ist das 1387 erbaute Kalan Masdschid in Delhi. In Akbars Bauten in Fathpur Sikri treten solche Rippenzwickel auch auf, insbesondere bei den Kuppeln der Bäder, ebenso im Palast in Adschmir. Die Rippung in Rautenform geht auch auf breite Scheidbogen über. Die Bogenformen sind der persische Dor mit schwach ausgezogener Spitze und ein gebrochener Korbbogen, der ebenfalls in Persien und im Irak üblich ist und z. B. in Bagdad heute „Medeni" genannt wird' ). Von einer inneren Ausstattung durch Schmuck und Farbe ist nichts erhalten. Das Gebäude dient heute als Waisenhaus und sämtliche Innenräume sind dick übertüncht.

Als Erbauer wird, wie gesagt, Sikandar Lodi genannt und als Erbauungsjahr von Carlleyle 1495 n. Chr. angegeben -). Worauf dieses Datum beruht, wird nicht gesagt. Eine Bauinschrift habe ich nicht gesehen. Die gesamte Formensprache und Ornamentik des Außenbaues, sowohl der acht Tschhatris der Dachterrasse wie der vier Fronten ist indessen akbarisch und stimmt mit der des Roten Palastes auf der Burg von Agra und des Mausoleums Akbars sowie anderer Bauten des Kaisers überein. Ich habe auf Tafel 38 eine Basis der Tibarisäulen des Roten Palastes und einer der Tschhatrisäulen der Baradari nebeneinandergestellt. Es dürfte schwer halten, von Bauten aus Sikandar Lodis Zeit, von seinem Grab in Chairpur bei Delhi etwa, etwas Ähnliches beizubringen, während z. B. die Basen von Schah Dschehans Diwani-Am in Lahor dieselbe Form zeigen: den nach dem Zackenbogen abgekanteten Pyramidenstumpf, dessen

') Vgl. Reuther, Das Wohnhaus in Bagdad S. 45 Abb. 96 f. 2) Arch. Surv. Ind. IV S. 99.

  1. Vgl. zu Taf. 38 E. W. Smith, Akbars tomb. Arch. Surs'. Ind. N. I. S. Allahabad 1909 Pl. LXIII.

  2. Grundrisse, Schnitte s. E. W. Smith a. a. O.

  3. Indian architecture S. 176.

  4. history of fine art in India and Ceylon S. 411.

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