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0038 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 38 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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das Pfostengerüst mit den steinernen Unterzügen als Gerippe da, dann erst führte man das Mauerwerk hoch, sodaß die Pfosten von ihm teilweise umschlossen wurden. Andere Zimmer wiederum sind überwölbt, vor allem die obersten Kuppelräume, und zwar mit echten Wölbkuppeln. Die Ecken sind, wie man das auf Tafel 7 oben sehen kann, mit Steinbalken überbrückt, um das Achteck und dann das Sechzehneck herzustellen, auf dem der Kuppelkreis aufsitzt. Die persische Sprengnische, die z. B. an Ala ed-Dins Torweg und den Kuppeln der Gebäude am Hausi-Chas in Delhi begegnet, kommt in Tschitorgarh nicht vor, dagegen die Tonne und das Kreuzgewölbe, das ich in der Torhalle des sogenannten Palastes des Ratna Singh feststellte. Es ist, wie gesagt, in Delhi am Ende des

14. Jahrhunderts häufig.

Betrachtet man den Grundriß Abb. 29 auf die Grund-

sätze der Planbildung hin, so sieht man, daß der Architekt offenbar großen Wert auf die Rechtwinkligkeit der einzelnen Teile gelegt hat. Er hat die ihm zur Verfügung stehende Fläche in größere und kleinere Rechtecke geteilt, die er mit Mauern abgegrenzt hat, und längs

der Wände dieser Rahmen seine Räume und Hallen wie Kästen oder Würfel mit Zwischenräumen aufgebaut. Man sieht, daß Teile des Grundrisses symmetrisch sind aber durchaus nicht in den Achsen der vor ihnen liegenden Höfe stehen. Daß diese Symmetrie durch den gestuften Aufbau regelmäßig wieder zerstört wird, habe ich bereits gesagt. So gibt es keine regelrechten Fassaden, da die Fronten der Einzelbauten vor- und zurückspringen und die Masse des Baukörpers sich nach einer Seite auftürmt, um in der beherrschenden Kuppel zu gipfeln, die nach dem uns anerzogenen Gefühl den Schwerpunkt betonen müßte, während sie planlos irgendwo in die Höhe getrieben erscheint. Das ist ein wesentlicher Unterschied gegenüber den Bauten am Haus-i-Chas in Delhi, bei denen man sichtlich Wert auf symmetrische Frontgestaltung der Einzelbauten gelegt hat, während sonst das Verfahren der Hofbildung ganz dasselbe ist. Von einer geschlossenen Raumwirkung der Höfe kann dabei keine Rede sein. Selbst bei einem fast vollständig symmetrisch geplanten Grundriß, wie ihn der sogenannte Palast des Dschaimall in Tschitorgarh aufweist, kommt diese Symmetrie dem, der den Hof betritt, nur zum Bewußtsein, wenn er sich den Plan aufzeichnet. Auf Tafel 8 links sieht man den turmartig hochgeführten dreiräumigen Ostflügel.

Die Wirkung der Bauten auf Tschitorgarh ist ungemein stark, auch wenn man sich das Malerische des Ruinenhaften wegdenkt, und beruht im wesentlichen auf dem wuchtigen Aufbau geschlossener Massen. Zeigen sie auch nicht den fast finsteren Ernst der Architektur der Tughlakzeit in Delhi, so geben sie sich doch mit männlichem Trotz und stolzer Zurückhaltung. Die glatten Außenwände sind leise geböscht und durch Gurtgesimse, Tschhadschas, und giirtelartig herumgelegte aufgeblendete Zinnenkränze in Scheingeschosse aufgeteilt. Nur die oberen Stockwerke sind von Fenstern und Dschharokas durchbrochen. Spärliches, aber fein gezeichnetes Schmuckwerk, Rosetten, Stufenrauten, Rautenbänder, aufgehöht durch Einlagen aus türkisblau emaillierten Kacheln, sitzt wirkungsvoll in den glatt geputzten dunkeln Flächen. Nur an den Dschharokas, den Erkern, verdichtet sich der Schmuck. Sie treten mit ihren hohen Kragsteinen, den gemusterten Briistungen, den schlanken Säulchen und den oft geschraubt gerippten Kuppelhelmen als plastisch gegliederte Gebilde aus der Wand heraus und legen sich gegen die rund oder achtflächig gestalteten großen Kuppeln, die den

lich am Rand des Felsens liegenden Teil G als Senana. Meiner Meinung nach haben die Höfe 1 bis 4 des von

mir aufgenommenen Teils (F E in Williams' Plan) mit

dem von hohen Mauern begrenzten Gang Senanacharakter. Es sind in der Tat drei, mit dem verfallenen südöst-

lichen sogar vier völlig selbständige Häuser, und ich

glaube, daß jedes einer Frau als Wohnung diente. Die Bauten um Williams' Hof G liegen völlig in Trümmern und

können nicht bedeutend gewesen sein. Mir erscheint es zudem unwahrscheinlich, daß das Senana unmittelbar an die Burgmauer anschloß, die doch ständig von Wachen begangen werden mußte. Das Mardana, d. h. die Räume, in denen sich der Fürst aufhielt, wo er seine Gäste empfing, möchte ich allein im Suradsch-Gokhra sehen. Alles in allem war das Raumbedürfnis einer solchen indischen fürstlichen Hofhaltung des Mittelalters sehr bescheiden. Das Haus im Hof 1 enthielt nur vier bewohnbare Räume von je 4 m im Geviert, die des Hauses in Hof 4 sind noch kleiner. Das größte Zimmer liegt auf der Westseite von Hof 2 und mißt nur 4 zu 7 m. Noch bescheidener sind die Raumverhältnisse der anderen Wohnhäuser oder „Paläste" auf Tschitorgarh. Das geringe Raumbedürfnis, das ich geradezu Raumangst nennen möchte, ist dem Inder anscheinend überhaupt eigen, der sich in einem Gemach erst behaglich zu fühlen scheint, wenn er es sozusagen ausfüllt. Platz für Möbel braucht er kaum, im Mittelalter wohl noch weniger als im Altertum. Schlafräume in neueren Palästen sind oft nur 1,70 m breit und 2,50 m lang, gerade so groß, daß man das Bett, die Tscharpai, darin aufstellen kann. Zum Abstellen und Ablegen von Gegenständen des Gebrauchs, Gefäßen, Schmuck, Kleidern und dergleichen, dienen die Wandnischen, die Taktschas, wie sie in Persien heißen, die auch in allen besseren Zimmern der Paläste auf Tschitorgarh sich zu mehreren in die Wände eintiefen. Sie sind in Indien wohl erst durch die muslimischen Perser und Zentralasiaten bekannt geworden, da sie sich in den altindischen Wiharas ebensowenig finden wie im Palast zu Tschilla, wenigstens nicht als Ersatz für Schränke. Die Türöffnungen zwischen den Zimmern und nach den Höfen und Hallen hatten keine Türflügel, ebensowenig hatten die Fenster außer den steinernen Gittern einen Verschluß — durch Läden etwa. Spuren von Verschlußvorrichtungen konnte ich jedenfalls nicht feststellen. Zimmertüren mit Flügeln sind auch im heutigen Wohnbau in Indien Ausnahmen, ebenso Fensterläden. Die Luftbewegung im Hause soll eben möglichst nicht gehemmt werden. Bei allen Wohnräumen legt man Wert darauf, daß der Insasse Gelegenheit hat, mit der Außenluft leicht in Verbindung zu kommen. Deshalb haben die Zimmer von Kumbha Ranas Palast nicht nur Fenster, sondern fast alle auch die heraus-gebauten Dschharokhas, in denen man schattig und luftig sitzen kann.

Flachgedeckte quadratische oder langrechteckige Räume überwiegen, und zwar hatten sie allermeist Holzbalkendecken. Reste einer solchen, und zwar die von Ecksäulen getragenen Ortbalken, sieht man auf Tafel 7 oben. Man vermied es anscheinend, die Hölzer in das Mauerwerk einbinden zu lassen. In anderen Räumen, wie im Erdgeschoß des Kernbaues von Hof 4, tragen Steinbalken die Decken, und zwar liegen sie wieder auf steinernen, von Pfeilern gestützten Ortbalken auf. Oberhaupt ist gerade dieser Teil von Kumbha Ranas Palast wie andere kleinere Bauten auf Tschitorgarh sehr geeignet, das Wesen des Pfostenhauses klarzulegen. Die Bruchsteinmauern. sodick sie sind, kommen erst in zweiter Linie. Zuerst stand, das ist deutlich erkennbar,