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0070 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 70 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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einer Laterne erhoben habe 1), sei man zu einem schönen „stone Jounter" — er meint Tschabutra — Plattform — hinaufgestiegen, auf dem über dem Ravifluß das „Devoncan" (Diwan Chane) gestanden habe mit zwei oder drei Nebenräumen. Das paßt auf das Bari Chwabgah. Hier habe der Sultan sich allabendlich von acht bis elf Uhr aufgehalten. Finch beschreibt die Wandgemälde, die den thronenden Dschehangir im Kreise seiner Söhne und der (ìroßen des Reiches darstellten. Auch Bilder Christi und der Jungfrau Maria befanden sich darin.

Dschehangirs Senana, in dem über zweihundert Frauen wohnen konnten — die bevorzugten in sechzehn Einzelhäusern mit je einer Halle, einem gepflasterten Hof und einem Wasserbecken — erstreckte sich nach Finchs Beschreibung westlich von diesem Hof. Davor lagen am Ende einer Galerie, von der aus der Sultan den unten am Raviufer stattfindenden Elefantenkämpfen •und Tierhetzen zuzusehen pflegte, seine Wohngemächer. Demzufolge kann Finchs Devoncan kein Chwabgah gewesen sein, denn darunter sind die Wohnräume des Kaisers zu verstehen, die normalerweise zwischen dem Diwan-i-Chas und dem Senana liegen. Das Delhier Chwabgah ist das dort mit Chas Mahal bezeichnete Gebäude, während es in Agra im Musamman Burdsch zu suchen ist.

Schah Dschehan hat seines Vaters Wohnpalast und Senana vollständig niedergelegt und den ganzen Nordwestteil der Burg neu bebaut. Darüber berichtet die Inschrift, die sich über dem Hathi Pol, dem Elefantentor befindet, dem Zugang, der nördlich vom Akbartor für diesen von ihm und seinem Harem bewohnten Teil geschaffen wurde. Nach ihr befahl Schah Dschehan die Erbauung des Schah Burdsch, des „Königlichen Turmes", der „wegen seiner ungeheuren Höhe gleich dem göttlichen Thron ist über alle Vorstellung. In solcher Reinheit, Höhe, Schönheit und Luftigkeit hat es nie einen Turm des Himmelsschlosses gegeben noch wird es je einen geben." Als Erbauer, d. h. als der Beamte, der die Bauausführung überwachte, nicht als Architekt, nennt sich Abd el-Kerim. Das Erbauungsjahr ist 1041 H — 1631 n. Chr. Damals muß auch die Burgmauer an der Nordwestecke ihre jetzige Gestalt erhalten haben und damals entstanden die sie dort im Westen und Norden in voller Höhe deckenden Fliesenmosaiken mit Darstellungen von Tierkämpfen, Sport- und Hofszenen, die in ihrer Eigenart und Pracht, aber auch in ihrem Umfang einzig dastehen 2). Nur das Ischtartor in Babylon kann sich als ein mit farbigem Schmelzwerk auf Ton geschmückten Festungsbau der Burgmauer in Lahor an die Seite stellen.

Der mit Schah Burdsch — Königlicher Turm — bezeichnete Teil des Palastes ist identisch mit dem Musamman Burdsch oder Achteckigen Turm, wie er erst seit der Sikhherrschaft genannt wird. Darüber kann nach Vogel kein Zweifel bestehen, da die im Badschah Nameh des Abd el-Hamid vom Schah Burdsch gegebene Beschreibung genau auf den „Achteckturm" zutrifft. Abd el-Hamid erwähnt auch den Schmuck des Hauptbaues mit Spiegelmosaik, um dessentwillen er heute Schisch Mahal — Spiegelpalast — heißt. Man erreichte den Wohnpalast Schah Dschehans vom Hathi Pol aus über einen tiefliegenden Hof 1, von dem aus eine stattliche Treppe zur Höhe der Burg hinaufführte. Aus der Nordwestecke des Hofes 2, auf den sie ausmündete, bestand eine Verbindung nach dem

') Und zwar als Hoheitszeichen, wie aus einer späteren Stelle hervorgeht.

2) S. die umfassende, mit schönen farbigen Tafeln ausgestattete Veröffentlichung von Vogel, a. a. O. Nr. 113 bis 118, die aper leider keine Gesamtaufnahme der geschmückten Wände gibt.

Hof des Schisch Mahal (4). Heute ist dieser Zuweg unterbunden, wie überhaupt alle alten Tore durch die Engländer vermauert worden sind. Man gelangt durch eine Poterne und eine anschließende Rampe in der Nähe des Moti Masdschid in den Palast und von hier an Baracken vorbei zum Musamman Burdsch, der abgesehen von der Moschee allein noch unversehrt steht, d. h. so, wie die Sikhradschas ihn hinterlassen haben.

An dem 40 m im Quadrat messenden gepflasterten Hof mit einem erhöhten runden, quadratisch gefaßten Wasserbecken inmitten steht im Süden ein niederer Trakt von geringer Tiefe, ihm gegenüber der Marmorbau des Schisch Mahal, dessen Grundriß um eine große mittlere Fronthalle geschickt in den halbachteckigen Umriß des Burdsch, der Bastion, nach der die ganze Anlage den Namen führt, eingepaßt ist. Seine Front (Tafel 75 oben) öffnet sich als fünijochige Zackenbogenarkade über gekuppelten Zwölfkantsäulen mit Mukarnaskapitellen, beiderseits gefaßt von zweigeschossigen Hallen, die sich, den Hof umfassend, mit kurzen einstöckigen Hallenarmen fortsetzen. Die Dachaufbauten, die den Eindruck der Front außerordentlich schädigen, aber bezeichnenderweise den Schisch Mahal zum Stufenhaus machen, stammen aus den Tagen der Sikhherrschaft. Aber auch, wenn man sie sich wegdenkt, würde dem Schisch Mahal bei weitem nicht die Ausgeglichenheit der Verhältnisse, der wundervoll anmutige Fluß der Linien eigen sein, die Schah Dschehans Bauten in Agra und Delhi auszeichnen. Es scheint ein Anfängerwerk vielleicht desselben Meisters zu sein, der sich hier noch unsicher zeigt. Man sehe daraufhin die Linienführung der Zackenbogen an, das ungeklärte Verhältnis der zweigeschossigen Seitenteile mit ihren geradlinigen Architraven über den zu kurzen Säulen zur Mittelhalle. Unglücklich wirken vor allem die breiten Pfeiler zu deren Seiten und ungeschickt ist auch der Anschluß der Flügel an den Hauptbau. Daß die Architektur stilistisch auf einer früheren Stufe steht als die der Bauten in Delhi und Agra, zeigen Einzelheiten, z. B. das kleine Sattelholz, das auf dem vorderen Arm des Konsolkreuzes aufgelegt die Piette des Vordaches trägt (s. Tafel 75 unten). In dieser ganz holzmäßigen Art ist dieses Glied in anderer Form für Akbars Bauten kennzeichnend. Es behauptet im Holzbau, aus dem es stammt, auch späterhin sein Recht, z. B. in Gudscherat (s. Tafel 147 rechts oben), kommt aber an den jüngeren Bauten Schah Dschehans nicht mehr vor, abgesehen von den kleinen Gartenhäusern, den Baradaris, die sich der Kaiser am Ana Saugar in Adschmir im Jahre 1637 errichten ließ und die in ihrer Formgebung überhaupt noch viel von der zu Akbars Zeiten in der höfischen Baukunst sich stark bemerkbar machenden altradschputischen Art besitzen (s. Tafel 59).

I)er Schisch Mahal fuhrt wie das Bad im Senana des Agraer Schlosses und manche andere Bauten der späteren Mogulzeit seinen Namen nach dem Spiegelmosaik, das den oberen Teil der Wände und die Decken sowohl der Tibari wie der übrigen Räume bedeckt, und zwar Tiber dem marmornen, mit einfachen Streifen in Einlegearbeit aus Halbedelsteinen gerahmten Sockeln und einer mit Fruchten, Blumen in Vasen auf grünem oder rotem Grunde bemalten Nischenzone (Tafe176 und77). DiinneStiickchen konvex gebogenen Glases, farblos oder gelblichbraun, rot, blau und flaschengrün getönt und mit Spiegelfolie hinterlegt, sind im Stuckgrund zu geometrischen Mustern, Vasenornamenten, Rosetten und Arabesken zusammengesetzt, und zwar so, daß die Feinmusterung durch den zwischen den Fugen vorquellenden und entsprechend geschnittenem Gips erzielt wird. Wände und Decken unterscheiden sich. Während