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0039 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 39 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Mahapadma, den Lotuskelch und darüber den breiten gerippten Knauf des Amalasara tragen, aus dem man sich den bekrönenden Kalasa, die vasenförmige Spitze herauswachsend denken muß.

Die erwähnten Schmuckformen, Rosetten, Zinnenbänder und anderes, ebenfalls größtenteils in Stuck geschnitten, kehren auch in den Innenräumen wieder. Das obere Bild auf Tafel 7 gibt davon einen guten Eindruck. Ein Sims mit hängenden Palmetten läuft unter den symmetrisch in die Wände geschnittenen Fenstern her, die von Sohlbankgesimsen mit Kragsteinen, Säulchen und den auch in der Tempelarchitektur stets wiederkehrenden gestuften Verdachungen gerahmt werden. Genau so, also in der Art einer Aedicula, sind die als Wandschränke dienenden Nischen gerahmt. Die Kuppeltrommel zeigt zwischen dem unteren, an einen Eierstab erinnernden Gesims und dem oberen Zinnenkranz eine Zone von Rosetten und versenkten Kielbogennischen in Rechteckralimen, eine der wenigen bescheidenen Anleihen, die der Architekt bei der persisch-islamischen Formenwelt gemacht hat. Von der farbigen Behandlung der Innenwände und Decke ist nicht mehr viel zu sehen. Der glänzend geriebene, fast polierte Putz war im ganzen hellocker- farbig. In einigen Räumen sind indisch-rote glatte Sockelstreifen erhalten. Fenstersimse und Säulchen bestehen aus rotem Sandstein oder grauem Kalkstein. Die Zinnen des Kangara im Kuppelraum auf Tafel 7 sind rot und weiß im Wechsel. In den nicht gewölbten Räumen hat man sich die jetzt eingestürzten Balkendecken ohne Zweifel farbig zu denken. Alles in allem waren die Innenräume einfach gehalten, ohne jeden Schwulst, der so häufig als Kennzeichen indischer Architektur gilt.

Weit großartiger in der Anlage, prunkvoller und üppiger in der Gestaltung und Ausführung sind die Paläste, die sich die Fürsten aus dem Geschlecht der Tomar auf der Burg zu Gwalior erbauten, vor allen anderen das Schloß des vorletzten und bedeutendsten Herrschers dieser Dynastie, des Maharadscha Man Singh (1486 bis 1518) (Tafel 9 bis 21).

Gwalior, „die Perle in dem Halsschmuck der Burgen von Hind", wie sie der Tadsch el Ma'atir preist, krönt wie Tschitorgarh einen langen schmalen Sandsteintafelberg, der sich mit schroffen klippigen Flanken an hundert Meter hoch aus der umgebenden Niederung emporhebt (Tafel 9 oben). Die Burg, eine der ältesten und berühmtesten Hindustans, hat oft ihre Besitzer gewechselt. Ursprünglich den Katschhwaha-Radschputen gehörig, wurde sie 1232 von Sultan Iltutmisch erobert und blieb über ein Jahrhundert im Besitz der Kaiser von Delhi, die sie als Staatsgefängnis benutzten, bis sie 1375 in die Hände des Tomar Bir Singh Deo fiel. Die Tomar besaßen sie nicht unbestritten bis 1518. Seit 1526 war die Burg Eigentum der Kaiser aus Timurs Geschlecht, der „Großmoguln", die sie gelegentlich verloren und 1761 an die Dschats von Gohad abgeben mußten. 1784 eroberte sie der Mahratte Mahadadschi Sindhia, der Gründer der heutigen Dynastie von Gwalior. Verschiedentlich trug die Festung englische Besatzungen. Die Palastbauten der Katschhwaha sind untergegangen. Aus ihrer Zeit stehen auf dem langen Felsrücken noch einige berühmte Tempel, und große Zisternen sollen auch von ihnen herrühren. Die Soldatenkaiser von Delhi haben keine Baudenkmäler hinterlassen. Was die Tomar im 15. und 16. und die Großmoguln im 17. Jahrhundert erbauten, steht größtenteils noch aufrecht. Trotz der häufigen Eroberungen ist Gwalior dem tragischen Geschick Tschitorgarhs entgangen.

Einen Überblick gibt die Kartenskizze auf Tafel 22 1). Die 21/2 km lange Felsplattform erstreckt sich nordsüdlich und verschmälert sich nach Norden zu einer hornartig umgekrümmten Spitze, die steil über der alten Stadt Gwalior aufragt. Südlich der Burg liegt die neue Mahrattenhauptstadt Laschkar, „das Lager", weil hier Sindhias Truppen bei der Belagerung ihr befestigtes Lager hatten. Von der Altstadt steigt der Aufweg längs der Ostflanke des Burgfelsens empor, wie fast alle indischen Burgwege durch sieben Tore abschnittsweise verrammelt. Am Fuß der Burg, dicht beim ersten, dem Alamgiri-Tor, liegt innerhalb des hier das Vorgelände umfassenden Mauerringes der Gudschari - Mahal, der Senanapalast Man Singhs. Alle übrigen Palastbauten drängen sich oben auf der Burg am Ostrand der Nordklippe zusammen. Südlich am Burgeingang steht der Man Mandir, der Palast Man Singhs. An ihn schließt sich nördlich der Palast von Man Singhs Sohn., Radscha Wikramaditja. Dann folgt nordwestlich, jetzt alleinstehend, ein kleinerer Bau, der Karan Mahal oder Kirti Mandir, und noch weiter nach Norden stehen auf einer heraustretenden Felsecke die Paläste der Großmoguln Dschehangir und Schah Dschehan 2). Pläne der Burgpaläste hat Cunningham 1871 veröffentlicht 3). Sie enthalten indessen manche Unrichtigkeiten und gehen auf Einzelheiten nicht ein. Da seither manches untergegangen ist und zum Teil militärischen Neubauten weichen mußte, außerdem durch seit 1881 ausgeführte Wiederherstellungsarbeiten der ursprüngliche Zustand vielfach verwischt ist, sind Cunning-hams Grundrisse immerhin noch wertvoll. Ich gebe in Abb. 30 a und b die Grundrisse und auf Tafel 10 einen Schnitt des Man Mandir nach einer 1909 und 1912 gemachten Aufnahme 4).

Man Si n g h s Palast, der wegen seines Schmuckes aus farbig glasierten, in den Sandstein eingelegten Fliesen auch Tschit Mandir, d. i. „Bunter Palast", genannt wird, bildet ein ungefähres Rechteck von etwa 50 zu 120 m, dessen östliche Langseite sich hart an den Klippenrand heranschiebt und hier als hohe, mit vier Rundtürmen besetzte geschlossene Wand über dem Burgweg aufsteigt. An der Südostecke schließt sich als Verlängerung der Front das Elefantentor (Hathija Paur), das sechste der Burgtore, mit zwei • weiteren von Tschhatris bekrönten Türmen an (Tafel 11). Der Aufweg biegt hier rechtwinklig um und führte früher als enge Gasse unter der ebenfalls betürmten Südfront des Schlosses zum siebenten, jetzt niedergelegten Tor, dem Hawa Paur oder Windtor. Wieder rechtwinklig umbiegend gewinnt man nach Norden ansteigend die Höhe der Palasthöfe und den Haupteingang des Man Mandir, einen jetzt ebenfalls abgetragenen Torbau 5), der in einen großen Hof hineinführte. Diesen umfassen dreiseitig Flügel, die aus dreijochigen Hallen, Tibaris, mit zwischengeschalteten Räumen bestehen, lauter Einzelwohnungen für ein zahlreiches Gefolge, jede mit -ihrer Treppe zur Dachplattform, die ohne Zweifel durch Quer-

  1. nach Baedeker, Indien 1914.

  2. Man sieht auf Taf. 9 oben: rechts den Palast Schah Dschehans, links die Ostfront des Schir Mandir oder Dschehangiri Mandir, auf die der Wikrama Mandir und schließlich die sechstürmige Front des Man Mandir folgen.

  3. Arch. Surv. Ind., II, 1871, Plan LXXXVII und LXXXVIII, s. auch die Beschreibung Cunnighams, S. 346 ff.

  4. Der Grundriß auf Taf. 9 ist auf Grund der unvollständigen Aufnahme von 1909 gezeichnet und in einzelnen Punkten fehlerhaft. Die Tafel war bereits gedruckt, als mir die zeitweilig abhanden gekommene Aufnahme von 1912 die Berichtigung ermöglichte.

  5. Auf meiném Grundriß, Abb. 30 a, nach Cunninghams Plan schraffiert ergänzt.

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