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0100 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 100 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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wiezeigen, sie diehabe aufich Tafel

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möchte — trotz der den Lichtbildern beigedruckten Unterschriften — bezweifeln, daß sie nach Ahmedabader Häusern gemacht sind. Die Art weist vielmehr auf das Pendschab. In unserer Zeit werden die Häuser wesentlich einfacher gehalten, entbehren aber doch nicht des Reizes, den eine gesunde Holzarchitektur stets ausübt (Tafel 148).

Dem regenreicheren Küstenklima entsprechend herrscht in Gudscherat das Ziegeldach vor. Flache Terrassendächer kommen zwar vor, doch ist das Hohlziegeldach die Regel. Daß es auch sonst in Indien zum mindesten seit dem Mittelalter heimisch ist, beweisen die als Hohlziegeldeckung gekennzeichneten Oberflächen der Tschhadschas z. B. in Ranod (Abb. 22). Bauernhäuser in der Umgebung von Delhi, Agra und Dschaipur sah ich ebenfalls mit Hohlziegeln gedeckt. In Ahmedabad hat das Dach etwa dieselbe Neigung wie unser Alpenhausdach, ist Sattel- oder Walmdach, zeigt aber nie einen Giebel nach der Straße oder dem Hof. Dachstuhl und Gespärre bestehen aus Holz, die die Deckung tragenden Latten oft aus Bambus. Häufig finden sich zierlich ausgeschnittene Traufbretter.

Wie alle indischen Häuser steht auch das gudscheratische auf einer mehrere Fuß hohen massiven Plattform, die es über die Umgebung erhebt. Sie ist in der Regel mit Haustein verkleidet, nur der obere Rand besteht aus einer Reihe größerer Blöcke, auf denen die steinernen Basen der Laubensäulen stehen. Vorgelagerte oder eingeschnittene Stufen führen zur Laube hinauf und zur Haustür (Tafel 148).

In ihrer Planbildung unterscheiden sich die Häuser der verschiedenen Städte. Aber auch in der gleichen Stadt, in Ahmedabad ebenfalls, sind die Häuser der Mohammedaner anders angelegt als die der brahminischen Hindus. Das auf Tafel 147 oben in Schnitt und Grundrissen gegebene Haus eines muslimischen Kaufmanns — Gulam Ali Latif — kann für seine Klasse als Norm gelten. Die übrigen Häuser, die ich zu sehen Gelegenheit hatte — ausschließlich Mohammedanerhäuser — unterschieden sich

von ihm nur unwesentlich. Das Grundstück ist wie die meisten außerordentlich schmal, verbreitert sich aber im

hinteren Teil. Von der Straße steigt man auf der kleinen

Treppe zur viersäuligen Laube hinauf, in der sich ein großer Teil des Lebens abspielt. Hier hocken am Morgen die

Männer und Knaben, putzen sich mit einem Zweigstückchen

die Zähne und unterhalten sich über die enge Straße hinüber mit den Nachbarn. Hier vor dem Hause arbeitet der

Handwerker, hält der Krämer seine Ware feil. Nament-

lich während der Regenzeit hält man sich gerne in der Straßenhalle auf. Die schweren, mit Metallbändern be-nagelten Flügel der Haustür öffnen sich auf den einen

Raum, der in der Regel den ganzen vorderen Teil des Hauses ausfüllt und sehr dem Atrium des altitalienischen Hauses ähnelt. Vier Säulen — in unserem Falle drei — umstehen einen kleinen viereckigen Hof — Tschok -

dessen tiefer liegender Fußboden aus gestampftem Tscleunam besteht oder mit Fliesen oder Steinplatten belegt

ist. Ein Abflußrohr sorgt für Ableitung von Regen- und Gebrauchswasser. Etwa benötigte Nebenräumè, wie

Abort und Bad (2 und 3) oder das kleine Treppenhaus, werden durch dünne Wände abgespalten. In der Regel geht

übrigens der vordere Teil dieses durch das Impluvium

erhellten Säulenraumes (1) ungeteilt durch die ganze Breite. Er heißt bei den Hindus Parsal, bei den Moham-

medanern Deodi. Zwischen Haustür und Hof steht frei im Raum eine drehbare Schranke — Perda — die den Einblick von der Straße hindert. Das ist nötig, auch wenn wie im Haus des G. A. Latif, die Frauen im Vorderhof,

der zum Mardana gehört, nichts zu suchen haben, weil dieser auch als Badeplatz dient. Dieses Atrium mit seinem Hof ist der meist benutzte Raum des Hauses. In die Wände tiefen sich Schränke und Nischen ein, in denen Gerät aller Art, Lampen, Standuhren, Bücher, Teegeschirr zur Bewirtung von Gästen, die Wasserpfeife — Huka aufgestellt sind. Ober den Nischen läuft oft ein Bordbrett hin, auf dem in Reihen die blinkenden Messinglotas — bei den Hindus — oder die verzinnten Kupfergeschirre — bei den Mohammedanern —, der Stolz des Hauses, stehen. An einer Seitenwand befindet sich der Wasserplatz, im Hause des G. A. Latif eine von Balustersäulen gefaßte Zackenbogennische, in der das große Trinkwassergefäß mit dem blank geputzten Schöpfer darüber steht. Der Nischengrund und die unigebende Wand sind meist gefliest, und zwar sieht man in älteren Häusern außer den hübschen farbigen Fliesen, die zumeist aus Sindh stammen, alte Delfter Kacheln, Erinnerungen an die Zeit, als die Holländer in Surat ihre Faktorei hatten. An den Deckenbalken der Halle hängen die für das gudscheratische Haus charakteristischen Schaukelbetten — Hindola — mit bunten Kissen belegt, auf denen man mit seinen Gästen sitzt, plaudert, Betel kaut und Wasserpfeife raucht. Um den Hof auch bei senkrechtem Sonnenstand unter Schatten halten zu können, legt man meist ein Eisengitter über die Öffnung, über das man Matten breiten kann. So ausgestattet ist das Atrium oft ein anheimelnder Raum, der dem Europäer wenigstens viel wohnlicher erscheint, als die vielsäuligen Hallen des Radschputenhauses.

Eine Tür führt nach hinten in ein großes, meist die ganze Breite des Hauses einnehmendes Zimmer, das von den Mohammedanern Diwan Chane genannt wird (6). Es ist der Hauptraum des Mardana. In seine Wände sind über dem meist braun gestrichenen Sockel die üblichen Nischen eingetieft, in der Mitte der Rückwand eine große, die neun kleine in drei Reihen umfaßt und Nauchane „Neunhaus" — genannt wird. Man stellt Schmuckgefäße oder hübsche farbige Fliesen darin auf. Teppiche bedecken den Boden. Zum Sitzen dienen wieder die an der Decke aufgehängten Hindolas, die der Wiener Rohrstuhl indessen mehr und mehr verdrängt.

Ist das Grundstück breiter, so liegt beiderseits des

Diwan Chane je ein schmales Zimmer, eins der Schreibraum des Hausherrn, das andere ein Vorratsraum oder auch ein Schlafgemach. lm Hause des G. A. Latif stoßt das Schlafzimmer des Hausherrn nach hinten an das Diwan Chane. Neben ihm liegt ein Durchgangsraum mit einem Verschlag für allerlei Vorräte. Er führt zum Hinterhof, an dem die Räume des Senana liegen, im. ErdgeschoB Küche und ein Schlafraum, der aber in der Regel die Getreidevorräte, gedörrte Gemüse und die Handmühlen enthält, zwischen beiden hinter einem liwanartigen Vorplatz, auf dem große irdene Wassergefäße stehen, Bad und Abort. Eine gemauerte Treppe steigt aus dem Hof über eine Kammer für Brennholz hinauf zum Obergeschoß des Senana, das nur teilweise hochgeführt ist.

Zum 1. Obergeschoß des Vorderhauses steigt zunächst

der Haustür eine Treppe empor, die in ein großes, nach der Straße hinaus gebautes Frontzimmer mündet. Es heißt ebenfalls Diwan Chane — bei den Hindus Medi — und dient zum Empfang von Besuchen, und zwar solcher, die dem Hausherrn ferner stehen. Als „gute Stube" ist es wie das untere Empfangszimmer mit Hindolas, Teppichen und Kissen ausgestattet, und die sonderbare Vorliebe, die viele Inder — wie übrigens auch Perser — für die Erzeugnisse der europäischen Beleuchtungsindustrie haben, zeigt sich namentlich in diesem Staatszimmer, von dessen Decke oft ein ganzes Dutzend Hängelampen und Kristall-

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