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0045 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 45 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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zu denen nach alter Sitte jeder Zutritt hatte, steht nicht in der Mittelachse des Hofes. Hinter dem Diwan-i-Am liegt ein 200 m langer und etwa 100 m breiter, ungefähr rechteckig begrenzter Bezirk, der in eine Anzahl größerer und kleinerer, zum Teil in verschiedenen Höhen liegender Höfe aufgeteilt ist. Durch einen schmalen Durchgang in der Nordweste.ke des Diwan-i-Am-Hofes gelangt man zum Vorhof der Diwan-i-Chas, des Saales für die privaten Audienzen, der sich als kleiner einstöckiger und einräumiger Bau frei auf einer etwas höher liegenden Plattform erhebt. Hinter ihm steht am Westrand des Hofes die Ankh Mitschauli, ein dreiräumiges Gebäude, das wahrscheinlich die Arbeitszimmer Akbars enthielt. Der mittlere Teil des Rechtecks wird von Wohnbauten für den Kaiser und seinen Senana besetzt. An den Hof der Diwani-Chas schließt sich südlich der etwas tiefer liegende Patschisi-Hof an, in den von Westen der fünfstöckige Hallenbau des Pandsch Mahal hinabsieht, während von Süden die sogenannte Mädchenschule, ein zweistöckiger., gestufter Hallenbau, hereintritt. Ein von dieser ausgehender Hallenarm scheidet den Patschisi-Hof — so genannt, weil Akbar auf einer als Schachbrett gemusterten Fläche der Überlieferung zufolge mit seinen Damen dem gleichnamigen Brettspiel obzuliegen pflegte, und zwar mit jungen Sklavinnen als Spielfiguren — vom Hof des Mahal-iChas. An dessen Südseite liegt das Chwabgah., der „Ort der Träume", mit den kaiserlichen Schlaf- und Wohnräumen, deren Hallenfront sich in einem quadratischen Wasserbecken spiegelt. Hallengänge verbinden oder verbanden — zum Teil als Brücken — das Chwabgah mit dem sogenannten Haus der Rumi Sultana, der türkischen Gemahlin Akbars, in der Nordostecke des Mahal-i-ChasHofes., weiter mit dem Pandsch Mahal, mit dem „Haus der Miriam" und dem sogenannten Palast der Dschodh Bai, der wahrscheinlich Akbars Hauptgemahlin Miriam esSamami, einer geborenen Radschputin, zur Wohnung diente, Der Kaiser konnte vom Chwabgah aus die Wohnungen seiner Frauen durch diese ursprünglich vergitterten Hallengänge ungesehen erreichen. Südlich des Mahal-i-Chas mit dem Chwabgah und diesem gegenüber steht das Defter Chane, das Archiv, in seinem besonderen Hof als südlicher Abschluß der ganzen Baugruppe.

Ein Streifen kleinerer Höfe mit dem erwähnten Haus der Miriam, angeblich einer christlichen Gemahlin Akbars, und dem Pandsch Mahal legt sich zwischen die beschriebene östliche Gruppe und eine westliche, deren Hauptbau der bereits genannte Palast der Dschodh Bai ist, ein geschlossenes, vierseitig von gleichwertigen Flügeln symmetrisch umstandenes Hofquadrat, wie gesagt, ursprünglich mit dem Chwabgah durch einen Brückengang verbunden. Nördlich von Dschodh Bais Mahal erstreckt sich ein kleiner Senanagarten, westlich liegen die Ställe, und vor diesen auf einem unregelmäßig rechtwinklig begrenzten Hof steht frei das kleine Haus des Radscha Birbal.

Die Außenwinkel der gestaffelten Anlage füllen Bäder., Wasserbecken und Reste nicht näher bestimmbarer Baulichkeiten aus. Ein Bad liegt auf dem dreieckigen Platz zwischen Münze und Diwan-i-Am, ein weiteres an dessen Südwestecke. Eine üppige Badeanlage enthalten auch die irrig als Wohnung des Leibarztes bezeichneten Flügel, die sich südöstlich an den Diwan-i-Am anschließen.

Den ganzen Palastbezirk umschloß ohne Zweifel eine Mauer oder sollte ihn umschließen. Die Torbauten des Nekare Chane und das durch eine Bastion gedeckte HathiTor, das den Zugang von Nordwesten vom Karawanserai her bildet, sind ohne eine solche Umwallung schwer zu er-

klären. Zudem ist eine Palastanlage aus lauter einzeln stehenden Bauten, die ohne Mauergürtel frei inmitten einer dicht bevölkerten Stadt steht, nicht nur im Orient ein Unding. An eine verteidigungsfähige Mauer braucht man deshalb nicht zu denken, aber ein Abschluß erscheint nötig, und die vom Diwan-i-Am abgehenden Flügel sind offenbar Reste des verschwundenen Mauerzugs. Auch von den aus kleinen Steinen aufgeführten Mauern der Höfe sind ja Teile völlig abgetragen und verschwunden.

Das Karawanserai lag wohl außerhalb der Palastmauer. Es ist ein großer quadratischer Bau der in Persien für die Unterkunftshäuser an den Karawanenstraßen üblichen Art mit einem Binnenhof. In der Verlängerung seiner Nordostflucht steht der Hiran Minar, ein seltsamer, mit steinernen Stacheln, die Elefantenzähne wiedergeben sollen wie ein Igel gespickter Rundturm, auf dem, wie es heißt, der Kaiser bei Tierhetzen zu sitzen pflegte. Das Gelände nördlich des Palastes bis zum See hinunter war demnach anscheinend unbebaut und mit Gärten bedeckt. Einen Überblick über die Palastbauten von einer Stelle nördlich des Hiran Minar gibt Tafel 29.

Südwestlich des Palastbezirkes steht das Dschum'a Masdschid., angeblich nach dem Muster einer Moschee in Mekka erbaut, in der Tat aber eine Weiterbildung des in den Bauten der Scharkidynastie von Dschonpur vorliegenden, aus der persischen Moschee-Medrese indianisierten Typus.

An der gesamten Anlage der Palaststadt von Fathpur Sikri fällt zunächst auf, daß die Bauten nicht in eine Hauptrichtung gestellt sind, sondern in zwei. Das hat seinen Grund darin, daß die Moschee in der Kibla, d. h. ziemlich genau ostwestlich stehen mußte und die Gebäude in ihrer Nähe in die gleiche Richtung zwang, während der sich von Südwest nach Nordost erstreckende Felsrücken eine andere Einstellung verlangte, zumal die Hauptzugangsstraße von Agra her in der gleichen Richtung verläuft. In dieser stehen das Nekare Chane, die Münze, das Schatzhaus und das Karawanserai, während die Palastbauten bis auf kurze Ansätze in die Kiblaachse, d. h. nordsüdlich und ostwestlich eingeschwenkt sind. Durch diese zwei Richtungen kommt ein Zwiespalt in das ganze Planbild, der sich wohl hätte beseitigen lassen. Man stelle sich vor, wie ein Barockarchitekt ihn zu versöhnen verstanden hätte. Dazu ist nicht der leiseste Versuch gemacht. Sieht man aber auch einmal davon ab und nimmt nur die Palastanlage heraus, so erscheint auch sie merkwürdig unregelmäßig, um nicht zu sagen zerrissen. Auch wenn man die zu einem großen Teil fehlenden Mauern ergänzt, die die Einzelhöfe begrenzten und untereinander verbanden, so ist von einer regelmäßig gebundenen Planung nicht die Rede. Einzelne Bauten und Baugruppen sind durch Achsen zusammengefaßt, so z. B. die Ankh Mitschauli, der Diwan-i-Chas und ein kleiner Hallenbau in dessen Vorhof, die mit dem Zugang aus dem Diwan-i-AmHof in einer Ostwestachse liegen. Eine strenge Achsenkomposition ist auch der Palast der Dschodh Bai. Aber im übrigen ist von derartigem nicht die Rede. Nicht einmal das Chwabgah steht in der Achse zu der vor ihm liegenden quadratischen Wasserfläche. Die Höfe sind seltsam neben- und ineinandergeschachtelt, überschneiden und durchdringen sich, so daß ihre Begrenzungen zwar geradlinig und rechtwinklig verlaufen, aber fast nie regelmäßige Rechtecke bilden. Es ist genau dasselbe System — oder dieselbe Systemlosigkeit —, die man bei Kumbha Ranas Palast in Tschitorgarh beobachten kann, dieselbe Art, Höfe herzustellen und an den sie umgrenzenden Wanden die Bauteile — große und kleine — hinzusetzen

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