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0052 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 52 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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\v ihrend über dein Kuppelrauin 1 des Torweges ein vollständiges kleines Haus mit Hallenhof und Zimmern aufgebaut ist (s. den Schnitt Tafel 44 und Tafel 48 unten). An verschiedenen Stellen tiefen sich Becken in die Dachplattform ein, in denen das Regenwasser gesammelt wurde. Auf der Ost- und Westseite begrenzt eine Schirmwand, durch die man im Westen auf die vor der Front hinlaufende Galerie treten konnte, das in verschiedenen Höhen liegende

Dach. Sie fehlt im Norden und Süden. Spuren deuten darauf hin, daß die Dachplattform in mehrere Höfe

aufgeteilt war. Über den Zimmern des Westtraktes liegt, wie auf dem Schnitt Tafel 44 ersichtlich ist, ein ganz niedriges Obergeschoß. Man sieht auch auf dein Schnitt, daß der um den Saal 3 herumgelegte Emporenumgang sich

Tiber dem Tschhadscha um den ganzen Hof A fortsetzt und sich wie eine romanische Zwerggalerie in einer Kielbogenarkade nach diesem öffnet.

Wie der Man Mandir in Gwalior hat auch der Rote Palast gewölbte Untergeschosse, die zum Teil im Sommer als Serdabs benutzt wurden. Auf Tafel 44 ist ein solcher Serdab unter dem Hof B geschnitten mit seinem Lichtschacht, der ihn vom Hof aus durch ein Steingitter erhellt, und dem nach der Dschamnafront hinaustretenden Dschharoka. Man sieht im Schnitt ein achteckiges Becken mit Sitzstufen, ein kühles Bad für die heiße Jahreszeit. Die übrigen Kellerräume, die sich unter dem Palast hinziehen, waren mir nicht zugänglich und sind im Schnitt nicht dargestellt.

Spätere Umbauten haben Teile des Palastes verändert. So wurde die Nordwestecke durch Schah Dschehan teilweise niedergelegt, um Platz für seinen Neubau zu gewinnen. Die im Grundriß auf Tafel 42 schraffiert gezeichneten Teile, so die Räume 48, 49 und 50 und der Achteckraum 51 gehören zu Schah Dschehans Palast. Auch das, wie 51 auf alter Grundlage aufgeführte Oktogon 52 gehört nebst den anschließenden unbedeutenden Bauteilen einer späteren Zeit an.

In der ganzen Anlage besteht eine unverkennbare Verwandtschaft mit dem Wohnbau des Man Mandir in Gwalior. Die Höfe A und B entsprechen den ebenso benannten in dessen Grundriß (Abb. 30a) sicher auch in ihrem Zweck und man wird nicht fehlgehen, wenn man die Räume um A als die zum Eigengebrauch des Sultans bestimmten in Anspruch nimmt, die aber auch seinen Vertrauten zugänglich waren. Der Saal 5 mit seinen Wandnischen gilt, wie gesagt, als Bibliothek des kaiserlichen Philosophen und Religionsstifters. In den Räumen um Hof B und denen der Nebenhöfe F und H, vielleicht auch E, möchte ich das Senana sehen. C mag dem „Küchenhof" in Gwalior entsprechen. Den dort vorhandenen Kavalierbau darf man vielleicht in dem siidlich an den Roten Palast anstoßenden, jetzt zerstörten Bauteil erkennen, dessen Westfront auf Tafel 45 sich als Fortsetzung der Palast-

fassade gibt.

Was den Roten Palast gegenüber dem Man Mandir unterscheidet, ist einmal das durchgeführte Achsenprinzip, das er mit Dschodh Bais Palast in Fathpur Sikri gemein hat. Der Architekt hat seinen Bau auf eine durchgehende Ostwestachse gestellt. Der Portalbau, die Höfe A und B nebst den ihnen zugewendeten Fronten und anschließenden Raumgruppen sind symmetrisch zu dieser Achse gelegt. Querachsen gehen durch die Räume 3, 4 und 28 in Hof A und wieder durch 15 und 16 in Hof B. Nur die Nebenhöfe C, F, D, E, H und G sind dieser Symmetrie nicht unterworfen, wenigstens nicht hinsichtlich ihrer Gestalt und Größe. Ein weiterer Unterschied besteht in der Verbindung der Räume. Die Türen sind grundsätzlich in

durchgehende Fluchten gelegt, es gibt richtige „Enfiladen", so z. B. bei den Zimmern 5, 6, 7, 8 und 9, den Raum-

gruppen 15, 16, 17 und 20, 21, 22, 26, 27, 29. Daß die Ein-

gangachse nicht durchgelegt ist und man nicht durch die Haustür geradenwegs in den Hof gehen kann, ist ein Zu-

geständnis, das der entwerfende Architekt wie beim

Palast der Dschodh Bai allgemein orientalischer Gepflogenheit im Wohnbau machen mußte. Weiter ist bei der An-

einanderschaltung der Räume Wert darauf gelegt, daß man beim Durchschreiten eine gesetzmäßige Steigerung und Abschwächung des Raumeindrucks empfinde, daß sich die Räume an den Hauptstellen nach den Seiten und nach oben weiten und dann wieder zusammenziehen. Alles das sind Dinge, die dem Meister von Gwalior fremd sind, die weder er noch sein Bauherr für notwendig und erstrebenswert hielten. Es ist, wie gesagt, das Ideal der persischen gesetzmäßigen Planbildung und Raumverknüpfung, was sich hier geltend macht, und zwar wesentlich stärker als beim Palast der Dschodh Bai.

Abgesehen von diesen grundlegenden Plangedanken findet sich aber auch sonst noch manches Persisch-islamische im Dschehangiri Mahal, mehr vielleicht als in irgendeinem der untergegangenen Paläste älterer islamischer Fürsten Indiens. Die beiden den Hof B im Norden und Süden umfassenden Flügel sind Raumverbindungen rein persischer Art, ebenso der ganze die beiden Höfe A und B trennende Flügel, den man so, wie er ist, herauslösen und in Bauweise und Formgebung entsprechend verändert in einen Sefewidenbau setzen könnte. Die mit Kielbogenhalbkuppeln oder Tonnen überwölbten großen Nischen, die Liwane, sind insbesondere eine persisch-islamische Raumform. Die Räume 7, 9 und 5 finden sich als Ka'a im heutigen syrischen Haus, ebenso der Eingangsraum 1 mit den nach drei Seiten gehenden, zum Teil erhöhten Liwanen. Die Haupträume des Schlosses, die Hallen 3 und 4, sind aber, wie gesagt, rein indisch. Die Deckenbildung von 3 mit den Streben, deren Seitenflächen nicht Drachen 1), sondern aus Makararachen aufsteigende geschuppte Wellenbänder zeigen, entspricht der im Mittelraum der Ankh Mitschauli in Fathpur Sikri, die des Südraumes denen in deren Seitenräumen oder der des dortigen Diwan-i-Chas. Wie diese letztere über quadratischem Grundriß ausgeführt, also der Form nach ein Klostergewölbe mit eben abgeschnittenem Scheitel, ist die Decke des Serdabraumes unter dem Hof B der Nachfahre des vierseitigen gekurvten Zeltdaches, wie es Draupadis Rath deckt 2). In viel großartigerem Maßstab ist diese I)ecke über einer Baradari, d. i. einem freistehenden quadratischen Bau mit zwölf Türen, im Wikrama Mandir in Gwalior mit nahezu 11 m Spannweite ausgeführt worden. Auch dort handelt es sich nicht um ein Gewölbe, sondern um ein in Stein nachgebildetes Holzdach, das, von Mörtelmasse überdeckt und zur Plattform abgeglichen, sozusagen das stehengebliebene Lehrgerüst des Gußgewölbes bildet. Die Konstruktionsmethoden auch der gewölbeähnlichen Decken sind im Roten Palast also allergrößten-teils nicht persisch, und auch in der Formensprache überwiegt das Indisch-radschputische und macht sich die persischen Formen dienstbar. Die prachtvollen vierkantigen Doppelpfeiler vor den Hallen 3 und 4 mit den von Sätteln getragenen Balken und dem von seltsamen Konsolen gestützten Tschhadscha bestimmen vollständig den Eindruck des Hofes A (Tafel 47) und des reizenden kleinen Höfchens über dem Portal (Tafel 48), und es verschlägt wenig, daß die Wandnischen und die den Hof oben

') Carlleyle, Arch. Surv. Ind. iv S. 126. 2) S. oben Abb. 16.