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0111 Am Tor von Asien : vol.1
アジアへの扉にて : vol.1
Am Tor von Asien : vol.1 / 111 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000243
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weit öffnend, mit perlenbenähtem Saum. Dieser schwer wie Leder fallende Umhang hat ein Sternenmuster. Tafel LXV o. I. Im Hymnus der Anähit heißt es : „und oben band die jungfräuliche, hilfreiche Ardvi einen Schleier fest, mit hundert Sternen besetzt, einen goldenen, achtfaltigen, anmutigen, wallenden, prächtigen, durchwobenen, kunstvollen". Auf dem Umhang der einen Göttin der Säulenkapitelle wiederholt sich ein Sternenmuster in etwas andrer Form, Tafel LXV o. r.; so dürfte gerade dies Muster mit Bedeutung gewählt sein.

Gewandmuster und Juwelendarstellung nehmen in dieser Kunst einen so breiten Platz ein, daß der Faltenwurf griechischen Ursprungs, die letzte Erinnerung bildnerischen Gestaltens, mit seiner Betonung und Belebung der Körper, der Bewegung, der Handlung noch behinderter, noch verdrängter, noch mehr zu leerem Linienkram erstarrt ist, als schon in der mittleren Spanne der sasanidischen Kunst. Auch diese Stilmerkmale bewähren sich sofort bei der Betrachtung andrer Werke, wie Silberarbeiten, die ihnen ebenso unterliegen und damit auch ohne sonstige

lr      Mittel als spätsasanidisch bestimmt werden. Scheinbar widerspricht dem Anähit's griechisches,
faltenwerfendes Gewand. Doch war auch auf dem Denkmal Ardashir's II. die Tracht der Götter

tt      anders als die des Königs; und auch Anähit trägt nicht das persische Frauengewand der Zeit,
das auf den Seitenbildern der Grotte vielfach abgebildet ist, vielmehr das alte, durch die Über-

I .      lieferung der Götterbilder geheiligte Gewand. Es ist also ein Stück Altertum in der Kunst der
letzten Zeit. Und erstarrt ist auch diese Gestalt; man fühlt das Urbild kaum mehr heraus. Der Faltenwurf ist nicht Stil, sondern Nachahmung alten, unveränderlichen Vorbilds.

Alle drei Gestalten sind wie das Reiterbild fast ganz vom Hintergrund gelöst, fast vollplastisch: Die Sockel, auf denen sie stehen, die seitlichen mit einem Wellenmuster, der mittlere mit Edelsteinen besetzt, erhöhen noch den Eindruck von Rundbildern. Ihr Gewicht lastet sehr schwer auf dem Reiter, den Gesamteindruck beeinträchtigend Tafel X LII. Bei näherm Hinsehn offen-

It      baren sich tiefe Stilunterschiede. Die Handlung ist genau wie beim Belehnungsbild Ardashir's II.
entworfen, nicht wie sie der Zuschauer sehen würde, sondern von innen heraus gedacht: der

f   König sieht rechts und links vor sich die beiden Götter, die ihm den Ring reichen. Was der

König sieht, ist beiderseits von ihm in die Bildebene ausgebreitet, entfaltet. Bei Ardashir ver

mittelte die Drehung der Köpfe, das Dreiviertel-Profil den geistigen Zusammenhang der drei

Gestalten. Hier hat zwar Ohormizd auch eine leise Drehung dem König entgegen; dieser aber

'      und Anähit blicken wie gänzlich unbeteiligte Personen einfach geradeaus. Das Unlebendige der
Gestalten wird noch durch ihre Sockel verstärkt; man glaubt Bilder von Statuen, nicht von Lebenden vor sich zu haben. Wiederum ist alles Malerei : trotz der hohen Plastik steckt nicht

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ein Hauch bildnerischen Geistes darin. Räumlich empfangen wären die Gestalten nicht so „aus- einandergeklappt"; eine geringe, im Raum natürliche und durch nichts gehinderte Drehung würde sofort um die Gestalten ein geistiges Band schlingen. Nichts davon ist da. Alles ist malerisch in der Bildfläche gedacht. Daher strecken Anähit und Khosrö ihren rechten Arm in räumlich unausführbarer Spannung über die Brust hinweg; bei Ohormizd kommt es nur weniger zur Geltung, weil der rechte Arm der innere ist. Das ist schlechterdings Projektion räumlicher Bewegung in die Bildebene, ist also auch bei noch höherer Plastik reine Malerei. Wenn der un-bildnerisch malerische Charakter des Ardashir-Denkmals noch übertroffen werden konnte, so hat sich's hier ereignet. Diese Plastik ist überhaupt keine Plastik mehr, ist Pseudoplastik,