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0064 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 64 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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mustern gehen in Italien wie in Byzanz die ungerahmt aneinander gereihten Tierbilder ein: her. So häufig wie die ersteren sind sie jedoch nicht; das Hauptstück der Gattung bleibt der rote Goldbrokat mit Löwen, die so angeordnet sind, daß man gleichzeitig adossierte und gegenständige Paare sehen kann (Tafel 82 = Abb. 269). Der Stoff stammt aus dem Halberstädter Dom und ist auf mehrere Museen verteilt worden.') Die Behauptung Bocks, daß Bischof Konrad von Halberstadt das Gewebe als Beutestück vom Fall Konstantinopels 1204 heimgebracht habe, ist eine haltlose Vermutung. Schon die rein italienische Darstellung der kleinen Drachen oder Basilisken unter den Vorderfüßen der Löwen2) schließt die Mög, lichkeit griechischer Entstehung aus. Eher könnte man ein verschlissenes Fragment aus der Kapelle Sancta Sanctorum im vatikanischen Museum (Abb. 270) mit ähnlichen Löwen in Kreisen noch als spätbyzantinische Arbeit des 13. Jahrhunderts ansehen. Auch Regens; burg kommt entgegen der Vermutung J. Lessings für die Halberstädter Löwen nicht in Frage. Die regensburger Stoffe (vgl. Tafel 100-102) sind zwar stilistisch verwandt, weil sie eben auf solchen italienischen Vorbildern beruhen; aber es sind schwere Halbseiden: gewebe auf dicker Leinenkette. Von dieser kennzeichnenden regensburger Textur ist hier nichts zu merken; das Halberstädter Stück ist vielmehr ein dünner, ziemlich lockerer Ganz; seidenstoff (abgesehen natürlich vom Leinenkern der Darmgoldfäden), der in der Bindung mit zahlreichen romanischen Geweben rein italienischen Stils genau übereinstimmt. Wollte man eine nähere Ortsbestimmung versuchen, so hätte Venedig wegen seines Handelsver, kehrs mit Regensburg3) und Byzanz die Wahrscheinlichkeit für sich.

Die italienischen Stoffe sarazenischer Stilrichtung.

Für die auf Tafel 83 a, b, c, vereinigten Rautenmuster sind byzantinische Vorbilder nicht bekannt.a) Von spanisch,sarazenischer Herkunft dagegen sind im S. Kens. Museum zwei Tierstoffe mit Rautennetz und Scheiben auf den Kreuzungen vorhanden (Tafel 83b und Abb. 203), von denen einer arabische Inschriften aufweist. Obschon die italienischen Weber der Stoffe Tafel 83a und 83c (Abb. 271) die Einzelheiten vergröbert haben, bleibt der Zusammenhang mit den genannten spanischen Stücken doch offenkundig. Die italienische Arbeit verrät namentlich das Lüneburger Stück (Abb. 271) durch die derbe gedrungene Zeichnung der Doppeladler, Pfauenpaare und kleinen Drachen. Die Berliner Stoffsamm lung besitzt mehrere Spielarten dieser weitverbreiteten Gattung, deren Beliebtheit auch in zahlreichen Regensburger Nachahmungen zum Ausdruck kommt.')

Für die Seidenmuster Abb. 272 und 273 (Tafel 84 b)6) läßt schon das polygonale Rahmen, werk aus Kreuz: und Sternfeldern ein islamisches Vorbild voraussetzen, weil dieselbe geo, metrische Flächenteilung bei den persischen Wandfliesen des 13. und 14. Jahrhunderts gang und gäbe war. Obwohl nun sarazenische Tierstoffe dieses Schemas nicht erhalten sind, wird die muslimische Abstammung unserer Seidenmuster doch bestätigt durch die adossierten Löwen der Abb. 272, die augenscheinlich auf spanische Gewebe von der Art der Abb. 203 zurückgehen. Damit ist für das Gewebe Abb. 272 auch die Datierung auf das 13. Jahrhundert

') Berlin; München; Wien Dreger T. 57; Nürnberg Gewebekatalog nr. 370; und Cluny.

  1. Man vergleiche damit den italienischen Stoff im Katalog Errera nr. 14a.

  2. Heyd Levantehandel II, S. 718, 720.

') Die aus Bocks Reichskleinodien in die Beschreibung unserer Tafel 83 übergegangene Annahme, daß ein solcher Rautenstoff an der Bamberger Dalmatik in München vorhanden war, ist irrtümlich und be% ruht auf einer Verwechslung.

5) Ein zugehöriges Stück Katalog Errera S. 29, nr. 13a.

G) Die farbige Aufnahme Tafel 84 b beruht auf einer mißglückten Ergänzung, die den Adlern zu drei Flügeln verholfen hat. Das richtige Muster, bei dem die heraldischen Lilien, ein von den italienischen Musters zeichnern des 13. Jahrhunderts bevorzugtes Motiv, in den senkrechten Verbindungen der Kreuzfelder zu bes achten sind, gibt die nach einem vollständigen Stück der Sammlung Roden in Frankfurt a. M. aufgenommene Abbildung 273.

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