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0148 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 148 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Herkunft steht fest; denn die Gattung beginnt mit Stücken, die neben spanisch maurischen Ornamenten noch arabische Schrift aufweisen und selbst nach dem Sieg des italienischen Einflusses bleiben in den Granatapfelmustern noch Arabeskenelemente erhalten.

Der Formenschatz ist, obwohl er sich fast nur aus Arabesken und geometrischen Mo: tiven zusammensetzt, ungemein mannigfaltig; die Berliner Stoffsammlung besitzt einschließt lich der Granatmotive etwa 50 verschiedene Muster, die zumeist aus Danzig stammen, und auch im S. Kens. Museum ist die Gattung gut vertreten. Beispiele der islamischen Richtung sind ein blaugelber Stoff mit kufischer Schrift in Lotusblüten, von einem Rankennetz sinot persischer Abkunft umzogen (Abb. 379, Berlin und Düsseldorf), und ein Streifenstoff mit arabischer Inschrift in grün und gelb (Abb. 380, Berlin und Danzig). Auf dem blauweißen Stoff Abbildung 381 beginnt die Umbildung der Lotusmotive in abendländischem Sinn; von der arabischen Schrift bleiben nur ornamentale Reste übrig. Das Rankenwerk folgt bald chinesischen oder persischen Vorbildern (Tafel 131 b), bald verwendet es die in Spanien heimischen Arabeskenformen, wie Tafel 132 a.') In dem Muster auf Tafel 133 b (oben) sind die chinesischen und maurischen Elemente (wie auf Abb. 381) mit einander vereinigt; die gestreckten Arabeskenblätter umschließen zu Kielbogen. verbunden nach aufwärts und ab: wärts gerichtete Lotusblüten. Das darunter abgebildete Stück Tafel 133a gibt eine ähnliche Anordnung in gotisierende Formen übertragen. Sehr häufig bilden je vier große Arabesken: blätter in der Linienführung eines Spitzovalnetzes runde oder zugespitzte Felder, die rosettent artige Bildungen gleich den Gewändern von Lerida und Eichstätt (vgl. Tafel 124 b) oder Rauten mit abgetrepptem Rand und geometrischen Füllungen enthalten. Davon sind zwei Beispiele auf Tafel 134a b dargestellt; wie die Renaissance im 16. Jahrhundert denselben Typus in reicherer Textur fortführt und durch scharfen Kontrast zwischen Grund und Muster ihrem Streben nach Klarheit dient, ist an Tafel 135 zu sehen. Auch mit schlichten Rautennetzen werden die geometrischen Motive nicht selten verbunden (Abb. 382). Die von Italien eindringenden Formen wußten die spanischen Weber zunächst mit großer Freiheit und Selbständigkeit zu verarbeiten (Abb. 383), bis sie den spätgotischen Granatapfelmustern unterlagen. Diese scheinen gegen Ausgang des 15. Jahrhunderts auch in Spanien der vor; herrschende Typus gewesen zu sein ; wenigstens läßt die Menge solcher Gewänder in Danzig darauf schließen.2) Die besseren Gewebe sind dreifarbig, rot, grün, weiß mit Gold, wie Tafel 136; die leichteren und geringeren bleiben bei der üblichen Zweifarbigkeit, weißes, gelbes oder blaues Muster auf rotem, blauem oder schwarzem Grund (Tafel 137). Von den italienischen Vorbildern sind die spanischen Stücke leicht zu unterscheiden ; nicht nur durch den gelbseidenen Goldfaden, die lose Textur und den schütteren Schuß, sondern auch durch die Musterbildung. Einer so fest umrissenen klaren Zeichnung, wie sie die italienit schen Gewebe der Spätgotik auszeichnet, können sich die spanischen Granatstoffe im all: gemeinen nicht rühmen. Sie wahren sich in der Musterverteilung eine gewisse Freiheit; das Kreisschema von Abbildung 384 wäre zu dieser Zeit in Italien nicht denkbar und auch dasWeinrankennetz von Tafel 136, das in sehr schönen Spielarten vorkommt, ist unitalienisch. Seine Linienführung geht vielmehr auf die maureske Flächenteilung des granadischen Seiden: stoffs T. 127 a zurück.

Schwere Samtbrokate, die damals die höchste Leistung der italienischen Textilkunst ausmachten, hat Spanien aus dem Mittelalter ebensowenig überliefert wie die freien bildert reichen Muster der mittleren Gotik, mit denen Lucca und Venedig den europäischen Formen.

') Der auf Tafel 132 b dargestellte Brokat zeigt keine Kennzeichen spanischer Arbeit, hat auch nicht den spanischen Goldfaden. Der Stoff ist italienisch und auf einem spätgotischen Gemälde um 1480 im Mus seum zu Freiburg i. B. abgemalt.

°) Abb. bei Hinz, Schatzkammer der Marienkirche Danzig T. 34, 35, 49. In der Berliner Stoffs sammlung sind 25 spanische Granatapfelmuster vorhanden.

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