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0141 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 141 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Inventar von 1295 eine Masse spanischer Stoffe. Die meisten waren entweder einfach ge• streift, rot und weiß mit Gold „panni hispanici virgati, ad bastones auri, ad virgas auri dissipatas"'), oder sie trugen Löwen und Kastelle, die Wappenzeichen von Kastilien und Leon, in Streifen, in gevierteilte Kreise, in Schachbrettfelder eingewebt.2) Das Inventar von Anagni bezeichnet diese Stoffe kürzer als „dalmatica de serico ad arma regis Castelle".') Erhalten sind davon einige Fragmente in der Berliner Stoffsammlung, rot, weiß, gelb, blau gestreift, die Löwen und Kastelle von Gold in sehr strenger Zeichnung (Abb. 369).4) Die Wappenmuster gingen weiter das Mittelalter hindurch; ein französisches Inventar erwähnt 1488 eine Kasel „de drap de Castille semée de fleurs de lis et de chasteaulx d'Espaigne".') Der auf Tafel 123 in den ursprünglichen Farben wiederhergestellte Brokat mit dem Schild von Kastilien und Leon ist kaum erheblich älter, obwohl die Ranken zwischen den Wap. pen noch ganz mauresk gezeichnet sind. Auf einem anderen Stoff ähnlicher Textur mit dem gekrönten Wappenschild von Granada sind dagegen die Ranken nach chinesischem Muster in parallelen Wellen schräg über die Fläche gelegt und mit Lotuspalmetten ver. bunden (Abb. 370).

Einen starken Gegensatz zu den Wappenstoffen als den Äußerungen des christlichen Elements bilden die gleichzeitigen Gewebe des Alhambrastils, in denen der maurische Ge, schmack des spanischen Sarazenentums seinen reinsten Ausdruck findet. Die eigentlichen Flächenmuster bestehen aus eckigen Bändern, die sich zu künstlich verschlungenen Sternen und Polygonen verkreuzen. In bestimmten Abständen wird die Fläche von schmäleren Streifen durchschnitten, die gezackte Zinnen, Flechtmuster, Neskiinschriften oder Orna• mente aus den eckigen Zügen der kufischen Schrift aufnehmen. Die Farben sind in der Regel sehr lebhaft, rot, gelb, weiss mit grün und blau, wie es an den Tafeln 125 und 126 zu sehen ist. Gold wird zu breiter Wirkung nur selten eingewebt. Als eine Vorstufe dieser geometrischen Musterung ist der weiße Seidendamast Tafel 124a aus dem Gertrudenschrein in Nivelles anzusehen, der vielleicht noch ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Während hier die Grundlinien noch dem Kreisschema folgen, ist der gradlinige Polygonalstil an den Grab, gewändern des Infanten Philipp (-i- 1274), eines Sohnes König Ferdinands des Heiligen, schon fertig ausgebildet. Die Gewänder sind aus der Gruft in Villalcazar de Sirga bei Palenzia in das Madrider Museum gebracht worden, Abschnitte davon gelangten nach Brüssel, London, Berlin und in andere Stoffsammlungen.6) Ein Fragment ist auf Tafel 124c wiedergegeben. Das Muster steht in Gold (Darmhaut auf gelbem Seidenfaden) mit blauen Umrissen auf gelbem Grund. Die volle Farbenpracht entfaltet sich erst in den spätmittelalterlichen Ge, weben des Alhambrastils. Es gibt deren eine Menge; die meisten und größten Stücke hat das Textilmuseum von Lyon gesammelt. Drei vortreffliche Beispiele geben die Tafeln 125 (Abb. 371) und 126a b.7) Da sie nicht jünger als aus dem 15. Jahrhundert zu sein scheinen, ist ihre Heimat wohl in Granada selbst zu suchen, wo die andalusische Sarazenenkunst

I) Inv. nr. 930, 931, 938, 942, 960, 1232-1234.

2) Molinier, Inv. nr. 1204: Duo panni hispanici ad listas per longum rubeas et albas, in quibus sunt le- ones et castella ad aurum; nr. 1205: 4 panni hispanici cum leonibus in campo albo et castellis in campo rubeo et aquilis nigris in campo ad aurum; nr. 1206: 2 panni hispanici cum rotis ad quarteria in quibus sunt duo leones violacei et duo castella et, in campo, aquile nigre; nr. 1209: 3 panni hispanici ad scacheria alba et rubea in quibus sunt leones et castra ad aurum.

;) Didron, Annales arch. XVIII S. 26.

1) Auch bei Blanchet, Notices sur quelques Tissus, ist T. 23, 24 ein frühes Stück mit den spanischen Wappen abgebildet.

Gay, Glossaire S. 580.

") Vier verschiedene Muster aus Villalcazar sind abgebildet Katalog Errera nr. 17 bis 19a, zwei im Ka- talog Miguel y Badia T. 13.

') Die Neskiinschrift auf Tafel 125 besagt nur „Glück und Gedeihen".

Falke, Seidenweberei.

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