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0105 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 105 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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nicht zu über,
sehen. Das Werk

frühgotischen
Geistes ist im a11,
gemeinen der
Naturalismus der

Tierzeichnung und Pflanzen, im besonderen eine Menge rein euro, päischer Motive, wie die Burgen, Hürden und Ge, hege, die knor, rigen Äste und Bandrollen oder

die jagenden Frauen in der abendländischen

Zeittracht.   Die

Gehege aus Zaungeflecht oder Latten (vgl. T. 176, 186, 191; Abb. 472, 473, 475, 479), eine der allerhäufigsten Darstellungen in den Seidenmustern, sind ein gemeingotisches Motiv, das auf französischen und deutschen Wirkteppichen, auf primitiven Sgraffitomajoliken, deutschen Silbergeräten (z. B. im Lüneburger Schatz), auf Holzschnitzereien in weltlicher und christlicher Bedeutung (Ölberg, Krippe) oft und oft wiederkehrt, dem Orient jedoch unbekannt ist. Auch die Bäume mit knorrigem Stamm und Kronen aus geschlossenen Blätterbündeln sind in der Stilisierung der Trecentostoffe (vgl. T. 179, 180 a, 188, 191; Abb. 451, 463, 480) weder in China noch in Persien noch sonstwo im muslimischen Kunst, bereich zu finden. In gotischen und schon in spätromanischen Kunstwerken, wie dem Quedlinburger Teppich, kann man ihnen dagegen auf Schritt und Tritt begegnen, in der Buchmalerei und Goldschmiedekunst, auf den frühgotischen Elfenbeinwerken Frankreichs, in Glasgemälden und Wirkteppichen, bei denen keinerlei Abhängigkeit von der Seiden: weberei behauptet werden kann. Bei den Tierbildern der Gewebe überraschen namentlich die in Europa heimischen Arten, die Jagdhunde, Falken und Adler, Schwäne und Enten, Bären, Rehe und Hirsche durch die lebenswahre Wiedergabe. Zwar war die naturalistische Darstellung auch in China und Persien heimisch, in China erheblich früher als im Abend, land. Dennoch bleibt zwischen den gotisch, italienischen und den ostasiatischen Tier, bildern in der Regel ein sehr merklicher Unterschied. Man braucht nur die grim, migen Leuen italienischer Stoffe (vgl. T. 174, 191, 192, 197; Abb. 396, 444) mit den pudelhaften Löwen Ostasiens (vgl. Abb. 328) zu vergleichen, um sich den Gegensatz gotischer und asiatischer Empfindung zu vergegenwärtigen. Die italienischen Zeichner haben die ihnen geläufigsten Tiere, insbesondere die Adler, Falken, Schwäne, bei allem Realismus der Bewegung doch in den Linien künstlerisch veredelt, idealisiert im Sinn eines frühgotischen Schönheitsgefühls, das dem Wesen und Wollen der islamischen und chinesischen Kunst fernlag. Die Tierbilder dieses Stils waren in Italien nicht nur der Weberei eigentümlich, sondern als ein Teil des gotischen Zeitornaments auch auf Trecento, fayencen und Sgraffitomajoliken, Goldschmiedearbeiten (z. B. dem Sieneser Kelch des Matteo Mini Pagliai im Berliner Kunstgewerbemuseum) und Stuccotruhen verbreitet. Ich stelle als Beispiel die skizzenhaft in die Rückseite einer oberitalienischen Schmelz,

Abb. 319. Kupfergravierung, Oberitalien.
Ende 15. Jahrh.

Abb. 320. Venezianer Brokat. 15. Jahrh.
Museum Brüssel.

Falke, Seidenweberei.

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