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0229 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 229 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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wappen einen Jagdhund, der mit gelöstem Halsband vor einem Baum sitzt, während eine Hand aus strahlender Wolke herabgreift, ein Bild also, dessen textiler Ursprung sofort ins Auge fällt.') Ein Schwan mit Schriftband im Schnabel gleich dem Brokat Tafel 142 b er scheint als Impresa des Herzogs Federigo von Urbino neben anderen Emblemen auf einer eingelegten Tür aus dem Herzogspalast zu Gubbio im Berliner Kunstgewerbemuseum. Der Schwan mit einer Krone um den Hals, in dem Gewebe Tafel 193b rein ornamental ver: wendet, ist als Ordenszeichen auf dem Bildnis eines Ritters Niklaus von Diesbach im Berner Museum wiederholt. 2)

Die in luccanischen Trecentomustern (vgl. T. 144a, Fischbach T. 64b) beliebten flattern, den oder verknoteten Schärpen wurden zum Abzeichen eines 1351 gegründeten Ritterordens der Könige von Neapel gewählte) und auch im Anhänger des Brandenburgischen Schwanen: ordens sind sie verwertet. Da die Schärpen wahrscheinlich eine italianisierte Abform chinesi: scher Wolkenbildungen sind, so ergibt sich die überraschende Tatsache, daß durch Vermitt: lung der Seidenmuster ostasiatische Elemente in einen christlichen Formenkreis eingedrun: gen sind, wo man solche nicht zu finden erwartet. Als Ordenszeichen kommen ferner die strahlenden Wolken in der üblichen Zeichnung der Seidenstoffe, die rundgeflochtenen Ge, hege, die Mondsicheln vor.•) Ein Hirsch mit einer Krone um den Hals, geflügelt oder un, geflügelt gleich dem venezianer Stoff Tafel 189, war das Abzeichen eines Hausordens der Herzöge von Berry.$) Auf einem französischen Wirkteppich im Museum zu Rouen ist dieses Motiv am ausführlichsten dargestellt, mit gekrönten Hirschen in einem Gehege, das von außen Löwen bedrohen.6)

Stoffmuster, die als Impresen gedeutet werden können oder Anregung zu solchen ge: boten haben, sind auf Tafel 197b, 198d, 199b, c (Abb. 492) und Abb. 493 zu sehen.') Die Fälle, daß Stoffe mit emblematischen oder heraldischen Mustern auf Bestellung für die be sonderen Zwecke eines Ritterordens oder eines vornehmen Hauses gewebt wurden, sind im Mittelalter nicht oft nachzuweisen, weil solche Arbeiten mit dem Nachteil eines beschränk; ten Absatzes behaftet waren. Immerhin sind noch einige Beispiele vorhanden. Die geflügelte Adlerklaue des Gewebes Tafel 198b ist das bekannte Wappenzeichen der venezianischen Dogalfamilie Malipiero. Bei dem Brandenburger Silberbrokatmantel Tafel 199a spricht schon die nüchterne Darstellung der Greifen mit dem Spruch AMON: POER in Sechsecken ohne jegliches ornamentale Beiwerk für ein bestelltes Muster zu Ordenszwecken. Ein Greif mit dem Spruchband POR AMOR oder PER BON AMOR gehörte zum Anhänger des weit: verbreiteten aragonischen Kannenordens8) und es ist anzunehmen, daß die Schrift auf dem Brokatmantel eine Verstümmelung des Ordenswahlspruchs vorstellt. Das Museum Poldi: Pezzoli in Mailand besitzt ein Antependium mit Tauben in einem Strahlenkranz, von dem Spruch „A bon droit" umzogen (vgl. Abb. 530). Das ist die Impresa nebst Wahlspruch der Gemahlin des Herzogs Galeazzo Maria (1466-1476), Bona di Savoia. Einen Samtstoff mit demselben Wahlspruch ohne die Impresa gibt Tafel 229a.

Es ließen sich wohl noch einige ähnliche Beispiele anführen; es mag auch noch sym: bolische Muster geben, für deren Deutung die Gegenwart das Verständnis verloren hat. Da;

') Ein Brokat mit ähnlichem Muster ist auf einem Cölner Verkündigungsbild im K. Friedrich Museum Inv. 1199 als Rücklaken abgemalt.

  1. Schweizerisches Archiv für Heraldik 1905, T. 6. In diesem Band hat Paul Ganz eine große Zahl mittelalterlicher Ordenszeichen veröffentlicht, von denen mehrere aus Textilmustern entlehnt sind.

  2. Paul Ganz fig. 56.

  3. Paul Ganz fig. 27, 95, 96. ') Paul Ganz fig. 90 und 91. ") Molinier und Marcou, Expos. rétrosp. 1900, S. 41 und S. 102.

  4. Ein Adler mit Schriftband gehörte zu den Impresen des Hauses Strozzi.

  5. Paul Ganz fig. 60, 61; vgl. auch das Blarerbildnis im Jahrbuch d. Pr. K. S. 1912, Heft 1.

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