National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0147 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 147 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000240
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

besitzt davon einen Chormantel und zwei Dalmatiken,') das Waldburgkloster in Eich: stritt eine gut erhaltene Kasel mit gestickten Stäben des 15. Jahrhunderts, von der Tafel 124b einen Musterabschnitt darstellt. Auch in der Danziger Marienkirche (1343 begonnen) ist die durch eine eigentümliche Farbenwahl, weiß und hellblau auf schwarz, ausgezeichnete Gat, tung vertreten. Schon dadurch wird die von Bertaux angenommene Datierung auf das 13. Jahrhundert ausgeschlossen; die Musterzeichnung und die Form der Meßgewänder ge ben keinen Anlaß, die Stoffe über das späte 15. Jahrhundert zurück zuversetzen. Man könnte bei der Schachbrettmusterung und der Gitterfüllung der Rosetten an chinesischen Einfluß denken; doch macht die fortgeschrittene Hispanisierung aller Einzelheiten ein bestimmtes Urteil darüber unmöglich.

In anderen Fällen ist die Abhängigkeit von ostasiatischen Vorbildern um so deut: licher. Spanien hat sich ihren Einwirkungen im späten Mittelalter ebensowenig entziehen können, wie der Orient und Italien. Der Brokat auf Tafel 129a (Abb. 375), als Besatz zweier Dalmatiken des 15. Jahrhunderts im Brandenburger Domschatz verwendet, ist ein schlagendes Beispiel. Die Zeichnung der Lotuspalmetten, der grundfüllenden Ranken und der fliegenden Fonghoang mit ihren wallenden Schweifen weicht kaum merklich vom chi, nesischen Stil ab; nur die kleinen Doppeladler inmitten der großen Lotusblüten sind eigene Zutaten des spanischen Webers. Als technisches Kennzeichen dieses Stückes und der spani: schen Brokate des späten Mittelalters überhaupt ist die Beschaffenheit des Goldfadens zu beachten: Während Italien fast ausnahmslos weiße Leinenfäden mit Darmhauthülle ver: wendet, ist in Spanien das bräunlich vergoldete Darmhäutchen immer um einen hochgelben Seidenfaden gesponnen. Erst nach 1500 wird dieses spezifisch spanische Gespinnst durch vergoldeten Draht oder Silberlahn ersetzt.

Die unmittelbare Nachbildung eines chinesischen Stoffes, wie sie der Brokat Tafel 129a vorführt, ist in Spanien nicht oft nachzuweisen; häufiger werden die ostasiatischen Elen mente durch persische oder mamlukische Gewebe übermittelt. Den Seidenstoff Tafel 129 b (Abb. 376) setzen die steigenden Wappenlöwen und andere Einzelheiten nach Spanien; wie eng die Gattung jedoch mit Ägypten zusammenhängt, zeigt ein blaugelber Stoff gleicher Arbeit (Abb. 377), dessen Lotusblüten mit der Inschrift „Es Sultan el Melik" offenbar von den mamlukischen Damastmustern aus der Zeit des Muhammed Nasir eddin abstammen (vgl. Abb. 366). Bei dem blaugelben Gewebe Tafel 130 (Abb. 378) verraten die Lotus: ranken, die das Spitzovalnetz bilden, ein persisches Vorbild, während das Füllmotiv aus überkreuzten Sternen von echt spanischer Erfindung ist.

Dieses Stück berührt sich bereits mit einer sehr umfangreichen Gruppe rein ornamen: taler Seidenstoffe, deren Entwicklung das 15. Jahrhundert durchläuft und den allmählichen Übergang von islamischen Formen zu den Granatapfelmustern der Spätgotik und Renais, sance vorführt. Es sind leichte, oft gradezu schüttere Gewebe, vorwiegend nur zweifarbig. Die Muster stehen meist weiß oder gelb, seltener blau auf rotem, blauem, grünem, schwarz zem Grund; erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts werden sie unter dem Eindruck der spät: gotischen Prachtstoffe Italiens farbenreicher und verwenden auch in beschränktem Maße den spanischen Goldfaden. Die Gattung ist, vielleicht weil sie infolge der lockeren Textur wohlfeil sein konnte, in Mengen ausgeführt worden. Die Danziger Marienkirche besitzt davon viele Kaseln und außerdem sind diese Stoffe daselbst oft als Futter von Meßgewändern aus schweren italienischen Brokaten verwendet. Die letzteren gehören durchweg dem 15. Jahr; hundert, zum Teil der spätesten Gotik an, woraus zu entnehmen, daß auch die spanischen Futterstoffe nicht ins 14. oder gar ins 13. Jahrhundert zurückdatiert werden können. Wahr: scheinlich stammen alle aus einem gemeinsamen Betriebsort; aber ihre Bindung ist doch nicht so gleichmäßig, daß man das mit Bestimmtheit behaupten dürfte. Nur die spanische

1) Abgeb. E. Bertaux, L'Exposition rétrosp. de Saragosse 1908, T. 46, 47.

67