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0196 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 196 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Abb. 453. Persischer Buchdeckel um 1600.

burgen darüber sind viel klarer und realistischer als auf den Trecentostoffen gezeichnet und verweisen den Brokat bereits in das 15. Jahrhundert. Als ein erwünschtes Mittel, die unsymmetrischen Tierbilder fester zu gliedern und der landschaftlichen Wirkung näher zu bringen, wird immer und immer wieder die Streifenteilung durch quer einee= schossene Goldbänder herangeholt. Als Beispiel muß ein aus vielen verwandten Mustern (vgl. T. 108 a) heraus: gegriffenes Gewebe genügen (Abb. 451). Die naturalistische Gruppierung von Vierfüßlern und Vögeln um einen Baum erinnert lebhaft an die persischen Bilder aus dem Tier: leben , die in der Buchmalerei der Sefidenzeit und auf Bucheinbänden eine so große Rolle spielen (Abb. 452 und 453), vereinzelt auch in die Teppichkunst eingedrungen sind)) Es ist wohl möglich, daß iranische Kunstwerke auf die italienischen Musterzeichner grade in der landschaft: lichen Richtung fördernd eingewirkt haben. Da jedoch per: sische Seidenstoffe mit solchen naturalistischen Tiergruppen erst vom 17. Jahrhundert ab erhalten sind (Abb. 454), kann man mehr als eine Vermutung nicht aussprechen.

Der menschlichen Gestalt wird in den Trecentomustern nur ein bescheidener Raum gewährt; sie erscheint zuerst um die Mitte des 14. Jahrhunderts als gleichwertiger Be, standteil mit den üblichen Motiven, Tieren, Rankenwerk, Bäumen, Burgen eng verbunden. Als gegen 1400 neben die profanen Jagdbilder kirchliche Darstellungen wie die

Verkündigung treten, werden die Figuren zur Hauptsache. So weit sie noch ins 14. Jahre hundert fallen, gehören die Figurenstoffe fast insgesamt zur luccanischen Gattung. Sym: metrische und unsymmetrische Anordnung gehen innerhalb einer Werkstatt gleichzeitig nebeneinander her; auch das Streifenschema ist vertreten.

Ein Jagdmuster mit höchst seltsamen Einzelheiten bringt der in blau und weiß mit

Goldbroschierung auf himbeerrotem Grund gewebte Seidenstoff Tafel 177 (Abb. 455), von dem die Marienkirche in Danzig zwei vollständige Chormäntel besitzt. Eine Musterreihe zeigt aus gewundenen Schneckenhäusern herausragende Frauen, die mit einem Handnetz Hasen fangen; an das Schneckenhaus sind Jagdhund und Leopard zusammen angekoppelt. In der zweiten Reihe sind Adler mit einem Frauenkopf zwischen den Flügeln dargestellt, die Rehe gegriffen haben. Die Frauenköpfe mit dem hochfliegenden Goldhaar und die Blattformen der Grundranken weisen den Entwurf dem Zeichner der gleich phantastischen Brokate T. 164 (Abb.433) und T. 165 zu. Obwohl hier wie dort alle Formen völlig europäsiert sind, läßt das rätselhafte Muster doch an eine freie Umbildung ostasiatischer Motive denken. Auf einer eingelegten Lackarbeit des frühen Mittelalters im Shosoin zu Nara2) sind sirenenhafte Wesen, Frauen mit Vogelleib dargestellt (Abb. 456), die immerhin die Anregung zu den frauentragenden Adlern gegeben haben könnten. Die Art, wie erstere die Pansföte halten, stimmt wieder mit den Netzen der Hasenjägerinnen überein. 3) Frauen auf der Löwenjagd,

1) Vgl. den indischen Teppich abgeb. Bode, Vorderasiatische Knüpfteppiche fig. 29.

°) Abgeb. Dreger T. 103 a, auch in der Histoire de l'art du Japon und im Toyei Shuko.

3) Auf einem Brokat des Germanischen Museums, Hampe, Gewebekatalog fig. 22 ist dasselbe Schneckenhaus mit Drachen verbunden, die offenbar von China abgeleitet sind. Der ostasiatische Bilder' kreis war also dem Zeichner dieser Stoffgruppe nicht fremd. — Für das Muster Abb. 455 hat Karabacek,

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