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0115 Eine Routenaufnahme durch Ostpersien : vol.2
Eine Routenaufnahme durch Ostpersien : vol.2 / Page 115 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000218
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1. DIE FELDAUFNAHME. - GENAUIGKEIT DES ITINERARS.   63

kommen kann, wo es für die Kamele unmöglich ist. Die Spur des Fußgängers bildet, wenn er frei und ledig ist, eine viel weniger gewundene Linie als die der Karawane. Aber für gewöhnlich ging ich als Lotse voran, um der Karawane den leichtesten Durchgang zu zeigen.

Das Problem der Peilungsobjekte ist in einer Wüste wie der Takla-makan ein ganz anderes als in Tibet, den sandfreien Wüstengegenden Zentralasiens oder in

Ostpersien. Es gibt absolut nichts, was anzupeilen wäre — ebensowenig wie es möglich wäre, die Wellenkämme in einem empörten Meer, das plötzlich erstarrt ist, als Peilungsobjekte zu benutzen. Alle Dünenkämme sind wie die Wellenkämme einander ziemlich ähnlich. Von Zeit zu Zeit rollt über das Meer ein Wogenkamm, der höher ist und eine stärkere Schaumkrone hat als andere. Hier und da erheben sich auch in dem Dünenmeer Sandkämme über ihre Nachbarn, aber sie sind rund und geschwungen wie die Rücken von Delphinen, und sie verändern von verschiedenen Stellen aus ihr Aussehen. Es ist schwer, einen bestimmten Punkt eines solchen Rückens im Auge zu behalten, und wenn man näherkommt, verändert er sein Aussehen, und man weiß nicht mehr, welchen Punkt man anfänglich ins Auge gefaßt hatte. Am besten ist es, man läßt einen klugen und wüstenkundigen Mann vorausgehen und peilt dessen weit vorn auf den Dünenkämmen sichtbaren Spuren an oder benutzt ihn selber als Peilungsobjekt.

Ich benutzte in der Wüste Takla-makan, von dem Augenblick an, wo wir uns am Morgen des 23. April in das mörderische Sandmeer hineinbohrten, verschiedene Methoden, um die Route in die Karte einzutragen. Auf der ersten Tagereise kamen wir noch an der einen oder andern Tamariske vorüber, und ich konnte sie peilen. Als nach drei weiteren Tagen die Lage kritisch wurde, machte ich es mir zur Rege], direkt nach Osten zu halten, wie immer ohne Rücksicht auf die Mißweisung des Kompasses. Es handelte sich darum, den Khotan-darja zu erreichen, um Wasser zu finden. Starke Krümmungen waren jedoch oft notwendig und wurden eingetragen. Aber als alles aufgegeben war und es nur noch galt, das eigene Leben und das meines Dieners Kasim zu retten und wenn möglich mit Wasser zu den beiden noch lebenden Männern zurückzukehren, da ging ich ohne alle Peilungsobjekte so gerade wie möglich nach Osten. Als sich endlich am 3. Mai die erste Tamariske als ein Vorposten des Vegetationsgürtels des Khotan-darja zeigte, peilte ich diesen dunklen Punkt im Sandmeer an, und als er erreicht war, den nächsten dunklen Punkt, und dann die ersten Pappeln und schließlich einen Baumstamm im Wald. Nun wurde keine Karte mehr gezeichnet, nur die Zahlen wurden eingetragen, die Zeiten und die Schrittzahl. Ich zählte a 11 e Schritte in dem Bewußtsein, daß jeder einzelne ein Schritt näher zur Rettung oder zum Tode war.

Diese Wegstrecke vom Lager des 2 2. April bis zum Khotan-darja am 5. Mai, die auf der Karte in ziemlich gerader Linie 170 km lang ist, war in Wirklichkeit