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0110 Eine Routenaufnahme durch Ostpersien : vol.2
Eine Routenaufnahme durch Ostpersien : vol.2 / Page 110 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000218
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58   KARTOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG DER ROUTENAUFNAHME DURCH OSTPERSIEN.

wie die herrlichste Heilkur auf mich. Es ist ja auch ganz natürlich, daß unsere Natur es nicht verträgt, etwa die halbe Atmosphäre unter sich zu haben. Im Gegensatz zu den Tibetern ist ein Europäer nicht dafür geschaffen, ebensowenig wie die Pferde und Maulesel der eigenen Karawane Lungen von demselben Bau haben wie die tibetischen Pferde. Wer einen raschen Ritt auf 4000 oder 5000 m Höhe hinauf unternimmt, wird in den meisten Fällen an einer Stelle des Aufstieges, vielleicht schon bei 2000 oder 3000 m, merken, daß er eine Krise durchmacht. Aber wenn diese nach höchstens 24 Stunden vorüber ist, wird er gegen die Beschwerden der Bergkrankheit immun sein. Später tritt das schleichende Mattigkeitsgefühl auf, das das allgemeine Wohlbefinden herabdrückt. Aber der Reisende bringt seine normale physische Spannkraft mit auf die Höhen hinauf und besitzt darin ein Kapital, das lange vorhält. Dieses Kapital wird aber doch, wenn auch äußerst langsam zerstört, und nach ein paar Jahren macht sich das Bedürfnis nach Luft immer stärker geltend. Daher sind die Strapazen mit der Zeit schwerer zu ertragen, und auch die Arbeitsfähigkeit und die Arbeitsleistung sinken. Im August 1908 stand meinem Bleiben in Tibet kein politisches Hindernis entgegen. Die tibetischen Häuptlinge im Gebirge NO vom Manasarovar baten mich geradezu, nach dem Innern umzukehren, damit sie die Verantwortung für meinen Durchzug los-würden. Aber ich selber war überzeugt, daß ich von den großen Höhen genug hatte.

Es ist klar, daß solche Verhältnisse einer ständig fortlaufenden kartographischen Arbeit Abbruch tun müssen. Was ich vom Kartenzeichner gesagt habe, gilt vielleicht in noch höherem Grade von dem Pferd, das er reitet und dessen Schritte die Grundlage für die Entfernungsberechnung geben. Denn mit der Ermüdung des Pferdes ändern sich seine Schritte. Wohl nimmt man dann neue Geschwindigkeitsmessungen von gemessener Basis aus vor, aber auch innerhalb der Grenzen dieser Basen werden die Schritte immer unsicherer und ungleichmäßiger als vorher. Man nimmt dann einfach ein neues Pferd! Woher? Ja, wenn man Nomaden trifft und sie überhaupt willig sind, Pferde zu verkaufen, was keineswegs immer der Fall ist. Man muß sich mit den Pferden, die man hat, begnügen, und das jeweils beste in der Karawane wählen. Nach einer gewissen Zeit reitet man immer kritischen Situationen entgegen und es gilt, den Mut bei der Karawane aufrechtzuerhalten, bis man eine Möglichkeit findet, bei Nomaden oder Ansässigen den Bestand an Pferden und Maultieren zu erneuern.

Einen andern Faktor bilden das Klima, das Wetter und die Jahreszeiten. Das oben beschriebene Polygon wurde im Winter ausgeführt, wo Wasser für die Menschen in Form von Eis mitgenommen werden konnte. Im Sommer wäre die Reise unmöglich gewesen, die Kamele wären verdurstet. In Ostpersien erstreckte sich die Reise über Winter, Frühjahr und Frühsommer. Dort kann man zu jeder Jahreszeit vorwärtskommen, ohne Wassermangel befürchten zu müssen. Im hohen Tibet ist der Winter grimm und hart. Die Schneemenge ist im allgemeinen nicht groß. Nur zeitweilig, wie in ein paar Fällen auf meiner letzten Reise, kann sie schädlich auf die Gleich-