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0159 Eine Routenaufnahme durch Ostpersien : vol.2
Eine Routenaufnahme durch Ostpersien : vol.2 / Page 159 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000218
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I. DIE FELDAUFNAHME. - DIE FELDKARTE.

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die, wenn man so will, ebensogut und besser nach der Heimkehr hergestellt werden können.

Die Erfahrung, die ich bei dieser Arbeitseinteilung auf der Reise durch Ost-

persien erwarb, nutzte ich auf der anschließenden Reise in Tibet aus. Ich erhob das Zeichnen von Panoramen zu einem Gesetz, das nie versäumt werden durfte, wenn das Wetter nicht unübersteigliche Hindernisse in den Weg legte. In den bewohnten Gegenden porträtierte ich mit Bleistift, Tinte oder Farben die Tibeter und ihre Frauen und Kinder, und ich verwendete viel Zeit darauf, die Bevölkerung nach ihrem Leben und ihren Wanderungen und nach der Gegend, in der wir uns befanden, auszufragen. Auch hier blieb keine Zeit übrig, die Feldblätter mit der schwarzen Flüssigkeit, die der Zeit besser trotzt als der Bleistift, zu verstärken und zu verschönern.

Das ist der Grund, warum nur Blatt Nr. 4 in Tusche gezeichnet ist, die drei andern dagegen mit Bleistift. Man merkt, daß das Werk der Vergänglichkeit auf den letzteren weiter fortgeschritten ist.

Dieses erste Blatt liefert uns eine Probe von ebenem, hartem, vorteilhaftem und

gleichförmigem Gelände, wo die Feldarbeit dem Zeichner keine besondere Mühe verursacht. Beiläufig will ich erwähnen, daß ich auf den langen einförmigen Märschen mit langen Pausen zwischen den Peilungen und wenig einzutragendem Relief während des Marsches Zeit und Gelegenheit zu leichterer Lektüre hatte. Die Lektüre, die ich wähle, ist Dichtung; ich lese sie, um sie auswendig zu lernen. So lernte ich seinerzeit Fröding von Anfang bis zu Ende auswendig. Eine zusammenhängende, mehr Gedanken- und Gedächtnisarbeit erfordernde Lektüre ist unzweckmäßig, weil sie die Aufmerksamkeit einschränken würde, die unter allen Umständen für die Karte notwendig ist. Das Gefährlichste ist, den Zeitpunkt für den Beginn der laufenden Peilung zu übersehen. Ich bin weit davon entfernt , dem Anfänger literarische Zerstreuungen zu Pferd oder zu Kamel empfehlen zu wollen; er hat gewiß auch sonst genug zu tun. Ich selbst habe mir die langen Marschstunden damit nur in einförmigen Wüstengegenden verkürzt, und so, daß das Buch nur hier und da geöffnet wurde, um bei einem schweigend rezitierten Gedicht dem Gedächtnis nachzuhelfen. Denn den Blick muß man immer, auch wenn man nicht arbeitet und wenn man auf allen Seiten von dem ödesten Wüstengelände umgeben ist, auf den Boden, auf das Gelände, auf den Horizont, auf die Erde gerichtet halten, auf deren Oberfläche man selbst wie ein Staubkorn verschwindet und deren wechselnde Züge und Stimmungen man seiner Erinnerung einprägen soll. Diese Beobachtungen werden von

der Art von Lektüre, wie ich sie geschildert habe, nicht gestört. Und oft kommt sie auch nicht vor!

Vieles andere fesselt die Aufmerksamkeit des Reisenden auf den einförmigsten Märschen, wenn die Karte nur ein Minimum von Arbeit erfordert. Er beobachtet den schweigenden Gang der Kamele und lauscht dem dumpfen Schlag der Glocken.

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