nur einen allgemeinen Begriff von den Hauptformen auf dem relativ schmalen Landstreifen, in dessen Mitte die Reiseroute verläuft. Aber von den Landschaftsbildern, von der beständig wechselnden Perspektive und von dem bald in grellen, bald in zarten Tönen wechselnden Farbenspiel sagt die Karte nichts.
Wohl hat man oft aus den genauen Karten, die wir von der uns zugewendeten Seite des Mondes besitzen, Landschaftsbilder in horizontaler Richtung dargestellt und konstruiert. Dies ist leichter, teils wegen der kräftigen Formen und kolossalen Höhe der Gebirge, teils wegen der Vereinfachung der perspektivischen Gesetze infolge des Fehlens einer Atmosphäre. Aber gleichwohl kann man ganz sicher sein, daß solche Bilder nur bis zu einer gewissen Grenze der Wirklichkeit entsprechen. Und doch liegt diese Grenze auf dem Mond der Wirklichkeit viel näher als in Tibet. Auf der Erde sind die plastischen Formen von Winden und Wasser in viel feineren Einzelheiten herausgemeißelt als auf dem Mond. Die Morphologie ist zerrissener und ermangelt mächtiger dominierender Züge. Dazu kommt die wichtige Rolle, die die Atmosphäre in der Perspektive spielt.
Auf der Reise in Tibet in den Jahren 1899-1902 empfand ich es oft als einen großen Mangel, daß ich nicht vermochte, alle die charakteristischen Landschaften, die neben meiner Route lagen, im Bilde festzuhalten. Manchmal zeichnete ich eine Landschaft oder ein kürzeres Panorama, begnügte mich aber im übrigen damit, von allem, was besondere morphologische Bedeutung zu haben schien, Photographien aufzunehmen. Vielleicht ließ ich mich auch oft durch die vom künstlerischen Standpunkt malerische Architektur verlocken. Die Bilder, die mit Feder und Photographenapparat auf der Reise aufgenommen wurden, sind in den etwa 2000 Illustrationen in Scientific Results of a 7ourney in Central Asia 1899-1902 wiedergegeben. Wohl kann man sagen, daß diese Zahl groß ist, und daß die Bilder in meiner Auswahl einen guten Begriff von dem allgemeinen Habitus der durchreisten Landmassen geben. Aber jedes Bild umfaßt nur ein kleines losgelöstes Gebiet, und man schwebt. in Unkenntnis über seinen Zusammenhang mit der Nachbarschaft rechts und links von dem dargestellten Ausschnitt.
IN PERSIEN 1906.
Der Gedanke, Panoramen zu zeichnen, die den ganzen Horizont in sich begreifen, der auf der obenerwähnten Reise nur andeutungsweise zur Ausführung kam, erfuhr eine bedeutende Förderung auf der Reise in Persien im Jahre 1906. Man lernt ja im Lauf der Zeit immer etwas hinzu und baut auf den schon gemachten Erfahrungen
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