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0130 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 130 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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EINFÜHRUNG IN DIE CHINESISCHE KARTOGRAPHIE.

g) Bedeutung für die philologische Forschung. Es wäre uns unmöglich, unserer vielseitigen Aufgabe jemals gerecht zu werden, wenn nicht unsere größten Sinologen durch sorgfältige Übersetzungen und Bearbeitungen chinesischer Texte treffliche Vorarbeiten geleistet hätten. Es kann daher das Verdienst von Gelehrten wie JAMES LEGGE , KARL HIMLY, FRIEDRICH HIRTH, J. J. M. DE GROOT, OTTO FRANKE und namentlich des leider zu früh verstorbenen EDOUARD CHAVANNES nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wenn wir im folgenden wiederholt andere Wege beschreiten und oft zu anderen Ergebnissen gelangen, so liegt dies vor allem daran, daß wir nicht so sehr von philologischen als von geographischen Gesichtspunkten ausgehen und darum die chinesischen Texte meist in anderem Lichte betrachten müssen, als es unsere Vorgänger getan haben. So legen wir denn verschiedene Textstellen in abweichenden Übersetzungen vor indem wir die Texte allein aus sich selbst zu erklären suchen, ohne uns von den Interpretationen chinesischer Kommentatoren beeinflussen zu lassen. Denn trotz aller Gelehrsamkeit sind bei den Chinesen schwerwiegende Irrtümer unvermeidlich gewesen, namentlich wenn sie an die Erklärung eines als heilig verehrten Textes herantraten, der für sie selbst Hunderte von Jahren zurücklag. Solche Irrtümer können sich dann unbemerkt durch die Tradition bis zur Gegenwart fortpflanzen, um schließlich in die sinologische Forschung einzudringen. Hierfür werden uns die Auslegungen des -kung ein lehrreiches Beispiel bieten.

Vor allem wird sich dabei herausstellen , wie verhängnisvoll der konfuzianische Glaubenssatz bis in unsere Tage nachgewirkt hat, in der Urzeit sei China ein Riesenreich gewesen, in dem unter ausgezeichneten Kaisern ein patriarchalischer Idealzustand geherrscht habe. Daß man in diesem Geist bisher nicht nur das Yü-kung sondern auch andere Urkunden des chinesischen Altertums unbewußt verfälscht hat, konnten schon unbefangene Kritiker richtig vermuten, aber nicht wirklich nachweisen. In dieser Richtung können wir uns erst dann einen Erfolg versprechen, sobald wir die philologische Kritik von geographischen Grundsätzen leiten lassen. Geographische Daten erhalten sich in ihrer alten Frische besser als historische und erlauben ohne weiteres eine sichere Nachprüfung, weil der dargestellte Schauplatz unverändert geblieben ist. Nach diesem Verfahren glauben wir die Reichsgeographie des Yli-kung-, welche angeblich den uralten Idealstaat schildert, in seiner wahren Bedeutung interpretieren zu können, wie wir es bereits oben mit kurzen Strichen

angedeutet haben. Daraus ergibt sich dann ganz von selbst, daß wir auch die anderen Quellen desselben Zeitalters umzudeuten haben. Mit überraschender Klarheit werden wir dort unterscheiden können zwischen originalen und später überarbeiteten Darstellungen, zwischen echten Quellen und späteren Fälschungen. Dabei erweisen sich, wie es auch sonst in der wissenschaftlichen Forschung nicht selten vorkommt, die als kanonisch geltenden (konfuzianischen) Bücher als weniger zuverlässig als eine oft für apokryph gehaltene Quelle, in diesem Falle die Bambus-Annalen, die aus Hofchroniken von der Zeit der ältesten Dynastie an hervorgegangen sein müssen. Zusammen mit diesen Ergebnissen lassen sich auch so manche andere Rätsel klarstellen, welche der Quellenkritik bisher unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet haben ; sie betreffen vor allem einige Oden des Shih-ching , das 1111t-tien-tzú-chuan, sowie die Entstehung des Shan-haz=ching .

Was die mit den Han-Annalen beginnenden Texte über die Westldnder betrifft, so konnten sie trotz des philologischen Scharfsinnes, den man auf sie verwandte, in manchen wesentlichen Punkten, z. B. der Identifizierung der Länder Ta Ch`in und Eu-lin bisher nicht

I Für die Reichsannalen ist der Shanghaier Neudruck der berühmten Kienlung-Ausgabe von 1739 benutzt worden.