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0244 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 244 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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SPEZIALKARTEN AUS DER ZEIT DER HAN-DYNASTIE.

Vorpostens zum Schutze eines größeren Oasenstaates wie Khotan. Daß ehemals die Verhältnisse nicht anders gewesen sind, geht aus den älteren Annalen sowie aus dem Reisebericht des Pilgers SUNG YÜN (509 n. Chr.) hervor; sie kennen wohl Oasenplätze am Cherchen-darya im Osten und Niya-darya im Westen, aber keinen Wohnplatz, der etwa nach Endere gehörte.' Nehmen wir alles zusammen, so müssen wir erklären, daß sich HSÜAN-CHUANG sicherlich geirrt hat, als er meinte, die verlassene Stätte östlich von Ni jung sei das alte Tu-ho-lo. Welches der richtige Name dieses Platzes gewesen ist, das erfahren wir aus einer Kharoshthi-Inschrift, die dem 2. oder 3. Jahrh. n. Chr. angehört und deren Bedeutung ihr Entdecker A. STEIN noch nicht genügend gewürdigt hat.2 In diesem Schriftstück, das demnach einige Jahrhunderte älter ist als HStTAN-CHUANG, wird uns ein Itinerar von Calmadana über Saka und Nina nach Khotana genannt. Da für Calmadana das alte Chii-mo, das heutige Cherchen, eintritt, für Nina Hsüan-chuangs Ni jaiig und für Khotana die Stadt Khotan, so bleibt für Saka eigentlich nur Endere übrig. Diese Identifizierung braucht uns nicht zu überraschen, wenn wir beachten, daß nach den archäologischen Funden die alte Bevölkerung von Yarkand bis Khotan sakischer Herkunft war.3 Hiernach dürfen wir das dem heutigen Endere entsprechende Saka als ihre östlichste Kolonie betrachten. Darum kann an dieser Stelle von einer alten Tocharer-Siedelung jetzt erst recht nicht mehr die Rede sein.1

Die Frage nach der älteren Heimat der Tocharer bliebe offen, wenn uns hier nicht griechisch-römische Nachrichten zur Verfügung ständen. O. FRANKE beruft sich auf PLINIUs und andere Autoren der römischen Kaiserzeit, welche die Thocari zusammen mit den Phuni (Phruni, Phauni) und Attacori oder Seres erwähnen.5

Auch wenn die Phujzi mit den I/siung-nu der Chinesen identisch sind, was übrigens nicht sicher feststeht6, dann müssen wir immer noch im ungewissen bleiben, wohin wir die ihnen angeblich benachbarten Thocari zu setzen haben ; denn wir haben uns stets zu vergegenwärtigen, daß die Namen der Völkerschaften nicht auf direkten Erkundigungen beruhen, sondern aus einer griechisch-römischen Karte abgelesen sein müssen, weil sie sich auch auf das Mythenvolk der Attacori, der indischen Uttarakuru, erstrecken. Mit diesen Angaben ist also nichts Wesentliches anzufangen.

Ganz anders steht es mit den kartographischen Angaben des PTOLEMÄUS.7 Hier wissen wir, daß die im Sererland eingetragenen Namen Thogara (Ooycipa), Thaguri (earyovpot) und Tiagurus nions (Oauyovpov ópoç) aus einem zuverlässigen Itinerar, dem des MASS TITIANUS, entlehnt und durch besondere Distanzangaben bestimmt sind; daraus ergibt sich, daß

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I Vgl. CHAVANNES, Voyage des Song Yun etc., Bull. de l'Ecole franç. d'Extrême-Orient, Vol. 1II, 1903, S. 392.

2 Vgl. RAPSON, Specimens of Kharosthī Inscriptions, S. 14. A. STEIN, Ancient Khotan, S. 311. 326.

3 Vgl. A. v. LECOQ, Band IX dieses Werkes, S. 89 Anm. 2.

4 Von den 1906 in Endere gemachten Funden sagt A. STEIN (Ruins of Desert Cathay I, S. 312): »The

Kharoshthi records on wood, like those of the Niya site which they closely approach palæographically, un-   

doubtedly belong to the second or third century A. D. and thus to the very period of the ascendency in the

Tarim Basin of those Indo-Scythians whom HSÜAN-TSANG, from the main seat of their power on the Oxus, knew   
as Tukhara.» Nach unseren Darlegungen dürfen wir nicht mehr annehmen, daß diese Manuskripte mit Torharer,,

im Zusammenhang stehen.   th

5 PLINIUS, nat. hist. VI, 55. DIONYSIUS PERIEGETES, V. 752 (C. MÜLLER, Geograph' Graeci minores, II,   ''=Í

S. 151). AVIENUS, ora maritima, V. 934 (ebd. S. 185). EUSTHATIUS ad Dion. V. 752 (ebd. S. 348).

6 KIESSLING zweifelt daran, daß die Phuni, deren Namen er auf Phrur[i]oi oder Phaunoi zurückführt, den   th.

Chunoi-Hunnen entsprechen (PAULYS Realenzyklopädie, Bd. VIII, S. 2595 f•)• Anders CHARPENTIER, Die ethno-   441

graphische Stellung der Tocharer, Zeitschrift d. Deutschen Morgenl. Gesellschaft, Bd. 71, S. 355.   44

7 Ptolem. geogr. VI I I, 6. 16, 2.

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