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0280 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 280 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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244   I)IE BLÜTEZEIT DER CHINESISCHEN KARTOGRAPHIE DES MITTELALTERS.

hier einzugehen zu weit führen würde, möglichst eng an den Wortlaut des Urtextes.' Damit bringt sie auch manche Mängel klar zum Ausdruck, die man bloß aus dem Urtext niemals erschließen könnte. So sehen wir Ostturkistan in die Länge gezogen, die Länder am Oxus dagegen stark verkürzt; Indien ist im Vergleich zu Ostturkistan und China zu weit nach Osten gerückt. Dadurch sind, was wohl das Seltsamste ist, die Gebirge Tibets in zwei Teile zerrissen, nämlich nach den Gegenden von Kholan und nach dem Quellgebiet der Flüsse Indiens.

Wenn auch Lr TAO-YUAN durch die Zusammenstellung des K`un-lun mit dem Anavatapla-Gebirge indisch-buddhistische Ideen in sein Kartenbild aufgenommen hat, so ist er im Grunde doch der chinesischen Erdansicht treu geblieben : als ein Teil des Westmeeres

nimmt das Lei-chu-Meer den   mit dem Wei (Oxus) auf, der Indus fließt dem
Südmeere, der Ganges ebenso wie der Huang-ho dem Ostmeere zu ; und wenn wir uns die Karte bis zur Ostküste Chinas fortgesetzt denken, dann erscheint der K`un-lun, wie wir zu erwarten haben, als der Mittelpunkt der Welt.

6. DIE ÄLTESTEN BUDDHISTISCHEN KARTEN.

a) Die Erde nach der Kosmographie des indischen Buddhismus. Bald nachdem die unerwarteten Entdeckungen im Westen die chinesische Erdkarte erheblich vergrößert und umgestaltet hatten, trat ein fremdes Moment hinzu, das noch weiter auf ihre Grundlagen einwirken sollte. Es war das kosmographische System des Buddhismus, der um die Wende unserer Zeitrechnung allmählich in China Eingang fand, um bald die staatliche Anerkennung zu erlangen.2

Das buddhistische Weltsystem ist rein indischen Ursprunges. Mit den beiden andern Systemen Indiens, dem brahmanischen und jainistischen, teilt es die Eigenschaft, daß die Erde eine Scheibe ist, die in der Mitte von dem Weltberg Meru beherrscht und ringsum

I Recht deutlich vermögen wir auf Pl. VI b auch das Material der beiden Quellen zu unterscheiden, die I,l TAO-YUAN um 500 n. Chr. miteinander vereinigt hat. Die einzigen Verbindungsstücke zwischen den Angaben des 2. und des S. Jahrhunderts bilden der Chu-mo-Fluß = Anavatapta-Fluß und der Ni-lo-ch` i-ti-Fluß. Sondern wir die auf den K`un-lun und Indien bezüglichen Angaben des 5. Jahrhunderts aus, dann haben wir immer noch ein zusammenhängendes Kartenbild, das uns bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. zurückführt. Dies mag die primäre Karte zum Shui-ching gewesen sein, während Li TAO-YUAN durch Angliederung der späteren Angaben nur eine sekundäre Karte herstellen konnte.

Die Tatsache, daß der Text zum Shui-ching nur aus einer Karte abgelesen ist, klärt uns auch über eine Frage auf, die AUREL STEIN nicht beantworten konnte (in seinem mir soeben zugänglichen Serindia, Detailed Report of Explorations in Central Asia and westernmost China, Oxford 1921, Vol. I, S. 325 f.). In einer chinesischen Beschreibung von Sha-chou (Tun-huang), die P. PELLIOT im Jahre 1908 entdeckt und kürzlich übersetzt hat (Journ. asiat., Janv.—Févr. 1916, S. II I ff.), ist aus der T` ang-Zeit ein Itinerar enthalten, das uns bis in die Gegenden südlich vom Lot-nor führt und dabei zeigt, daß die seit der Han-Zeit bekannten Orte I-hsün und Yii-ni (unter den T` ang = Steinstadt) mit den Ruinen von Miran und Charkhlik identisch sein müssen. Nun aber werden dieselben beiden Orte im Shui-dring-chu in umgekehrter Reihenfolge aufgezählt, und zwar I-hsün südlich von der Vereinigung des Ho (Tarim) mit dem Chü-no-Fluß (Cherchen-darya), während Yin-ni südlich vom Einfluß in den See liegen soll. STEIN ist daher im Zweifel, welcher von den beiden Orten Mirån und welcher Charkhlik ist. In Wirklichkeit hat das Itinerar aus der Tang-Zeit recht, da der Verfasser des Shui-ching seine Angaben nicht aus Beobachtungen, sondern nur aus der zugehörigen Karte entnommen hat, auf der die beiden Ortsnamen miteinander vertauscht sein müssen, so daß sie zufällig die angegebene Lage zum Tarim einnehmen.

2 Zur Einführung des Buddhismus in China vgl. besonders H. MASPERO, Le songe et l'ambassade de l'empereur Ming, étude critique des sources, Bull. de l'Ecole franç. d'Extrême-Orient, Vol. X 191o, S. 231. P. PELLIOT, Meou-tseu ou les doutes levés, Toung pao 192o, S. 311, 384 f.