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0215 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 215 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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MU-WANG UND HSI -WANG - MU.

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  1.  Das Tso-chuan über Mu-wangs Reisen. Man hat auf eine Stelle im 1'so(lillall , einem Geschichtswerk aus dem Ausgange der Chou-Zeit , verwiesen , wo für das Jahr 711 v. Chr. gesagt wird I :

Ehemals ließ sich Mu-WANG von seiner Leidenschaft verleiten, durch die Welt ('l'`ien-hsia umherzureisen, indem er überall die Radspuren seiner Wagen und die Fußstapfen seiner Rosse zurückließ.

Es wäre durchaus verfehlt, wenn wir hierin einen indirekten Hinweis auf eine Reise nach dem fernen Westen erblicken wollten. Denn, wie die vorhergehenden Abschnitte gezeigt haben, bedeutete zur Zeit der Chou der Begriff 7' iew-hsia »unter dem Himmel» nichts mehr als das Erdquadrat mit China und den nächstumliegenden Barbarenländern ; die Bambus-Annalen lassen erkennen, daß Mu - WANG die verschiedensten Teile seines Reiches — er ist auch in den südlichen Gebieten gewesen — zu Wagen bereist hat. Nach den damaligen Begriffen konnte also der König gewiß als Weltreisender bezeichnet werden, auch wenn er vielleicht niemals über die Grenzen seines Reiches hinausgekommen wäre.

  1.  Das Mu-tien-tzú-chuan. Hätten die chinesischen und europäischen Gelehrten ihre Kenntnisse lediglich aus den größeren Geschichtswerken geschöpft , es wäre wohl niemand auf den Einfall gekommen, das Reich des HSI-WANG-MU fernab nach Zentral- oder Vorderasien zu versetzen. Nur der abenteuerliche Bericht im 11711-t`ien-tz?l-clivan, »Denkwürdigkeiten über Mu, den Sohn des Himmels«, hat den Blick so weit nach Westen fort-gelenkt. Über die Entstehung dieses Werkes gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen verlegen es in das Zeitalter des MU-WANG selbst, andere auf Grund des Stils erst in das vierte oder dritte vorchristliche Jahrhundert. Nur so viel steht bisher fest, daß das Werk erst mit den Bambus-Annalen im Jahre 281 n. Chr. entdeckt wurde, als man das Grabmal des Wei - Fürsten öffnete ; darum ist es auch erst unter der Cliin -Dynastie (265-313 n. Chr.) herausgegeben worden. In einem späteren Vorwort vom Jahre 1350 n. Chr. lesen wir, daß der Herausgeber des 11111-t`ien-tzzi-chuan ein gewisser SUN Hsü war (f 289 n. Chr.); dieser teilte den Text in sechs Bücher ein und bemerkte in einer Vorrede, daß das Werk, obgleich es nicht zu den klassischen Schriften gehöre, nach seinem Stil sehr alt sei und ein sorgfältiges Studium verdiene.

Obgleich die abenteuerlichen Erzählungen, besonders über die Reise des Königs nach dem fernen Westen in ihrer Art einzig dastehen, hat es doch bisher an einer quellenkritischen Forschung gefehlt. Auch an dieser Stelle müssen wir uns mit wenigen Ergebnissen bescheiden, die aber schon wichtige Fragen klarstellen dürften.3

Zunächst ist zu betonen, daß der ü berlieferte Text nur einen kleinen Ausschnitt aus MU-WANGS Regierungszeit bringt, nämlich eine Art Tageschronik von insgesamt 1287 Tagen,

I Vgl. LEGGE, Chinese Classics V, 2, S. 641. Das Tso-chuan ist ursprünglich ein selbständiges Geschichtswerk; erst LIU-HSIN (Ende des 1. vorchristlichen Jahrhunderts) hat es als Kommentar mit dem Ch`un-c/i`iu, einem von Konfuzius herrührenden Lehrbuch der Staatsethik, verbunden; vgl. O. FRANKE, Das Problem des Tsch`unts`iu etc., 1. Teil; Mitt. d. Seminars f. Orient. Sprachen, Berlin 1918, Bd. XXI, No. 1, S. 41. Derselbe, Studien zur Geschichte des konfuzianischen Dogmas und der chinesischen Staatsreligion; Abhandlungen aus dem Gebiet der Auslandskunde, Bd. I, Reihe B, Bd. I, Hamburg 192o.

2 Benutzt wurde die Textausgabe im Tzti-shu-pai-chia - :   *, Bd. VII, H. 8o, sowie die Übersetzung
von E. J. EITEL, Muh-t`ien-tsze chuen, The China Review, Vol. XVII, 1888-89, S. 223-240, 247-258.

3 Während diese Zeilen gedruckt werden, kommt mir die neueste Abhandlung von L. DE SAUSSURE in die Hände: La relation des voyages du roi Mou (au Xe siècle avant J.--C.); Journ. asiat., I I. série, Tome XII 1921, S. 247 ff. Dort wird richtig festgestellt, daß das Mu-t`ien-tzei-rhuaii im wesentlichen als eine authentische Quelle zu betrachten ist. Daß aber die Hsi-wang-mu-Legende erst eine spätere Interpolation ist, hat der Verfasser noch nicht erkannt.