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0205 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 205 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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DAS ERH-YA ÜBER DEN K` UN - LUN. DAS WELTBILD DER TAOISTEN.

I

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3. KARTENVORLAGEN ZUM SHAN-HAI-CHING.

  1.  Das Weltbild der Taoisten. Als am Ende der Chou-Dynastie infolge der furcht-

baren Bürgerkriege das einst so mächtige Reich seiner Auflösung entgegenging, war keine Möglichkeit mehr vorhanden zu schöpferischen Leistungen in der Geographie. Zwar hörte man nicht auf, über das Wesen von Himmel und Erde, über die Urkräfte Yin und Yang-, tiefe Betrachtungen anzustellen, aber gerade die Hauptträger dieser Philosophie,

die Taoisten, verloren sich dabei in die wunderlichsten abergläubischen und mythologischen Vorstellungen ; hierfür sind besonders bezeichnend die Aussprüche des Philosophen LIEH-Tzú (um 35o v. Chr.), der die Dualtheorie der männlichen und weiblichen Urkraft heranzieht, um die Natur der Erde im Westen, in der Mitte und im Osten zu erklären.=

Gleichzeitig dringen von Indien her fremde Gedanken in das chinesische Geistesleben ein. Sie bringen die uralte Grundlehre von der Erde als Viereck ins Wanken. Ja, einige Denker wie Tsou YEN A , j (um 30o v. Chr.) setzen an Stelle des altchinesischen Weltbildes ein neues von riesenhaften Dimensionen. Anknüpfend an die indische Kosmologie von den sieben Weltinseln (Dvipas), erklärt er, China bilde nur den 81. Teil der gesamten Welt ; es sei rings vom Meere umschlossen, so daß zwischen ihm und den Nachbarinseln kein Verkehr stattfinden könne; die übrigen Weltteile seien ebenso vom Meere um-

r      geben und ihre Gesamtheit wieder von einem Ozean, der die Grenze der Welt darstelle.
Solche neuen Lehren, die einem konservativ denkenden Zeitgenossen geradezu ketzerisch dünken mußten, haben sehr stark nachgewirkt; das entnehmen wir auch aus einem Wort des Philosophen CHUANG-TZU (um 33o v. Chr.), welcher sagt, es verhalte sich die Erde zur Welt wie ein Haufen Steine zu einer großen Marsch und China zur Erde wie ein kleines Reiskorn zu einem großen Speicher.2

Aber es gelingt den neuen Geistesrichtungen nicht, ihren Ideen festere Formen zu geben, welche die alten Formen ersetzen könnten. Daher kommt es, daß die alte CliouKarte schließlich ihren Platz behauptet. Wie sehr sie aber gerade für den Westen durch überaus phantastische und abergläubische Vorstellungen verdunkelt wird, dafür haben wir im Shan-hal-ching, einer der wunderlichsten Geographien, welche die Welt hervorgebracht, das treffendste Beispiel.

  1.  Alter und Entstehung des Shan-hai-ching. Das ,Shan-hat-ching, »Der Klassiker der Berge und Meere», ist in der vorliegenden Textgestalt erst zur Han-Zeit redigiert worden. Über die Entstehung und das Alter der ersten Fassung gehen die Meinungen der chinesischen und europäischen Gelehrten weit auseinander. Die einen betrachten die bilderreiche, überschwengliche Schilderung als reine Phantasie, andere als eine wirkliche Geographie, die aus den Karten der Neun Dreafüße des Kaisers Yü abgeleitet sei und

= LIEH-TZ T sagt über die verschiedene Wertung von Wachen und Traum: »Im südlichen Winkel des Westpols ist ein Land. Man weiß nicht, wohin sich seine Grenzen erstrecken. Sein Name heißt Gu-Mzng-Reich. Dort kreuzen sich nicht die Kräfte des Trüben (Yang) und Lichten (Yin), darum gibt es nicht den Unterschied von Kälte und Wärme. Das Licht von Sonne und Mond scheint nicht, darum gibt es nicht den Unterschied von Tag und Nacht. Die Leute essen nicht und kleiden sich nicht, sondern schlafen meist. Alle fünfzig Tage wachen sie nur einmal auf. Sie halten das, was sie im Traum tun, für wirklich und das, was sie im Wachen sehen, für nichtig.» Darauf folgen entsprechende Betrachtungen über das Reich der Mitte inmitten der vier Meere und das Land im nördlichsten Winkel des Ostpolos (nach R. WILHELM, Liä-dsi, das wahre Buch vom quellenden Urgrund, Jena 1921, S. 33).

2 E. ERKES, Das Weltbild des Huai-nan-tze, Ostasiatische Zeitschr., Jahrg. V, S. 30.