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0144 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 144 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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andern Fällen auf den beschreibenden Verfasser zu übertragen; gleich löst sich alles als eine klar disponierte, in schlichten Worten gehaltene Landeskunde von China, von seinen neun Provinzen, seinen Bergen und Flüssen auf. Bei aller Knappheit ist die Beschreibung äußerst gehaltvoll und vermeidet jegliches legendäre Beiwerk.

DIE WEN-WANG-KARTE.

3. DIE DER REICHSGEOGRAPHIE ZUGRUNDELIEGENDEN KARTEN.

a) Die Ermittlung der Karten. Mit der Feststellung einer wirklichen Reichs

geographie, wie sie bereits F. v. RICHTHOFEN gelungen ist, dürfen wir uns nicht begnügen,

sondern wir haben den Inhalt auch daraufhin zu prüfen, was für Material dieser Landeskunde

vorgelegen haben mag; denn erst dann sind wir in der Lage, den Text in seiner wahren Bedeutung zu würdigen.

Wenn wir zunächst den zweiten Teil ins Auge fassen, der uns in großen Zügen ein durchaus zutreffendes Bild von der Lage der Berge und Flüsse des heutigen Nord- und Mittelchina gibt, so dürfen wir dabei niemals vergessen, über welchen ungeheuren Raum sich die Beschreibung erstreckt. Der Flächenraum kommt, auf hiesige Verhältnisse übertragen, etwa West- und Miííeleuropa gleich. Gesetzt den Fall, es tauchte bei uns plötzlich eine alte Geographie dieser Teile Europas auf, die in derselben großzügigen Weise wie

das Yü-kung die Lage der Berge und Flüsse angäbe : was würde ein unbefangener Leser   it

zur Entstehung dieser alten Beschreibung sagen? Niemand würde auf den Einfall kommen,   i

daß der unbekannte Verfasser eigens zu diesem Zweck alle Berge und Flüsse von den Pyrenäen bis zu den Karpathen, von der Rhônemündung bis zum Weichseldelta aufgesucht habe. Ebenso töricht wäre es, anzunehmen, daß er sich seine Arbeit direkt aus Schriften über einzelne Ländergebiete zusammengestellt habe; denn bei einem solchen Versuch würde er alle Übersicht verlieren. Vielmehr würde man es als ganz selbstverständlich betrachten, daß die Vorlage eine Übersichtskarte über das ganze Gebiet war, die der Verfasser selbst oder schon ein anderer entworfen hätte ; und das Material zu dieser Übersichtskarte wären wieder Karten über einzelne Ländergebiete gewesen, Spezialkarten, die aus Wegeverzeichnissen und andern Aufnahmen nach und nach herausgewachsen wären. Ohne solche Voraussetzungen wäre die Entstehung jener alten Länderübersicht ganz undenkbar.

Denselben Maßstab haben wir an die altchinesische Beschreibung- der Berge und Flüsse anzulegen. Denn da sie gewissermaßen eine physikalische Übersicht von Altchina in seiner Größe von West- und Mitteleuropa bietet, so kann auch sie nichts anderes sein, als eine in Worten aufgelöste Übersichtskarte, die ihrerseits wieder aus Spezialkarten, in diesem Falle aus Karlen der neun Provinzen, entstanden sein muß. Nun wird uns zugleich klar, was der Verfasser eigentlich meint, wenn er zu uns sagt : »Wir gehen diesem Gebirge oder Fluß nach». Es ist, als wenn er uns alle diese Angaben auf einer Karte zeigen will. Besonders an einer Stelle verrät er, daß er sie nicht etwa aus Mitteilungen geschöpft hat. »Wir verfolgen den Lauf des ,Schwarzwassers; er fließt bis San-wei und tritt in das Siidnzeer ein» —, so heißt es über den westlichen Grenzfluß der Provinzen Yung und Liang, ohne daß in der Provinzbeschreibung über seinen weiteren Lauf etwas gesagt wäre. Den Zusatz

über seinen Eintritt in das Südmeer verstehen wir erst dann richtig, wenn wir aus dem   o

letzten Teil, der die Ausdehnung Chinas nach den vier Himmelsrichtungen hin andeutet,   ì'

die Angaben von den vier Meeren heranziehen. Da offenbart sich also das altchinesische Erdbild, nämlich das von vier Meeren umgebene Quadrat oder Rechteck, an dessen Westrande südwärts das Schwarzwasser dem Siidmeere zufließt. Wir werden nachher sehen, daß die Chinesen in dieser Zeit das Südmeer niemals gekannt haben, und daß das

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