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0294 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 294 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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DIE BLÜTEZEIT DER CHINESISCHEN KARTOGRAPHIE DES MITTELALTERS.

Ebenso dürftig sind die Zusätze aus dem Tang-shu (618-906 n. Chr.); nur eine längere Bemerkung über die äußersten Nordvölker, die Ku-li-kan (Kurikan) an der Selenga und

die Liu-kuei (?)1, sonst aber nur ein kurzer Hinweis auf die T ` u-chüeh (Türken) und r u fan (Tibeter). Das auffälligste aber ist, daß es in der Karte heißt, das Land nördlich von den

Su-shen sei unbekannt, während es das Tang-shu als Wohnsitz der Shih-wei kennt.

Die letzten Zusätze scheinen von dem Herausgeber Hu WEI (1701 n. Chr.) herzurühren ; denn die zur Identifizierung herangezogenen Namen An-nan (Annam), Yiinnan, Mien-tien (Birma) und lila pen (Japan) sind teilweise so neuzeitlich, daß kaum ein älterer Gewährsmann in Betracht kommen kann.

  1.  Alter und Herkunft der Originalkarte. Wenn wir die eben angeführten Zusätze ausscheiden, dann bleibt ein Kartenbild zurück, das bereits dem Altertum angehört; denn es muß ja älter sein als das Hou Han-shu, das in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. herausgegeben ist. Nun besitzt die Karte noch ganz besondere Merkmale: ein Quadratnetz , das von Osten nach Westen 3o 000 ii umfaßt, und die Verbindung der

Angaben des Yii-kung mit denen der älferen Ilan-Annalen. Diesen Anforderungen wird nur das sonst verlorene Yü-kung-i yii-iu des Ministers FEI Hsiu gerecht (267 n. Chr.); denn genau dieselben Eigenschaften haben wir aus den wenigen Bruchstücken erschlossen, die über sein Kartenwerk erhalten sind (s. oben S. 227 f.). Sicherlich ist es auch kein Zufall, daß dort der Maßstab genau zehnmal so groß ist wie der Maßstab der überlieferten Karte ; vermutlich ist diese ursprünglich eine Übersichtskarte, die FEI Hsiu seiner sechzehnblättrigen Yü-kung-Karte vorangeschickt haben muß.

Aber wir würden zu weit gehen, wenn wir behaupten wollten, die überlieferte Karte sei in jeder Hinsicht eine getreue Nachbildung des Originals. Wie bei anderen chinesischen Karten müssen wir auch hier damit rechnen, daß die Abschreiber die Küstenumrisse und politischen Grenzlinien immer mehr schematisiert, dieses oder jenes Ortszeichen aus seiner ursprünglichen Lage verschoben haben. Aber solche Eingriffe werden an den Grundzügen des ersten Kartenbildes nichts haben ändern können. Insofern darf die Erdkarte, die Hu WEI im Jahre 1701 wieder herausgegeben hat, als die älteste überlieferte Karte der Chinesen betrachtet werden.

  1.  Historische Bedeutung. So unvollkommen auch die Karte ist, die Hu WEI aus dem verlorenen Werk des Kartographen FEI Hsiu gerettet hat, bietet sie uns doch schon wichtige Anhaltspunkte für die Frage, welche Stellung ihre älteste Vorlage in der chinesischen Kartographie eingenommen haben dürfte ; vor allem zeigt sie uns, daß sie Jahrhunderte hindurch für jede weitere Erforschung der Westländer grundlegend geblieben ist.

Ihr Einfluß macht sich, wie es scheint, schon im Wei-Hsiyii-t`u geltend (551-554 n. Chr.).3 Denn hier wiederholen sich alle wichtigeren Orts- und Ländernamen der Han-Annalen; entweder werden sie ganz beibehalten oder mit neueren, inzwischen erkundeten Namen identifiziert. Wir haben bereits S. 23of. davor gewarnt, solche Identifizierungen

I Die Bemerkung oben am Rande der Karte (PI. VI A) lautet:

Das Tang-slic sagt: »Was die Stämme der Pu-chi?eh (Türken) betrifft, so ist nördlich vom Nordmeer das Reich der Ku-li-kan; es befindet sich am Nordufer des Meeres. Auch ist dort das Reich Liu-kuei. Es ist von der (chinesischen) Hauptstadt 15000 li entfernt und grenzt an das Nordmeer. Dieses Nordmeer liegt näher als das Westmeer; aber seit alters ist niemand bis in diese Gegend vorgedrungen.»

2 Über die Shih-zc'ci siehe CHAVANNES, Bull. de l'Ecole franç. d'Extrême-Orient, III 1903, S. 225, Anm. 3,

3 s, oben S. 229ff. und Pl. V.