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0285 Southern Tibet : vol.8
Southern Tibet : vol.8 / Page 285 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000263
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DIE ERDE NACH DER BUDDHISTISCHEN KOSMMOGRAPHIE.

245

von Meer umflossen wird; auch die Namen der vier Weltteile — 7ambúclvipa im Süden, Uttarakuru im Norden, Aparagoyàna im Westen und Pürvavideha im Osten — erinnern an das indische Urbild.

Aber nur die ältesten Schriften des Buddhismus halten an dieser allgemeinen Form fest. In den meisten Beschreibungen finden wir das System umgebildet. Die Anordnung ist eine ganz andere geworden. Der .Meru liegt als Weltzentrum nicht mehr inmitten der alten Erdscheibe, sondern erscheint völlig herausgedrängt. Phantastische Buddhisten haben sich das Gesamtbild in der Weise ausgemalt, daß unzählige Merus besondere Weltsysteme beherrschen, indem sie abwechselnd von sieben Ringgebirgen und sieben Ringmeeren umgeben sind, während erst darüber hinaus in der Richtung der vier Weltgegenden vier Welt-Eilande liegen. In dem System, dem die Menschheit angehört, haben die vier Welt-Eilande ihre alten Namen beibehalten, die sie ehemals als Teile einer einzigen Erdscheibe geführt haben. Der Wohnsitz der Menschen beschränkt sich jetzt allein auf 7ambudvipa, das den südlichen Weltteil bildet.'

Was war nun die Ursache davon, daß die indischen Buddhisten bald den Meru aus der Erdscheibe nordwärts hinaussetzten und dadurch die vier Teile der Erde zersprengten, so daß sie voneinander durch die Salzflut, vom Meru durch besondere Ringgebirge getrennt wurden? Sicherlich war es die Erkenntnis, daß die alten Vorstellungen vor den neuen Entdeckungen im Norden Indiens nicht mehr bestehen konnten. Solange der Gesichtskreis der Buddhisten auf Indien beschränkt blieb, konnte man an dem brahmanischen Glauben festhalten, daß der Meru gleich hinter dem Himalaya emporragen solle, während darüber hinaus das selige Volk der Kuru wohne. Aber als die eifrige Propaganda kühne Missionare nach den Oxusländern, nach Ostturkisfan und China geführt hatte, war man genötigt, die Weltansicht der Vorfahren zu verbessern und umzuformen. An Stelle der glücklichen Kuru fand man im Norden wilde Nomadenstämme oder kleine Oasenvölker vor; ebenso ergab sich aus der Beobachtung der Gestirne, daß der Meru keineswegs im tibetischen Hochlande, sondern weit im Norden liegen müsse. Diese Beobachtungen müssen also dazu geführt haben, jambjdvipa von dem Zentralberg und den drei andern Weltteilen völlig loszulösen.2

Seitdem das mythische Beiwerk von Jambúdvipa entfernt war, konnte sich um so eher die Möglichkeit bieten, die buddhistische Oikumene kartographisch darzustellen. Der Süden entfiel auf das Stammland BUDDHAS, die andern Teile auf die ausgedehnten

Missionsgebiete vom Oxus bis nach China hinein. Das einzige mythische Element bestand darin, daß für den ausgeschiedenen Meru ein anderes Objekt in den Mittelpunkt gestellt

wurde; aber dieses war ganz der Wirklichkeit entnommen. Entweder war es der Himavat oder der heiligste aller Seen, der Anavatapta, der uns sonst als Manasarovar bekannt ist. Diese berühmte Wallfahrtsstätte galt als der Ursprung der Ströme, die in den verschiedensten Richtungen die ganze Erde durchfließen. So war denn das Schema festumrissen, nach welchem sich ein Buddhist seine Erde einzeichnen konnte.

r

b) Die Erde nach der Kosmographie des chinesischen Buddhismus. Es wäre eine besondere Aufgabe, zu verfolgen, in welchem Grade die chinesische Kosmographie

I Näheres bei W. KIRFEL, Die Kosmographie der Inder nach S. II*, 178 ff.

2 Diese Begründung habe ich zum erstenmal in meinem Quellen der indischen Ströme, zu SVEN HEDINS neuestem Tibetwerk, wo auch weitere Literatur angegeben ist.

den Quellen dargestellt, Bonn u. Leipzig 1920,

Aufsatz gebracht: Der Manasarovar und die Zeitschr. d. Ges. f. Erdk., Berlin 192o, S. 2o4ff.,