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0172 Iranische Felsreliefs : vol.1
Iranische Felsreliefs : vol.1 / Page 172 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000244
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befangen war. Man bedenke auch, wann in der griechischen Kunst das Porträt auftritt. Wenn das Relief von Pasargadae also einen Typus repräsentiert, so wird sein historischer Wert um so höher.

„La figure de Cyrus n'est point une création de fantaisie empruntée à quelque mythe incomprie; nous n'avons pas besoin de relever les erreurs dans lesquelles an était tombé lorsqu'on voulait jadis inter-prêter cette image dont an faisait un Ized ou un Férouër (Creuzer, trad. Guignant tome Ier, TIc part, pag. 724 et la note loco). Il faut y voir un portrait analogue à ceux, qu'on rencontre à Ninive ou à Calach, mais auquel le sculpteur a donné les attributs de la divinité. C'est le seul prince achéménide qui ait été représenté de la sorte." — So schreibt Menant (Rech. s. 1. glypt. or. II, pag. 159/60). Das Pathos des Satzes täuscht nicht über den inneren Widerspruch, in dem er zu dem Nachsatze steht, hinweg. Und mag man den Begriff Porträt noch so sehr einschränken, weder in Ninive noch Calach noch Persepolis finden wir Porträts. Wir müssen zu den alten Irrtümern zurückkehren, und wenn man auch keinen Ized oder Ferwer in dem Relief wird erblicken wollen, so begnügen wir uns mit Moriers altem, aber ganz gutem Urteil: "there is still enough to show, that the subject is allegorical."

Auf diesem Fundamente läßt sich die Frage nach der näheren Bedeutung aufwerfen. Ein Gott ist die Figur nicht, denn die alten Perser stellten keine Götter dar (Herod. I, 131), den Auramazda nur im Symbol. Auch widerspricht dem bis zu gewissem Grade, daß die assyrisch-babylonische Kunst, aus welcher sich der Gegenstand doch schließlich herleitet, Götter nicht geflügelt darstellt. Die Gestalt ist ein Genius. Auch die Assyrer — nicht die Babylonier — stellen in ihren Toren stets einen viergeflügelten Genius dar, der in der gesenkten Linken einen Weihwasserkessel hält, während er mit der Rechten aus einem Aspergillum' ) in Form eines Pinienzapfens Weihwasser auf die Schwelle sprenge). Wo diese Figur nicht in den Türlaibungen dargestellt ist — so z. B. auch in Babylon —, findet sie sich als Statuette unter der Schwelle. Derselbe Genius findet sich häufig symmetrisch verdoppelt vor einem baumartigen Gebilde, und man hat in dieser wappenartigen Form eine Darstellung des Befruchtens der Dattelpalmen erkennen wollen. Das ist falsch. Diese Verwendung ist sekundär und rein dekorativ. Die primäre Bedeutung der Genien ist die, die Schwellen durch Besprengung mit geweihtem Wasser für böse Geister unüberschreitbar zu machen, wofür sich aus der assyrischen Beschwörungsliteratur viele Belege zitieren lassen. In dieser Bedeutung knüpft eine lange Tradition an jene Genien an, bis in die moderne christliche Kunst hinein.

Eine verwandte Bedeutung hat auch das Türlaibungsrelief von Murghäb. Sein Ort und seine Geste zeigen das: der Genius steht an der Schwelle und spricht feierlich, nämlich einen Segen über die Schwelle oder eine Beschwörung gegen „die böse Schar".

Ergibt sich also wohl eine inhaltliche Beziehung zu den assyrischen Genien, so ist doch wieder ein unmittelbarer formaler Zusammenhang ausgeschlossen. Und doch ist gerade das Charakteristische, daß es sich in diesem Falle, wie bei den nun schon zahlreichen anderen, nur um Beziehungen zu Assyrien, nicht zu Babylonien handelt. Die Bedeutung dieses Unterschiedes habe ich bei der Entwickelung des Torhütermotives erörtert. — Der Genius von Pasargadae ist nicht, wie es in Assyrien ausschließlich der Fall ist, ein Weihwassersprenger; seine Gesichtsbildung, Haartracht, Kleidung und Kopfputz sind un-assyrisch. Der Oberkörper — das ist ein sehr bemerkenswerter Unterschied — ist bei den assyrischen Genien stets in Vorderansicht, hier in strengem Profil dargestellt.

So gering nun das Material ist, welches die Herkunft dieses Typus erläutern kann, so genügt es doch gerade, um einen Aufschluß über den kunsthistorischen Zusammenhang zu geben. Die vorderasiatische

') Vgl. Thompson, Pr. S. B. A. XXVIII, 14. Febr. 1906, pag. 84. — M. d. D. A. I. Athen 1899. XXIV, pag. 339, R. Zahn, 'Ober die Midasvase u. ähnl. ,Heber'. — Dr. Vogue, Mélanges d'arch. orient. Bd. III. l'eponge américaine.

') Daß es der Zapfen einer Pinie ist, soll nicht betont werden. Diese richtige Anschauung hat wohl zuerst Bonavia in den Transactions of the 9th intern. Congress of Orientalists II. 1893, pag. 2S7 ausgeführt. Vgl. über den St. Michael und die ,Artischoke' Jos. Strzygowski, Der Dom zu Aachen, Leipzig 1904 und Röm. Mitt. 1904. — Die gegenteilige Ansicht noch: Mitt. d. D. Or. Ges. 31, 1906. Mai. pag. 23, Abb. 6.