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0015 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 15 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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OCR読み取り結果

 

Die Erinnerung ist das einzige Paradies,

woraus wir nicht vertrieben werden können.

Jean Paul.

I.

Landeinwärts.

Am 28. Januar 1905, draußen vor Schanghai auf der Wusung-Reede, war es windig und grau, als ich meinen bisherigen Reisegefährten, Herrn und Frau

Filchner, ein letztes Lebewohl zurief. Mehr als ein volles Jahr hatten wir gemeinsam gar mancher Schwierigkeit getrotzt , hatten aber auch gar manche Forscherarbeit im Westen des chinesischen Reiches und im östlichen Tibet geleistet ; nun mußte der damalige Leutnant Filchner als aktiver Offizier eilen, um mit Ablauf seines anderthalbjährigen Urlaubs wieder zu Hause zu sein.

Allein, ohne einen einzigen näheren Bekannten, war ich da draußen im fernen Ostasien zurückgeblieben. Und als der gewaltige Koloß des kanadischen

Dampfers mir die Landsleute von meiner Seite hinweg- und auf den Pacifique

hinaustrug, als sodann der Tender, mühsam mit den Wogen kämpfend, mich an die Küste zurückbrachte, war ich noch keineswegs entschieden, was ich weiter

beginnen würde. Kann ich denn noch einmal auf die Annehmlichkeiten modernen

Komforts und europäischer Sicherheit verzichten, noch einmal und allein landeinwärts ziehen, wo mittelalterliche Barbarei und schlechte Verkehrs-

mittel die so schon abgelegenen Länder doppelt heimatfern machen ? Soll

ich mich ein zweites Mal Abenteuern aussetzen, wie sie nur zu häufig während der eben zu Ende geführten gemeinsamen Reise vorgekommen waren ? Sollte

ich neue Forscherarbeit leisten können, vermochte ich vielleicht gar für den deutschen Namen ein Lorbeerblatt bei der Erforschung unseres Erdballes zu erringen ? Oder soll ich ruhig und friedlich heimziehen, um bald in einem Heimatstädtchen einen Schild auszuhängen : Dr. med. Tafel, praktischer Arzt und Geburtshelfer?

Von der Wusung-Reede den Fluß hinauf fuhren wir mit dem Tender anderthalb Stunden, und als ich in meinem Hotel ankam, fand ich Briefe vor von

meinem unvergeßlichen Lehrer, Geheimrat Ferdinand Freiherrn v. Richthofen. Neben mancherlei Ratschlägen enthielten diese auch direkte Wünsche von ihm, dem größten deutschen Geographen, dem Meister der ostasiatischen Landeskunde. Nein ! Wenn ein solcher Meister mir Vertrauen schenkte, so konnte ich nicht zaudern, so mußte ich es noch einmal wagen.

Schanghai, als die wichtigste, noch 1905 fast einzige Tür, durch welche fremdländische Erzeugnisse und Ideen in das Innere des chinesischen Riesen-

reiches gelangen, als Ausgangspunkt für die vielen tausend Missionsstationen

und -schulen, war natürlich auch für mich der Platz, das in meiner Ausrüstung noch Fehlende zu ergänzen. Rasch wurden die Hunderte von Gegenständen

beschafft, die wir Europäer bei unseren Reisen eben nicht entbehren können und die nur mit größter Mühe oder gar nicht mehr zu bekommen sind, wenn wir, einmal im Innern Chinas, etwas davon verbraucht oder gar vergessen haben.