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0026 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 26 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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  • Y

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liegen". Die Geduld ward eben auf die „chinesische Probe" gestellt. Dazu war

es gar manches Mal in meinem dünnen Bretter- und Glashäuschen, wo Alter

und chinesische Ungenauigkeit Ritzen genug für eine nur zu ausgiebige Venti-

lation gelassen hatten, sehr ungemütlich naßkalt. So kam ich erst am 16. März,

und dazu mit einer schmerzhaften Mittelohrentzündung, in Fan tsch`eng an.

Es ist dies eine kleine, betriebsame Handelsstadt auf dem linken Han-Ufer.

Ihr gegenüber auf der rechten Seite des Flusses liegt die Stadt Hsiang yang fu,

der damalige Sitz eines Dao tai, eines Präfekten und Unterpräfekten, und vor

allem des Ti tai, des Generalissimus der Provinz Hu pe.

Hsiang yang fu ist heute ein ruhiges, vornehmes Städtchen von etwa 25 000

(nach chinesischen Angaben allerdings 40 000) Einwohnern und macht mit

seiner starken Stadtmauer, seinen gepflasterten Straßen für eine Chinesen-

stadt einen sehr sauberen Eindruck. In der Geschichte spielte die Stadt öfters

eine große Rolle. Selbst mein Bootsmann wußte, daß einst der General Liu Yü,

der als Kaiser der neubegründeten Sung-Dynastie (420-479 n. Chr.) sich Wu ti

nannte, hier sein Hoflager hatte. Er wußte auch von dem riesigen Damm,

mit dem ein späterer Kaiser Wu ti (516) zur Unterwerfung der Stadt den Fluß

aufstauen ließ, der aber, als die Stadt schon beinahe überflutet wurde, doch

noch riß und nicht den Belagerten, sondern allen Belagerern den Tod brachte.

Er wußte auch von den Mongolen Kublai's, die nach vierjähriger Belagerung

(1270) besondere Schleudermaschinen von weither 1) schleppten, um die starken

Mauern zu zertrümmern. Auch die chinesischen Frauen kommen hier zu ihrem

Recht. Mir wurde ein Turm an der Südwestecke der Stadt als eine Bastion

bezeichnet, die einst von Frauen errichtet worden war 2).

An frohe Tage der Stadt erinnert noch heute ein großes Schild am West-

tor, auf dem die Worte zu lesen sind : „Aus dem Westen kommt gute Kunde."

Diese Inschrift war angebracht worden, als man von der Angst über den Aus-

gang einer militärischen Expedition nach der Provinz Se tschuan befreit wurde.

Jetzt ist dieser Grund beinahe vergessen, und die „Gute - Kunde - Kirche",

wie wörtlich übersetzt eine der größten protestantischen Missionen in China

sich nennt, hat ein Haus daneben und predigt dort die „Gute Kunde", die

Religion des Abendlandes.

Auch in Fan tsch`eng, drüben am linken Ufer, ist es heute ruhig geworden.

„Wie viel Pfandhäuser hat der Ort?" frägt jeder Chinese, wenn er rasch die

Bedeutung einer Stadt erfahren will. Für Fan tsch`eng lautet die Antwort:

„Heute nur noch zwei." Ich schätze den Ort auf 30 000, höchstens 35 000 Ein-

wohner; die Mandarine freilich behaupten, er habe 70 000, da für 10 000 Haus-

türen Steuer bezahlt werde. Vielleicht waren es früher so viele, denn v. Richt-

}

  1. Angeblich von Persien, De Mailla, Histoire de la Chine, 1779, Bd. IX, S. 319 ff., und Boulger, History of China, 1898, Bd. I, S. 334 ff. Die Chinesen müssen sich bei dieser Verteidigung ganz besonders tüchtig gezeigt haben. Sie erlagen nur, da die Maschinen, die anderthalb Zentner schwere Steine schleudern konnten, ihre Mauern zertrümmerten. Nach Marco Polo (bearb. von Lemke, Kap. 62) waren es die Brüder Nicolo und Maffio Polo, welche diese Maschinen konstruierten.

  2. Es ist dies aber wohl kaum derselbe Turm, von dem Wieger in Rudiments, Textes historiques Bd. II, S. 1163 berichtet, und der während der im Jahre 378 zwischen den Tsin- und Ts'in-Fürsten stattfindenden Kämpfen um die Vorherrschaft von Hâncheu, der Mutter des Gouverneurs, erbaut wurde. Nach Wieger zählt übrigens die chinesische Geschichte mehr als zwanzig heroische Frauen auf.

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