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0343 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 343 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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seinem Schwiegervater für seine Braut zu zahlen hatte, durch den Gehalt, den

ich ihm gab, wettzumachen.

Wir ritten von der Stadt aus nach Westen, querten erst ein breites Fluß-

bett, das von Süden herkommt, und bogen dann bei einem zerstörten Block-

haus, einem „Ba ka", wie man hierzulande sagt, in eine große wilde Schlucht

ein. Es war ein köstliches Reiten. Seit vielen Monaten war es das erste Mal,

daß ich nicht ständig die Schritte meines Reittieres zählte, nicht fortwährend

die Kompaßrichtung aufschrieb, die Berggipfel anpeilte, Aneroidablesungen

machte. Heute ritten wir dazu viel zu rasch.

Mit dem Yakkauf wollte ich noch eine wichtige Probe verbinden : ich wollte

wissen, wie sich mein Inkognito mache. Ich trug jetzt tibetisches Kostüm,

war glattrasiert, hatte Gesicht und Hals braun gefärbt und auf dem Haupt

eine Perücke mit einem Zopf, den ich nach Landessitte um den Kopf gewickelt

und halb von einer mächtigen Fuchspelzmütze verdeckt trug. Es war diese

Verkleidung eine Bedingung meiner Begleiter, denn, sagten sie, wenn wir

Chinesen in die Steppen ziehen , kleiden wir uns j a auch immer wie die

Fan tse.

Bei einem alten Klosterabte, der an der Spitze einer etwa dreißigköpfigen

Klostergemeinde stand, machten wir eine Frühstückspause. Ein klug aus-

sehender rundlicher Herr, in dunkelrotem Gewand wie die übrigen Priester,

empfing uns und nahm mit herablassender Gebärde ein Geschenk an, bestehend

aus einem Khádar und zwei Messern, gab uns dafür seinen Segen durch Hand-

auflegen und ließ uns Tee reichen.

Mit diesem Klosterabte hatte es seine ganz besondere Bewandtnis. Er galt

landauf landab für eine Heiligeninkarnation, und zwar war er auf folgende Weise

dazugekommen. Als sein Vorgänger im Amte, ein frommer und gelehrter

Theologe, vor etwa dreißig Jahren starb, war er ein jung ordinierter Mönch,

der von dem Kloster in eine kleine Filiale als erster Seelenbesorger — er hatte

sich schon durch seine Kenntnisse einen gewissen Namen gemacht — zu einer

Bestattungsfeierlichkeit, der Beruhigung der Seele eines Abgeschiedenen, ab-

gesandt worden war. Mitten in den Gebetsübungen brach der junge Mönch

plötzlich bewußtlos zusammen, und als er wieder zu sich kam, redete er viel

klüger wie zuvor, wußte um die intimsten Klosterangelegenheiten und erklärte,

er sei nicht mehr der frühere Mönch, sondern in seinen Körper sei j etzt die Seele

des alten Abtes gefahren. Kurz darauf kam die Nachricht, der frühere Kloster-

abt sei eines plötzlichen Todes gestorben. Da gab es keinen Zweifel mehr, die

übrigen Mönche und das Volk fielen vor ihm nieder und begrüßten ihn als

Wiedergeborenen, als Heiligen, und seither sitzt der Schlaukopf als Gott in

seinem Tempel und besucht jedes Frühjahr, wenn es warm wird, die umliegenden

Tibeterhorden in ihren Zelten und läßt sich seinen klugen Einfall reichlich mit

„bu se", mit Zehnten, mit Schafen und Ochsen, bezahlen. Und nicht bloß er,

sondern auch das ganze Kloster Dschomo gomba (Dia mo se) erfreut sich seit-

her großen Zulaufes und Reichtums. Nur ein Kloster mit einer Inkarnation

rentiert sich eben in Tibet.

Nach dem Frühstück bei dem Abte ging es steil den kahlen Talhang hinauf,

und nachdem wir noch eine zweite Schlucht gequert hatten, waren wir bald,

nach Westen reitend, auf eine wellige Terrassenoberfläche gekommen. Nicht

10 km von unserem Wege floß der Hoang ho. Man konnte den Lauf seiner

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