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0025 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 25 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Diesem „Volk", dem „ming", standen von jeher die „Soldaten", die „tschün", gegenüber 1).

Hier in den am Han-Fluß gelegenen Präfekturen der Provinz Hu pe [spr.: Hu be, zu deutsch „vom (Tung ting-)See nördlich"] hatte sich dieser viele Jahrhunderte alte Unterschied noch wenig ausgeglichen. Zwar wurde die Soldatenklasse, die Tschün, längst nicht mehr zu Kriegsdiensten herangezogen, sie waren wie das eigentliche Volk Studierte, Bauern, Handwerker und Kaufleute geworden, aber sie hielten doch noch zäh an besonderen Vorrechten fest, so zum Beispiel daran, daß nur sie doppelflüglige Haustüren haben durften, und vor allem daran, daß ihre Acker zu größeren Morgen, mou genannt, ausgemessen waren als die des eigentlichen Volkes (und zwar in dem Größenverhältnis 1,4 : 1), und daß sie für diese keine Grundsteuer bezahlen mußten. Freilich besaßen sie auch für ihre Güter keine richtigen Urkunden und konnten sie darum nicht verkaufen 2). Ihre einzigen Abgaben waren verschwindend kleine Ablösungssummen, die sie als Ersatz für früher ganz von ihnen gestellte Kriegs- und später von Reistransportdschunken an besondere Beamte bezahlen mußten. Als weiterer Unterschied wurde mir auch hervorgehoben, daß die Tschün den sogenannten kleinen Jahreswechsel, d. h. das Verbrennen des Küchengottes, Ts`ao ye3), um einen Tag später als die übrigen Chinesen besorgen.

Schon oft waren nun von der Provinzialbehörde Dekrete ausgegeben worden, die den Unterschied aufheben sollten, aber es war nicht gelungen, dem alten Zustand in den Han-Präfekturen ein Ende zu machen. Die Tschiin wollten eben für ihre Acker keine Urkunden kaufen und bezahlten auch weiter so gut wie keine Steuern. Umsonst lieB der Vizekönig wieder und wieder mahnen. Keiner der Unterpräfekten (hsien), in deren Gebiet die Anderung vor sich gehen sollte, getraute sich, die alten Vorrechte anzutasten.

Nun endlich waren drei Unterpräfekten übereingekommen, das gleiche Recht für alle durchzusetzen. Der von Yi tsch`eng hsien ließ sogar mit der Vermessung der TschünAcker beginnen, und die Antwort war, daß 15 000 Tschün-Leute die Stadt Yi tsch`eng hsien im Januar 1905 belagerten und das Amtsgebäude verbrannten. Von der Präfekturstadt Hsiang yang fu , ja von der Provinzialstadt Wu tschang fu mußten Soldaten den bedrängten Beamten zu Hilfe gesandt werden. Es kam zu einem Gefecht, in dem die schlechter bewaffneten Tschün-Leute geschlagen und mehrere Bauern erschossen wurden. Der Unterpräfekt von Yi tsch`eng hsien aber wurde abgesetzt, denn ein chinesischer Beamter ist dem Kaiser gegenüber dafür verantwortlich, daß in seinem Bezirk stets Ruhe und Friede herrscht. Wäre er nicht der Sohn eines reichen Geschlechts gewesen, so hätte er sicher auch seinen Rang verloren. Da er aber den Feldzug aus eigener Tasche mit etwa 40 000 Mark bar bezahlen konnte, so verlor er einstweilen nur das Amt, nicht die Würde.

Sein Nachfolger verlangte keine Urkundensportel von den Tschiin-Leuten und tastete auch die Größe ihrer Mou-Morgen nicht an. Nur so viel hatte man mit Hilfe des Soldatenaufgebotes bei den Vorständen der Tschün erreicht, daß von jetzt an in diesem Bezirk für jeden Morgen Tschün-Landes ebenso viel Steuer zu bezahlen sei, wie die Ming-Bauern für ihre Morgen schon lange bezahlen mußten, und so war rasch wieder Ruhe eingetreten.

Was mich bei diesem Handel noch besonders überraschte, war die gleichgültige Haltung der Ming-Leute des Bezirks. Vberall wurde wohl darüber gesprochen, aber die Ming-Leute machten nur die Zuschauer. Sie erkannten die Rechte der Tschün vollkommen an, weil sie durch ihr Alter geheiligt waren. Die rasche Unterdrückung des Aufstandes brachte die Sache in den anderen Bezirken auch nicht weiter. Die übrigen Unterpräfekten hüteten sich wohl, in ihren Bezirken eine bewaffnete Auflehnung heraufzubeschwören.

In meinem Tagebuche heißt es weiterhin oft: „es regnet heute, bleiben liegen", „zu starker Gegenwind, bleiben liegen", „eingeschneit heute, bleiben

  1. Nicht zu verwechseln mit den Bannertruppen der Mandschu, einer erst seit dem 17. Jahrhundert bestehenden Einrichtung.

  2. Siehe hierfür auch Franke, Die Rechtsverhältnisse am Grundeigentum in China, Leipzig 1903, S. 26.

  3. Siehe S. 207, Anm. 1.

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