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0392 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 392 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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so leicht wie die Einhufer wegzutreiben sind, wurden in einem doppelten Kreis um die Pferde herum festgemacht. Die Lasten lagen an einem Punkt an der

Außenseite wie eine kleine Burg, wir Menschen aber schliefen noch weiter

draußen an sechs Stellen rings um das Lager herum verteilt. So honte ich am ehesten vor Diebereien und Räubereien geschützt zu sein. Ich selbst hatte eine

große Filzdecke als Unterlage auf dem Boden und einen zweiten dünneren Filz,

der meinen ganzen Körper bedeckte, als wasserdichten Schutz auf mir. Meine Silberbarren, in zwei Kisten verpackt, steckten unter meiner Bettunterlage

im Boden. Mein Kopf aber lag auf meinem tibetischen Bocksattel, so daß ich

bei jedem verdächtigen Geräusch aufwachen mußte. Was wir Europäer unter angenehmer Nachtruhe verstehen, kennt selbstredend die Tibetersteppe nicht.

Alle Augenblicke kläfft einer der Köter. Das leise Stöhnen eines großen Wieder-

käuers, das Rasseln einer Kette schreckt ihn und bringt ihn zum Anschlagen.

Wenn die Wache ihr schauriges „Schschau ! schau ! schau !" in die Nacht hinaus-

ruft, wird es allen Hunden zu gleicher Zeit unheimlich zumute und es verstärkt

sich das grundlose Gekläff. Es lernt sich aber erstaunlich rasch, nur dann auf-

zuwachen, wenn das Bellen wirklich ernsthaft klingt. Wenn dann Wölfe in dem fahlen Mondlicht herumschlichen, drehten wir uns rasch auf die andere Seite und schliefen beruhigt weiter. In der Tibetersteppe ist allein der Mensch eine Gefahr für den Menschen.

Auch im Lager 15 stellte sich ein kleines Rudel Wölfe ein, als es dunkel geworden und das Lager zur Ruhe gekommen war. Das Mondlicht schien so hell, daß man die Tiere bis auf 300 m noch erkennen konnte. Acht Stück umkreisten uns diesmal. Wehmütig wimmernd schnupperten sie mit hochgehobenen Nasen. Auf dem grasarmen Boden waren sie in ihrer ganzen Größe zu sehen. Sowie sie Miene machten, sich dem Lager zu nähern, fuhren meine Hunde mit rasendem Gebell auf die Ruhestörer los und beide Gegner standen dann eine lange Weile zähnefletschend einander gegenüber. Beide, Hunde wie Wölfe, waren keine Helden. Die Hunde zeigten nur Mut, wenn ein Mann mit ihnen ging, entfernten sich aber auch dann nur widerwillig bis zu 100 m vom Lager. Die Wölfe ihrerseits suchten bloß wie Diebe zu uns heranzukommen; wenn sie einen von uns Menschen zu Gesicht bekamen, stoben sie alsbald scheu auseinander und rannten auf und davon. Es war mir dabei nicht möglich, zum Schuß zu kommen.

In dieser Nacht ging das Thermometer bis — 6 ° zurück. Die größte Abkühlung trat wie gewöhnlich kurz vor Sonnenaufgang ein. Um sechs Uhr in der Frühe stand die Karawane beladen und reisefertig da. Rasch querten wir das Längstal vollends und stiegen ohne Weg zuerst einer Schlucht folgend an der Hauptkette des Semenowgebirges aufwärts. Der Lasttiere wegen mußte ich aber bald das neue Lager schlagen lassen. Unsere Tagesarbeit war darum gar nicht glänzend. Wir hatten nur 10 km gemacht, waren dabei freilich um 600 m gestiegen. Das Lager 16 lag in 3880 m Meereshöhe. Gras war reichlich vorhanden und die Tiere waren weit besser daran als in der Nähe von Schara khoto, wo schon während des Winters der letzte dürre Halm abgebissen worden war, aber es war eben auch hier immer nur dürres, abgestorbenes Gras vom letzten Jahre.

Der Begriff des Semenowgebirges ist noch nicht scharf abgegrenzt. Der Name wurde von Obrutschew eingeführt. Er sah viel weiter nordwestlich,

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