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0393 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 393 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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beim Dábassu nor, vom Süd-Kuku nor-Gebirge aus, südlich von seinem Standpunkt, einen neuen Parallelzug und benannte diesen mangels eingeborener Bezeichnungen nach dem Vorsitzenden der K. Russischen Geographischen Gesellschaft Semenow Tianschanski 1). Der Teil dieser mächtigen Kette , den ich jetzt mit meiner Karawane überschritt, stand seit General Prschewalskis Reisen in unseren Karten unter dem Namen Siansibei-Kette. Es war bisher keine Klarheit darüber, daß diese von Prschewalski entdeckte Kette mit dem Semenowgebirge einen Zusammenhang hat. Tatsächlich verstehen nun die Eingeborenen unter Siansibei nur einen Paß, den ich selbst am nächstfolgenden Tage überschritt und für dessen Höhe ich 3800 m ermittelte. Die Gebirgskette um den Paß hat bei den Eingeborenen keinen besonderen Namen, denn nur Gipfel und Pässe werden von diesen mit Namen belegt. Es ist darum in Tibet möglich, nach der Weise der neueren russischen Reisenden vorzugehen und fremde, womöglich Eigennamen für die einzelnen Ketten einzuführen. Diese fremden Namen haben den Vorteil, daß sie sofort erkennen lassen, daß sie nicht ortsübliche Bezeichnungen, sondern daß sie von den einzelnen Reisenden bei der Erforschung und Auflösung des tibetischen Gebirgsknotens aufgebracht worden sind. Wenn sich mit dem Fortschreiten unserer Kenntnisse herausstellt, daß einzelne Gebirge zuerst falsch abgegrenzt worden sind, so lassen sich erfahrungsgemäß die europäischen Gebirgsbezeichnungen immer wieder leichter auswechseln als scheinbar ortsübliche Namen.

Oben auf dem Passe Siansibei stießen wir auf die große Karawanenstraße, die vom Bayan nor und Kabatalen quer über die Tala nach Süden führt, und an der — wie ich jetzt erst merkte — alle 25-30 km zum Schutz für Reisende gegen nächtliche Überfälle Lehmburgen stehen. Wir folgten dieser Straße weiterhin und schlugen unser Lager 17 innerhalb einer solchen Lehmburg auf. Chinesische Soldaten hatten die Lehmwälle etwa ein halbes Jahrhundert zuvor errichtet. Nun standen sie zwar leer und halb zerfallen da, aber wir fühlten uns darin dennoch unendlich wohl und geborgen. Ich habe zwischen den drei noch aufrechten Lehmwänden wie ein Gott geschlafen trotz Schnee und Hagel, womit ein eisiger Westwind uns auspeitschte.

Der Abstieg vom Passe Siansibeï nach Süden ist äußerst sanft. Man tritt schon in einer Höhe von 3600 m aus der Semenowbergkette heraus und hat dann einen weiten Blick über eine neue, nach Südosten flach abgedachte Steppenebene, hat wieder ein von Geröllmassen verschüttetes Längstal vor sich. Einige Bäche haben sich in dieses Geröll heute ein bis zu 200 m tiefes Bett gerissen und fern im Südosten hob sich von der fahlgelb schimmernden Steppe scharf abstechend ein langer dunkler Spalt mit vertikalen Wänden ab. „Darin fließt der Hoang ho," erklärte mir sofort mein H` an, der früher öfter auf der Goldsuche durch diese Gegend gekommen und sogar auf dem Heimweg den Hoang ho auf einem Floß hinabgefahren war. Der Fluß fließt so tief unten, daß sein Wasser erst zu sehen ist, wenn man dicht an den Spalt herantritt.

Früher waren Sommer um Sommer an die zweitausend Goldwäscher nach den Gorgi-Schluchten und in die Berge gezogen, welche die neue, nun vor uns liegende Steppe im Süden begrenzten. Diese Goldwäscher waren meistenteils gleich meinem IF an Leute von der sogenannten „Kleinen Gesellschaft" (Hsiao

1) Peter Petrowitsch Semenow Tianschanski, geb. 1827, bereiste 1857-1858 den Tien schon, er starb im März 1914 als der Nestor der Asienforschung.

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