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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0372 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 372 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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In der Nacht wollten die Soldaten, auf ein Extratrinkgeld pochend, die Wache übernehmen, und zwar sollten immer zwei Mann gleichzeitig aufpassen. Ich lieh ihnen eines meiner Gewehre, um vorkommendenfalls rasch durch einen Alarmschuß geweckt zu werden. Die Tibeter fanden die Posten jedoch um Mitternacht in tiefstem Schlaf, und weil eines ihrer Pferde sich unbemerkt losgerissen hatte und erst nach langem Suchen wiedergefunden wurde, so entstand daraus nächtlicherweile eine Prügelei. Meine zehn Diener versuchten Frieden zu stiften, hatten dabei aber von beiden Seiten Hiebe bezogen. So standen sich zuletzt drei Parteien mit gezückten Schwertern gegenüber und überboten sich in Schimpfworten. „Apa, Vater, schicke die nichtsnutzigen Hunde auf der Stelle weg," schrieen die Tibeter, „oder wir treiben noch in dieser Nacht unsere Ochsen nach Hause !" — „Die Hsi fan tse (Tibeter) sind Lügner und Diebe," kreischten die Soldaten, „sie wollten das Pferd auf die Seite schaffen, damit du ihnen ein neues kaufen sollst." Alle vierundzwanzig Männer schrieen und brüllten durcheinander und die Hunde waren hierdurch so verwirrt geworden, daß sie in ihrer Wut bald die Chinesen, bald die Tibeter an den Beinen packten. Beide betrachteten sie als nicht hergehörende Eindringlinge. Auch mein kleiner englischer Terrier wollte sich beteiligen. Einer von den tibetischen Mastiff packte ihn jedoch am Genick und schüttelte ihn, daß das Tierchen beinahe daran zugrunde ging. Die Aufregung war allgemein. Sicherlich taugten die Soldaten keinen Deut. Ich wagte jedoch trotzdem nicht, dem Willen der Tibeter ohne weiteres nachzugeben. Erstens mußte ich befürchten, daß ich dadurch bei meiner Rückkehr Vorwürfe von den chinesischen, j a womöglich von den deutschen Behörden erntete. Der Amban konnte ja dann sagen, der Europäer habe keine Soldaten gewollt. Er wäre nicht mehr als Wortbrüchiger dagestanden. Er hätte gewiß den Vorfall für sich ausgebeutet und auf seine Art und Weise nach Peking gemeldet. Dann konnte ich aber auch nicht dulden, daß den Tibetern der Kamm allzu hoch schwoll und sie sich für unentbehrlich hielten. Die Tibeter sind immer geneigt, anzunehmen, man fürchte sich vor ihnen. Sie suchen bewußt zu imponieren. Ich probierte darum, die Rolle des „deus ex machina" so lange wie möglich hinauszuschieben, und ließ vom Zelt aus durch Tschang den Parteien mitteilen, daß ich keinem einen Cash bezahlen, sie vielmehr alle ohne Ausnahme durchprügeln werde, wenn sie nicht sofort aufhören würden, meine Nachtruhe zu stören. Als man sah, daß man bei mir nicht ohne weiteres seinen Willen durchdrücken konnte, flaute die Aufregung langsam wieder ab. Die Parteien hockten jedoch den Rest der Nacht grollend um ihre Feuer und beratschlagten unter sich. Und ich saß wachend in meinem Zelt und bangte, es könnten einige unbemerkt davonlaufen. Wer bürgte mir denn dafür, daß die ganzen Händel nicht überhaupt ein abgekartetes Spiel waren?

Am folgenden Morgen brach die Karawane sehr spät auf. Ich machte, schon ehe es Tag wurde, Jagd auf Antilopen und später auf Murmeltiere (Arctomys robustus). Die letzteren waren eben erst aus dem Winterschlaf gekommen und sahen sehr heruntergekommen aus.

25. April. Auf dem Weitermarsch hatte ich keinen Führer. Meine Tibeter

waren nie in diese Gegend gekommen. Die Soldaten wußten überhaupt nichts. Da ich darauf ausging, abseits von der großen Heerstraße in den ganz unbekannten Winkeln und in den weißen Flecken der Karte zu arbeiten, und da ich mich auch noch speziell für die Wasserscheiden interessierte, so hatte ich

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