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0353 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 353 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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brachen und uns den Weg zu unseren Pferden abschnitten. Es war unmöglich,

zu unseren Tieren zu gelangen und auf und davon zu reiten. Es schien auch zu-

nächst nicht mehr dringend nötig zu sein. Unter Lachen erzählte der Häupt-

ling, was sie beredet hätten.

Dumme Dächse sind die Tschebts`a. Sie wollten uns Angst machen. Sie

gönnten uns nicht den Handel mit dir. Wie Mäuse sind sie. Du hast solch einen

schönen schwarzen Zopf. Das sieht j a jeder, du kannst nicht vom selben Volk

sein wie der gelbhaarige Fremdling, der uns unsere Brüder getötet hat."

In der zweiten Nacht bei den Ts`anern haben wir drei nicht viel geschlafen.

Wir fühlten uns wie gefangen in einer Falle. Jedesmal, wenn die Hunde an-

schlugen, zuckten wir zusammen, und fester umfingen unsere Hände die Waffen,

mit denen im Arm wir uns zur Ruhe gelegt hatten. Stundenlang stritten

Tsch`eng und ich, ob ein Tibeter jemand im eigenen Zelt bei Nacht und meuch-

lings ermorden würde. Ich sagte nein. Tsch`eng aber traute es den Tibetern zu.

Wie alle Chinesen, so hielt auch er die Tibeter für jeder Unritterlichkeit und

Schandtat fähig.

Kaum daß es im Osten etwas dämmerte, als wir uns eben von unseren Gast-

gebern verabschieden wollten, da stellten sich zu unserem immer größer werden-

den Erstaunen und Schrecken mehr und mehr Tibeter beim Häuptling ein

mit Ochsen und Pferden, und alle boten mir ihre Tiere zum Kaufe an. Um

uns möglichst harmlos zu stellen, kauften wir rasch noch einige. Bald aber er-

klärte ich, mein Silbervorrat sei zu Ende. Eine Ausrede, die mir fast gefährlich

wurde. Einige Tibeter versuchten meine Kleider zu betasten, um festzustellen,

ob es wahr sei. Wenn sie hierbei meine Pistole entdeckt hätten!

Mit Silberabwiegen beschäftigt, saß ich zuletzt auf dem Wiesenplan draußen.

Der Hunde wegen waren wir fern von den Zelten. Etwa zwanzig Männer um-

ringten mich, alle in fettigen, schmierigen Pelzmänteln, alle mit tiefbraunen,

von tausend Falten durchfurchten Gesichtern, durch Winterstürme und die

stechende Gebirgssonne unsäglich verwetterte Gesellen, alle mit dem kurzen

Schwert quer in ihrem Gürtel. Im Boden unweit von mir steckten ihre langen,

dünnen Lanzen. Auf der Erde lagen die stets geladenen Gabelgewehre. Rings-

herum standen die Reitpferde angepflöckt. Da fuhr plötzlich eine rauhe

schwarze Faust mir über das ganze Gesicht und höhnisch klang es mir in die

Ohren : „Du hast mal viele Bartstoppeln ! Und was für feine gelbe Haare an

deiner Stirne wachsen!"

Ein auch in Tibet auffallender Kerl war es gewesen, der so sprach. Eine

breite und schlecht vernarbte Schmarre zog ihm über das ganze Gesicht. Durch

einen Schwerthieb war ihm seine Nase gespalten worden und sein linkes Auge

erblindet. Eine Bulldoggnase hatte das Gesicht dadurch erhalten und wie bei

so vielen Zelttibetern schauten noch obendrein zwei breite Zahnschaufeln

zwischen den Lippen hervor. Ich hatte eine ähnlich häßliche Schwertspur nur

noch in Hsiang yang fu am früheren Generalissimus von Hu pe gesehen. Der

Chinese hatte sie von der Tai ping-Rebellion im Dienste seines Kaisers. Der

Tibeter aber hatte die seine sicherlich nicht auf einem Felde der Ehre geholt.

Es lag etwas Teuflisches in dem Gesicht. Noch heute, wenn ich einen schweren

Traum habe, erscheint mir manchmal diese Fratze. Damals war es aber kein

Traumgesicht, das mich angrinste. Es war ein banger Moment. Doch hielt ich

mich zurück und blieb äußerlich so ruhig, wie ich konnte.

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