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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0041 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 41 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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einen so mächtigen und reichen Mann gefunden zu haben. Und die Präfektentochter muß es auch wirklich gut bei ihm gehabt haben. Sie schenkte ihm zwei Knaben, hübsche Jungen, die in ihrer Art einen ganz wohlerzogenen Eindruck machten. Sie kamen zu mir, waren nicht vorlaut und machten mir bei meinem Besuche eine tiefe Verbeugung und den chinesischen Gruß mit ihren Händchen. Aber dem Schwiegervater war eben schließlich doch zu Ohren gekommen, daß seine Tochter nicht Frau Nr. I bei dem Herrn Gemahl, sondern in Wirklichkeit seine dritte Frau geworden war, d. h. also nur eine Konkubine. Solch eine Blamage hatte man dem Vater, einem Präfekten, der hohe Ämter innehatte, angetan ! Da starb die Frau eines Tages ganz plötzlich. Ihr Mann schien darüber untröstlich zu sein, und dazu mußte er nun die Rache des Schwiegervaters befürchten. Wenn man dem jetzt die Tochter tot meldete, würde er sicher alle Hebel in Bewegung setzen, um dem Mann, der ihn betrogen, der ihn um seine Standesehre, sein „Gesicht", gebracht, zu schaden. Aber in China gibt es in solchen Fällen noch einen Ausweg. Bei meinem Besuch war nämlich die Frau noch nicht begraben; noch waren keine taoistischen Totenmessen für sie gelesen worden, noch wurde sie nicht beweint, sie war noch nicht für tot erklärt worden. Es war, als ob sie noch in dem Hause lebte. In einem Raume ganz hinten, da wohnte sie in einem schönen großen Sarge. Ein besonderer Diener war von ihrem fürsorglichen Gatten für sie angestellt. Dieser hatte täglich für sie zu kochen, ihr die besten Speisen und das auch von ihr bei Lebzeiten so sehr geliebte Opium, diesen willkommenen Vertreiber der Sorgen und der Langeweile chinesischer Frauen, auf einen Tisch vor den Sarg zu stellen und später wieder abzuräumen. Und mehr denn acht Jahre waren es im Jahre 1905, daß die Frau tot war und daß der betrogene Vater mit seinem Prozeß wartete.

Mit aller Gründlichkeit hatte jetzt hier die sommerliche Regenzeit an-

gefangen , die in China jedes Jahr mit dem Einsetzen des Südostmonsuns beginnt und für den Ackerbau des Landes, zumal in dessen nördlichen Teilen,

von so ungemeiner Wichtigkeit ist. Acht Tage lang wurde ich dadurch in der Stadt Kün tschou festgehalten. Kein Schiff fuhr mehr auf dem angeschwollenen Han-Flusse und nur barfüßig, in bauschigen Strohkrägen und unter riesigen Strohhüten huschten die Chinesen über die Straßen.

So konnte ich erst am 1. April nach Süden zum Wu dang schan aufbrechen. Auf der großen und gepflasterten Pilgerstraße, die dorthin führt, ist heute die

Mehrzahl der schönen, alten Steinbrücken verfallen, und wo sie sich erhalten haben, mögen sich die Bäche und Flüßchen, wegen deren sie vor 500 Jahren errichtet wurden, längst nicht mehr zwischen den engen Brückenbogen durchzwängen.

Mit Dunkelwerden erreichte ich am ersten Tage von Kün tschou her Tschufu ngan, ein Kloster, das heute noch 145 taoistische Priester beherbergt und

ein beliebtes Absteigequartier für die zahlreichen Pilger bildet. Eine große,

hohe Halle zwischen plumpen Holzsäulen und dicken Mauern, mit einem hausgroßen, hölzernen Himmelbett, an dem Dutzende von geschnitzten Drachen

waren, wurde mir vom Vorsteher eingeräumt. Überall bekundete j ahrhundertealter Staub und Schmutz vornehmste Ehrwürdigkeit. Aus allen Nischen und Türen tauchten im Zwielicht meine Gastgeber auf, die Priester in ihren langen indigoblauen Röcken mit weiten, breiten Ärmeln, die fast den Boden berührten,

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