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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0382 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 382 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Lama als auch von Laientibetern. Alle wurden gastlich bewirtet, erhielten Tee und Tsamba und auf ihre inquisitorischen Fragen von meinen Chinesen dieselben Lügen aufgetischt. Man staunte über die schönen Gewehre, die alle

tausend Meilen weit schießen sollten, und über die Munition, welche die Re-   ~>
gierung nach Tibet hineinführen ließ. Alle meine Kisten und Getreidesäcke erklärte Tschang für gefüllt mit Patronen.

Wohl war das Lügengespinst meiner Leute sehr geschickt ausgeheckt, es hatte für mich jedoch den großen Nachteil, daß ich dadurch in meinem Zelt festgehalten wurde. Ich durfte, sowie sich Tibeter nahten, nirgends meine Nase sehen lassen und mußte den ganzen Tag den „faulen Lao ye" spielen. Ich kam mir wie ein Gefangener vor, kramte aber schließlich meine Lektüre aus und vertiefte mich in den „Faust" und in Pencks „Morphologie der Erdoberfläche". Die Ruhetage waren mir damit nur zu rasch verflogen.

Am 3. Mai brachen wir wieder das Lager ab. Ich hatte an den Rasttagen zwei Ziegen schlachten und dabei den Tieren das Fell ohne Bauchschnitt abziehen lassen. Die so entstandenen „Schläuche" bildeten unsere Wasserbehälter für den bevorstehenden Wüstenmarsch. Wir rechneten, daß wir drei Tage lang kein Wasser finden würden. Die zwei Ziegenschläuche mußten für uns elf Mann ausreichen.

Als die Hügel um den Si ni ts`o hinter uns lagen, ging es über ganz flache Wellen weiter. Ebene Steppe mit schönem hohem Graswuchs wechselte mit

kiesigem Grund, mit Barchangruppen und mit Zonen langgezogener Dünen aus mehligem Sand. Unweit vom See auf den Hügeln, die aus geschichteten

und kalkreichen Sandmassen bestehen und die sich bis 150 m über den heutigen

Wasserspiegel erheben, fand ich fossile (pleistozäne) Süßwassermuscheln und zu Stein gewordene Säugetierknochen, wie ich sie schon am Gungga nor ge-

sammelt hatte. Ich gewann den Eindruck, daß die Talaebene einst ein wesent-

lich höheres Niveau besaß, und daß die Weststürme hier alles wegtragen, was nicht durch Wasserläufe und Seen verhärtet und zusammengekittet ist. Die Sonne kam nun Tag für Tag aus den Wolken. Längst war der Schnee, der am Morgen des 1. Mai die Steppe bedeckte, bis auf den letzten Rest wieder

verschwunden. Es blieb jedoch meist dunstig; selten gab es eine klare Fernsicht, und die Berge, welche die „Tala" umfassen, kamen nur vorübergehend und nur in rohen Umrissen zum Vorschein.

Wir hielten uns vom Si ni ts`o an genau nach Südwesten, da ich in dieser Richtung am raschesten aus der Tala hinauszukommen dachte. Am Abend des

ersten Wüstenmarsches stand der ganze Himmel in blutroten Flammen, wie

die Sonne nur ganz ausnahmsweise Luft über ariden Gegenden zu färben imstande ist. Die Chinesen nahmen deshalb an, es werde in der Nacht einen

tüchtigen Guß geben und stellten die Zelte auf. Für gewöhnlich schliefen alle

im Freien, um im Bedarfsfalle rasch bei der Hand zu sein. Die nächsten Ketten des Semenowgebirges, der südlichen Einfassung der „Tala", hoben sich scharf

vom Horizonte ab. Von den höheren Gipfeln schimmerten breite Schneefelder herüber, die unter den letzten Strahlen der Sonne rotglühend aufleuchteten, und blauschwarz stachen dazwischen die Felsgrate heraus wie verkohlte Sparren und Balken eines brennenden Hauses. Alle priesen mein Glück und frohlockten, daß das Ende der „Tala" nicht mehr fern sei, und alle versicherten mir, daß die gefürchtete Steppe am nächsten Mittag hinter uns liegen werde. Damit, daß

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