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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0083 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 83 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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In einer kleinen Viertelstunde ist vom Ufer des Flusses aus die Kohlengrube zu erreichen. Sie liegt in einer kahlen Schlucht und hat zwei Schächte von 36 Klaftern (= 125 m) Tiefe bei 11/2 m Weite. An jedem Schacht stehen zwei Haspeln. Ohne irgend eine Übersetzung, ohne jede Sicherung durch einen Sperrhaken wird damit alle drei Minuten je ein Korb mit 160 Cättie Kohlen gefördert. Zehn halbbekleidete Kuli drehen unter taktmäßigem Singen ohne die geringste Unterbrechung an der Kurbel. Es wird mit doppelter Schicht Tag und Nacht fortgearbeitet. Für jeden Arbeiter, der heraufkommt, fährt sofort ein anderer ein.

Ich stand wenige Augenblicke am Schachteingang, der unter einem weit vorspringenden offenen Dache mündet, als freundlich grinsend einer der Unternehmer sich zu mir gesellte und eine Unterhaltung anfing. Aus jedem seiner Worte klang die Frage, wie er den Betrieb wohl noch verbilligen könne. „Es fehlt uns an Kapital und, ach, das Wasser!" jammerte der Mann wieder und wieder. Heute wird das Grubenwasser in großen Ledersäcken heraufgeschaft; Pumpen verstanden hier die Chinesen noch nicht anzufertigen. Von Europäern Maschinen und Pumpen zu kaufen, paßte den Leuten aber auch nicht. Man erwiderte mir stets : „Daran können wir nicht denken. Wir haben viel zu wenig Kapital."

Um die Kosten der Beförderung der Kohlen vom Grubeneingang zu dem Bootsplatz zu ersparen, waren die Unternehmer eben daran, einen neuen Schacht ganz dicht am Hoang ho anzulegen. Nur mit Hammer und Meißel, ohne irgend ein anderes Hilfsmittel, wurde dieser durch den Sandstein getrieben. Für jeden Fuß bei 5 Fuß im Quadrat bekamen die Arbeiter 3200 Cash (= etwa 3 Tael Silber, etwa 9 Mark). Da nun die Unternehmer gerne gewußt hätten, wie weit ihr neuer Schacht von der alten Grube entfernt sei, und da den Chinesen unter Tag jegliche Orientierung fehlte, so wurde ich gebeten, ihnen für einen Teil der Grube einen Plan zu machen.

Mit unheimlicher Geschwindigkeit fuhr der Förderkorb mit mir in die Tiefe. Eine dumpfe, fast betäubende Hitze empfing mich. Mit offenen Öllämpchen in der Hand krochen da schwarze splitternackte Knaben und Männer aus engen, wirr und planlos zusammenlaufenden Löchern heraus. Wie Molche und Bergteufel, nicht mehr wie menschliche Wesen nahmen sich die Zopfträger aus in dem kümmerlichen Licht ihrer Rizinusöllämpchen. Triefend von Schweiß zogen sie ihre wie Spielzeug aussehenden Wägelchen mit den winzigen Rollen daran über den unebenen Grund. In Stücken bis zur Größe von mehreren Kubikfuß wurde ein wunderschöner Anthrazit gewonnen. Grus wurde gar nicht gefördert. Nie in gerader Richtung, nur wie es der Zufall eingegeben hatte, liefen die Gänge und Stollen durcheinander. Selten war eine kleine Holzverkleidung zu sehen. Bald ging es so niedrig weiter, daß ich nur knieend und kriechend durchkam, bald war ein Stollen bis zu 3 oder 4 m Höhe und Breite ausgeweitet. Zwischen Wägelchen mit Kohlen kamen solche mit einem gefüllten Wassersack. Aber nur an einer Stelle fand ich das Wasser etwa knietief, sonst war die Grube auffallend trocken. Neben der Hitze wirkte ein unausstehlicher Gestank auf mich beinahe erstickend. Die Chinesen schien allerdings beides nicht zu stören; so ist's nun einmal in einem Bergwerk und so hat es der Großvater schon gehabt. Wenige Neugierige folgten mir noch unter Tag durch das Labyrinth von Stollen, als ich das Kroki aufnahm. Unter zehn Ober-

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