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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0061 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 61 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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angelegt worden war. Nur die Gasthausfrage war, wie überall in China abseits von den großen Verkehrsadern, so auch auf diesem Wege schwierig und unangenehm. Gewöhnliche chinesische Reisende begnügen sich mit jedem Winkel in einem Stall. Einen besonderen Raum für sich zu beanspruchen, fällt selbst reicheren reisenden Kaufleuten nicht ein. Den Geldwert von etwa einer Mark für ein Zimmer zu bezahlen, würde ihnen unerhört erscheinen. Jeder ist froh, wenn er seine Reise so billig wie möglich einrichten kann, und legt Wert darauf, kein größeres Aufsehen zu erregen, das nur Räuber anziehen würde. Das „bißchen" Unbequemlichkeit, auf einer schmutzigen Lehmbank nächtigen zu müssen, die nur gerade so viel Platz hat, als der Körper bedeckt, das schätzt jeder Chinese gering. Zum Glück für mich, der ich darin doch etwas weitergehende Wünsche hatte, war in diesen abgelegenen Distrikten das Jahr vorher die Expedition Filchners angemeldet worden. Ständig begleiteten mich deshalb Soldaten zu meinem Schutz, oft zehn und mehr Mann. Vertrauenerweckend sah zwar diese Leibwache nicht aus : krumme und lahme Kerls mit papierenen Regenschirmen auf dem Rücken, bewaffnet mit uralten Spießen und verrosteten Säbeln. Da sie natürlich von mir bezahlt werden mußten, so drückten sie in ihrer großen Zahl schon etwas auf meine Reisekasse. Aber ich bezahlte jedem eigenhändig und täglich seinen Lohn aus und dieser richtete sich nach der Güte des letzten Quartiers. So empfahl mich die Eskorte der Bevölkerung aufs beste, und während sich meine Tiere nebst den Dienern und Soldaten in den engen, von Maultierkarawanen überfüllten offenen Ställen, die die Gasthäuser vorstellten, behelfen mußten, war ich bei Hofbesitzern oder größeren Kaufleuten in einem eigenen Raum für mich allein untergebracht. Die Chinesenfamilien nahmen mich auf wie einen ihresgleichen. Für selbstverständlich wurde es gehalten, daß ich an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnahm, daß ich sie ebenso ungeniert über ihre Familienverhältnisse ausholte, wie sie mich befragten. Nichts ist eben in der ganzen Welt für die Menschen interessanter, als in anderer Leute Haushalt und Leben hineinzugucken. Es kostete dies aber leider auch viele Stunden, die für mein Tagebuch und meine Zeichnungen verloren gingen.

Es war noch nie ein Fremder dort durchgekommen. Nun saß da plötzlich inmitten der vielköpfigen Familien von Schnapsfabrikanten, von Seide- und Lackgroßhändlern, von Großbauern, die vielleicht noch eine vielbesuchte Maultierherberge besaßen, die vielleicht selbständig zwanzig bis dreißig Maultiere auf den Landstraßen auf und ab verkehren ließen, solch ein leibhaftiger „Yang gui tse" mit Großvater, Sohn, Enkel und oft Urenkel zusammen, ein „Yang jen", wie man in seiner Gegenwart etwas höflicher sagen mußte, ein „ Über-seer", genau übersetzt ein „Meermensch" 1).

Was gab es da plötzlich an dem Fremden nicht alles anzustaunen, anzutasten und lächerlich zu finden. Ganz so, wie wenn bei uns plötzlich ein Zulu in seinem Nationalkostüm einquartiert würde, so erging es da mir bei diesen chinesischen Honoratioren. Wie ich mich „räusperte und wie ich spuckte", alles wurde laut besprochen. Väterlich, wie ein Kind, wollten mich die meisten

1) Die höfliche Bezeichnung der Fremden in China ist „wai guo jen" = Ausländer. Die jetzt an der Küste so häufig gehörte Bezeichnung „yang jen" hat übrigens immer noch einen sehr unhöflichen Beigeschmack.

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