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0357 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 357 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Wache zwischen elf und ein Uhr, und es scheint, daß er vom Heimweh nach seinen städtischen Kochtöpfen und nach der „Kultur" übermannt wurde. Als ich um ein Uhr revidierte, fand ich den Posten unbesetzt, und als ich Lärm schlug, stellte sich seine Flucht heraus. Er hatte alle seine Sachen im Küchenzelt zurückgelassen und war Hals über Kopf davongerannt allerdings hatte er am Abend vorher doch so viel Geld von seinen Kameraden zusammengepumpt, daß er nichts verlor. Dreiviertel Jahre später sah ich den Mann in der englischen Mission in Hsi Hing fu wieder und Mr. Ridley erzählte mir, die Kälte und die Angst vor den Tibetern hätten ihm einen solchen Schrecken eingejagt, daß er Tag und Nacht heimgerannt und zitternd und heulend in Hsi Hing fu bei seiner alten Mutter eingetroffen sei. Er war vorher noch nie hinausgekommen. Darum war ihm das Heimweh unerträglich.

Freilich, der Anfang unserer Steppenreise war auch nichts weniger als schön. An jenem Abend lagerten wir der guten Weide wegen in einem Sumpf. Dieser war halb gefroren und hatte obendrein eine Decke nassen Schnees. Man konnte vor Nässe nur hocken, nicht liegen. Ich schlief auf zwei kleinen Kisten zusammengekrümmt. Einige saßen mit hochgezogenen Knieen auf den Kisten und stemmten sich mit den Rücken gegeneinander. Im tibetischen Hochland schlägt man mit Vorliebe sein Lager an solch ungemütlichen Sumpfplätzen auf, weil nur dort das Gras ein paar Zentimeter hoch wird und einigermaßen dicht wächst. Das A und das des Tibetreisenden sind seine Tiere, und will er diese nicht vorzeitig verlieren, so darf er sie keinen Augenblick aus den Augen lassen und darf auch nie um seiner persönlichen Bequemlichkeit willen auf einer schlechten Weide sein Zelt aufrichten.

In der zweiten Nacht war unser Lagerplatz trocken, aber er war so höckerig, die einzelnen Rasenbüschel waren so hoch und standen dabei so weit voneinander , daß wir nicht daran denken konnten, die Zelte aufzustellen. Um die zweite Nachtwache besuchten uns Wölfe und verscheuchten mit ihrem wimmernden Geheul jeglichen Schlaf. Meine Hunde waren rasend ob dieser Störung und antworteten mit wütendem Gebell, und die Felsberge rings verstärkten das Steppenkonzert mit nicht endenwollendem Widerhall. Am dritten Tage stießen wir wieder auf menschliche Spuren, kamen endlich auf einen deutlich sichtbaren Weg und sahen bald darauf Menschen. Wir fanden einige Dutzend Zelte der Tscham ri-Tibeter, und um die Mittagszeit schlugen wir Lager in der kleinen grasbedeckten Ebene vor den Mauern von Schara khoto (Tafel LVII).

Der äußerst joviale Schu be Tsch`en, der Hauptmann des Ortes Schara khoto, den ich von meinen früheren Aufenthalten her gut kannte, kam in Begleitung seiner Unteroffiziere und offiziellen Dolmetscher und war die Freundlichkeit selbst, wenn er mich auch in seinem Innern todsicher zu allen Teufeln verfluchte, daß ich ihn schon wieder aus seiner beschaulichen Ruhe aufstörte. Wir umarmten uns nach der ersten förmlichen Begrüßung wie die besten Freunde und tauschten Geschenke aus. Er erbat sich vor allem europäisches „Schwarzpulver", weil er von seinen Vorgesetzten keines oder kein gutes bekomme. Seine breite Aussprache, seine vielen f- und pf-Laute, wo man sonst in Nordchina „sch" bzw. „tsch" gebraucht, verrieten ihn gleich als einen Mann aus dem Volk von „Lan dpfu" (Lan tschou fu). Er hatte von der Pike auf gedient. Einen großen Dienst erwies mir dieser Schu be, indem er noch am ersten Abend einen Boten an den Amban nach Hsi Hing fu sandte und nach dem Verbleib der versprochenen

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