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0186 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 186 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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zu. Plötzlich unterbrach er die Stille : „Du bist ganz wie der Tschou da jen.

Kennst du nicht die Geschichte von Liu da lao ye und seinem Herrn Tschou?" 1)

Ich wußte die Geschichte natürlich nicht. „Liu," so fuhr der Bauer fort —

ich lasse aber die Titel beiseite, die mein Gewährsmann stets wiederholte -

der war angestellt, der ,aß das Essen' bei Tschou. Dieser war ein hoher Be-

amter, besaß aber noch viele Ländereien und viele große Geschäfte in der Stadt.

Jahrelang hatte Liu dem Herrn die Rechnung geführt. Er hatte wohl viel zu

tun, war aber wegen seiner Stellung sehr angesehen und ging immer in Samt

und Seide. Er hatte ein Pfandhaus unter sich und war eine Art Direktor. Eines

Tages aber kündigte er und verließ seinen Posten zum großen Schmerze seines

Herrn. Dieser stellte der Reihe nach verschiedene Leute an, aber bei keinem

wollten die Geschäfte ebenso blühen wie unter Liu. Tschou entschloß sich

deshalb, seinen früheren Angestellten zu besuchen. Endlich fand er das Dorf,

wo jener beheimatet war, fand auch sein Haus. Dort wurde ihm gesagt, Liu

sei auf dem Felde, und Tschou suchte ihn draußen auf. In einer Ecke des Feldes

sah er die Ochsen grasen, die ihm bezeichnet worden waren, aber den Mann

konnte er lange nicht entdecken. Schier wäre er aber beim Suchen auf ihn

getreten. Liu hatte seinen verschossenen Kattunkittel ausgezogen und schlief

wie ein Taglöhner mit nacktem Oberkörper in einer Ackerfurche. Mitleidig

rief der Herr seinen alten Direktor an und forderte ihn auf, da es ihm an-

scheinend schlecht gehe, doch gleich mit ihm nach der Stadt zurückzufahren,

dort könne er sich wieder in Seide kleiden, auch werde er ihm einen Rang, einen

Knopf kaufen. Liu aber lächelte daraufhin nur. ,Sieh, Herr,' meinte Liu, ,das

schönste ist, Bauer zu sein, einen Acker selbst zu pflügen und zu eggen. Hier

habe ich keine Sorgen. In der Stadt aber und als Leiter eines großen Geschäftes

muß ich achten, daß ich standesgemäß gekleidet bin, muß mich mit vielen

Dienern herumärgern und habe keine Ruhe bei Nacht und bei Tag.' — Ich bin

auch in Schanghai gewesen, habe dort viele Europäer gesehen," meinte mein

Hauswirt weiter, „aber nirgends habe ich einen Europäer gesehen, dem ich das

Verständnis für solche Gedanken zutraute."

Bald südlich von Tschung wei trifft man in den zunächst breiten, oben ab-

geflachten Bergmassen noch einzelne höhere Kuen lun-Ketten, Bergzüge, die

mit einer N 70-75 ° W ziehenden Streichrichtung von dem ausgedehnten Ge-

birge herkommen, das wir auf allen unseren Karten als Nan schan oder Südberg

eingetragen finden. Die Bezeichnung rührt daher, daß die ersten europäischen

Reisenden, als sie, von Norden, von der Wüste Gobi her kommend, nach dem

Namen des Gebirges fragten, von den Bewohnern die echt chinesische Antwort

erhielten: Nan schan, „Berge im Süden".

Diese Ketten, die vom 95. Längegrad an in südöstlicher oder ostsüdöstlicher

Richtung streichen, setzen sich als stattliche Felsrücken, die nur ganz allmäh-

lich an Höhe abnehmen, auch noch weit über das rechte Hoang ho-Ufer fort.

Es kostete mich große Mühe, in diesem Bergland den Hoang ho, der sich müh-

1) Tschou da jen, die Exzellenz oder Hochwohlgeboren Herr Tschou. Das Chinesische ist die an Titeln und Anreden reichste Sprache. Eine allgemein gebräuchliche Anrede wie unser „Herr" gibt es nicht. Selbst die Worte für „Herr" sind dem Range nach abgestuft. Da jen wird meist mit Exzellenz übersetzt, ist aber noch nicht dasselbe, da es weit hinab in den Rangstufen angewandt wird und anderseits in der Anrede von Gouverneuren und Generalgouverneuren nicht mehr genügt.

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