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0167 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 167 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Die Chinesen haben auch hier den Wassergräben entlang viele Bäume gepflanzt, die der Ebene ein hübsches und freundliches Aussehen verleihen. So ist die Oase von Ning hsia ein grüner Edelstein, der sich in wirksamem Kontrast aus der Sandwüste heraushebt, die sowohl im Osten, auf dem rechten Hoang ho-Ufer, als auch im Westen außerhalb des Kanals gegen das dort felsig und steil aufsteigende Alaschan-Gebirge sich kahl und gelb breit macht (Tafel XXXII). Das buschige Grün der Weiden und Pappeln ist manchmal ungemein dicht; erst als ich der Stadt ganz nahe war, tauchte sie vor mir auf. Einige wenige Mohammedanerhäuser liegen vor dem östlichen der beiden Südtore, in denen ein Reisender, der nach Torschluß ankommt, vielleicht noch eine Herberge finden kann. Eine eigentliche Vorstadt ist im Süden nicht mehr vorhanden 1).

Die Stadt Ning hsia fu bedeckt ein riesiges rechteckiges Areal von 4 bis 5 qkm. Im Innern sind aber weite Flächen unbewohnt. Felder, auch Ödland, ausgedehnte Sümpfe und Seen, auf denen man allerlei Wildenten jagen kann, nehmen viel Platz darin ein. Niedere, aus dem Lot geratene Lehmhäuschen mit meist flachen Lehmdächern stehen in der Mitte um die Tempel und um Pe lu-Tore sowie an den beiden Ostwest und Nordsüd laufenden Hauptstraßen. Die Stadt hat sechs Tore und heute etwa 15 000-20 000 zum größten Teil verarmte Einwohner. Sie ist fast nur noch wichtig als Sitz der `Verwaltung des Oasengebietes und hat in ihren Mauern einen Dao tai, einen Tschi li fu und

zwei Hsien (es gibt eine südliche und eine nördliche Unterpräfektur). Auch zu der Zeit, als Abbé Huc und Gabet hier durchkamen, also vor der Mohammedanerrebellion der 1860er Jahre, scheint die Stadt schon in Verfall gewesen zu sein, denn auch Huc weiß von unbewohnten Vierteln, Ruinen und zerlumpten Bewohnern zu berichten 2). Die starken Mauern von 13 m Höhe aber, die noch heute jedem imponieren müssen, die zwei hohen, jetzt freilich etwas windschief gewordenen steinernen Pagodentürme und die Tore der Stadt, von denen allerdings einige zugemauert wurden, weil .,nach dem alten Gesetz in China nur eine Kaiserstadt so viele besitzen darf, weisen noch immer auf die einstige Wichtigkeit hin.

Ning hsia fu hieß früher Hsing tschou (chin.) und ist vielleicht das „Irgai" der arabischen Geographen des Mittelalters (egrigai = steiler Fels). Nach dem mongoli-

schen Geschichtschreiber Sanang Setsen hieß es „Turmege". Es war lange Zeit die Hauptstadt des Reiches Hsi Hsia, das von 1004-1226 als ein unabhängiger Staat bestand und den größten Teil der heutigen Provinz Kan su und die Ordos bis Bau de umfaßte, bis es durch Dschinggis Khan seine Unabhängigkeit verlor. Gleich nach der Besetzung des Landes starb hier 1227 der große mongolische Eroberer an einer Wunde oder an einer Seuche, die damals auch sein Heer dezimierte.

Zur Zeit der Blüte um 1146 bestand das Hsi Hsia-Reich (nach der chinesischen Geschichte Hsi Hsia schu sche) aus 22 Tschou (Distrikten) und Städten. Die Tibeter nannten seine Bewohner „Minag" (s. Huth Jigsmed ... ). Es hatte eine besondere Schreibweise, die sich auf einigen wenigen Stelen, Münzen und im Wüstensand konservierten Papieren erhalten hat, aber bisher noch nicht entziffert werden konnte. Wer die eigentliche herrschende Klasse in diesem Reiche war, ob nur die Abkömmlinge chinesischer Generale, die sich der Sung-Dynastie (960-1127) nicht unterwerfen wollten und dem großen chinesischen Geschlecht der „Li" angehörten, wie mir gegenüber Kan su-Chinesen, sowie die noch lebende Familie der Li Tu se in Hsi ning fu behaupten

  1. Du Halde, Description de l'empire, Paris 1735, beschreibt die Stadt als dicht bevölkert und gibt allein der südlichen Vorstadt 500-600 Häuser.

  2. Huc, Wanderungen durch die Mongolei nach Tibet (Deutsch von Andree [1855]).

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