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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0030 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 30 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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3.

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seine Schußwaffe nicht öffentlich, damit er nicht wegen verbotenen Waffentragens mit dem Ya men in Konflikt gerate. Zuletzt batten sich zwei beherzte Leute gefunden, die das Tier mit Stöcken totschlagen wollten. Aber mit dem Leben hatten diese ihr tollkühnes Beginnen zu büßen. In dieser Not wurde endlich einer der fremden Priester gebeten, das Tier zu töten, und dieser erlegte es durch ein Loch in der Lehmmauer des Hauses. Der Leichnam des Tigers wurde fast mit Silber aufgewogen. Um 600 Tael Silber wurde er schließlich in eine Apotheke verkauft, die sich für das Fleisch je 1 Tael (3 Mark) pro Pfund bezahlen ließ und jede Unze Knochen sogar um je 1 Unze Silber verhandelte. Traurig erzählte mir ein protestantischer Missionar, selbst seine paar getauften Christen samt dem Evangelisten hätten sich nicht abbringen lassen und hätten wie wild nach diesem Lebenselixier verlangt.

Oberhalb Lao ho kou, nachdem mein Leichterboot (bo tschuan) mit der großen Bagage den Li kin ') passiert hatte, reiste ich zu Fuß weiter. Ich hatte nur meinen Diener Ma mit mir und zwei Kuli , die nach Landessitte an den Enden einer breiten, elastischen, horizontal über die Schulter gelegten Stange mir etwas Bettzeug, Instrumente und Kupfergeld nachtrugen. Es war ein frisches, frohes Wandern mit leichtem Gepäck auf und ab auf den winzigen Fußpfaden, die die Straße bildeten.

Bald hatte ich herausgefunden, daß es weit zweckmäßiger ist, die Strohsandalen der Chinesen zu benutzen. In meinen europäischen Stiefeln marschierte ich viel weniger sicher, noch einmal so elastisch ging es sich in den Sandalen. Machte nichts, daß dieses chinesische Schuhzeug nach zwei Tagen, als ich in der Stadt Kün tschou (spr. : Dschün dschou) ankam, schon kaput war. Es kostet sozusagen nichts. Ich hatte für mein Paar noch keine zehn Pfennig zu bezahlen gehabt, und ich mußte mir stets extra große machen lassen, da für meine Fußgröße im Lande der kleinfüßigen Chinesen nirgends ein passender Schuh aufzutreiben war.

Nach Kün tschou war ich gegangen, da ich die berühmte alte Tempelanlage des Wu dang schan sehen wollte. Schon weit unten am Han-Fluß hatte ich gehört, daß dort alljährlich Hunderttausende zusammenströmen, um sich vor den Heiligtümern dieses Berges niederzuwerfen, und daß die ganze Stadt sozusagen von den Pilgern lebe.

Als ich dann müde nach einem Tagesmarsche von 40 km in der Stadt ankam, wollte es zuerst mit meiner Unterkunft hapern. Nur ganz besonders erbärmliche Spelunken, aber keine Pritsche und kein Kang 2) waren für mich aufzutreiben. Nicht, daß ich damals noch besonders wählerisch mit dem Quartier gewesen wäre, ich wußte schon ganz genau, daß chinesische Hotelzimmer zu ebener Erde und in einem Höfchen liegen, wo Hühner und große schwarze Schweine im Verein mit herrenlosen, meist räudigen Hunden die herumliegenden Unrathaufen durchwühlen. Vor Schmutz schwarz und fettig glänzende Kalk-

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  1. Li kin (in Nordchina ausgesprochen: Li tschin) = Zoll und Straßengeld findet man überall an allen chinesischen Land- und Wasserstraßen. Von Hankou bis Lao

ho kou zum Beispiel waren neun Stationen zu passieren, die jedesmal mehrstündigen Aufenthalt verursachten.

  1. K`ang (chinesisches Wort) ist der schon oft beschriebene chinesische Bettofen, d. h. ein breiter truhenförmiger Aufbau aus Erde oder Stein, der in Nordchina als Bett oder Sitzgelegenheit benutzt und mit Pferdemist geheizt wird.

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