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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0336 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 336 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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der sich zusammenzieht und wieder ausdehnt, der aber doch vorwärts kommt und unentwegt einem Ziele zustrebt, so schob sich die Karawane gegen den Paß zu. Mit viel Geschrei, unter dem nicht endenwollenden „áoá,oáo" der chinesischen Treiber kamen wir endlich durch eine enge Felsscharte am schmalen Felsgrat oben an und im Süden ging's von dort gleich wieder, aber nur noch viel steiler als am Nordhang, in Serpentinen hinab in ein enges Felstal.

Wir kamen unweit von einer chinesischen Umwallung (Ts`ien hu tsch`eng) vorbei, in der ein Leutnant mit einer kleinen Mannschaft einen vorgeschobenen Posten der Grenzwacht hält. Kurz darauf sahen wir wieder einzelne Felder, trafen tibetische Bauernhäuser, sahen Garang, den Sitz eines tibetischen Fürsten von Ts`ien hu = Rang. An hohen Masten flatterten lange weiße Fahnen, die über und über mit Gebeten bedruckt waren. Wir ritten durch ein kleines tibetisches Kloster, in dem einige Dutzend Lamas bei unserem Erscheinen zusammenliefen, um den Fremden anzustarren und über ihn unflätige Witze zu reißen. Gerade als es zu dämmern anfing, kamen wir müde und hungrig in I ts` a sehe an.

Dies ist ein weiterer vorgeschobener chinesischer Unteroffiziersposten, unter dessen Schutz Mohammedaner ansässig geworden sind. Im ganzen wohnen hier etwa siebzig Familien. Von I ts`a sehe aus zieht sich ein vielbenützter Yak-weg hoch über dem linken Hoang ho-Ufer nach Westen in die tibetische Steppe hinein. Um den Ort finden sich noch ein paar an Steinen überreiche Felder. Weiter aber nach Westen ritzt nie und nimmer ein Pflug den Boden. Der Mensch lebt weiter draußen losgelöst von der Scholle und zieht unstet mit seinen Herden von Ort zu Ort. Alles Land ist dort zu hoch gelegen und infolgedessen zu kalt, um den Ackerbau zu ermöglichen. In I ts`a sehe wollte ich von den Annehmlichkeiten und großen Vorzügen Chinas, von der „K u 1 t u r", endgültig Abschied nehmen, hier wollte ich in das „Land der Räuber" eintreten.

Während vor mir schon zwei europäische Reisende über den Lao ye schan gezogen waren, nach I ts`a sehe und über dieses kleine Nest hinaus war noch keiner gekommen.

Krethi und Plethi von I ts`a sehe liefen zusammen, während die Tiere in dem hoch ummauerten Hof eines Wollehändlers abgeladen und bei dem unsicheren Licht der chinesischen Papierlaternen in langen Reihen angepflöckt wurden. Jeder, der mich begrüßte, kam freudig lächelnd — wie immer in Ostasien, wenn einem etwas besonders Unangenehmes gesagt wird — und machte mir die Mitteilung, daß es auf dem Wege nach Westen zurzeit von Räubern ganz besonders wimmle und daß dort keine Yak zu haben seien, weil die Nomaden diese Gegend verlassen hätten, nachdem eine Rinderseuche unter ihren Herden ausgebrochen sei.

Eine noch unangenehmere Nachricht war kaum zu denken. Hungrig mußten meine armen Ochsen die Nacht verbringen und vor Sonnenaufgang sandte ich sie, noch ehe sie einen Grasbüschel in den Mund bekamen, zurück zum Lao ye schan, um sie dort einstweilen grasen zu lassen. Ich selbst aber trabte eilig in die Tibetersteppe, um mich persönlich vom Stand der Dinge zu überzeugen. Und die traurige Wahrheit lag dort nur allzu ollen am Wege. Ich war noch keine Stunde weit geritten, da gab es links und rechts von Geiern abgenagte und angefaulte Rinderkadaver und nirgends, so weit ich auch ritt, tauchten die schwarzen Zelte der tibetischen Nomaden auf. Nur verlassene Kochherde,

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