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0273 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 273 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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E

r r.

sohlige Seitental nach Süden ritt. Nur 25 km von der Stadt Hsi ning liegt das

berühmte Kloster, und doch, wie anders als in Hsi ning und im eigentlichen

China sieht es dort herum aus! Landschaftlich bietet der Weg und auch die

nähere Umgebung des Klosters wenig Anziehendes. Es ist die gleiche, wirr in

zahllose Täler zerrissene Hügel- und Berglandschaft aus roten, tertiären Tonen

und lockeren Sandsteinen mit einem Lößmantel darauf wie um Hsi ning fu.

Dazu sind die Berge in der Umgebung des Klosters fast baumlos, manchmal

sogar vollkommen kahl. Aber die Menschen sind dort andere als in der Chinesen-

stadt. In Sprache und Sitten weichen sie von den Chinesen ab.

Je näher ich dem Kloster kam, desto mehr traten die indigoblau gekleideten

Chinesen zurück und machten echten Mongolen Platz, die in phantastisch

aussehenden, meist gelben langen Röcken steckten und auf hochstelzenden

Kamelen daherschaukelten. Tibeter, Tibeterinnen in wechselvollem, wildem

Aufzug, zu Fuß, zu Pferd, in Gruppen oder allein reisend, bald fröhliche Lieder

singend und lachend und scherzend, bald ernsthaft und betend, füllten die vielen

Wege und Pfade, die alle zum Kloster führten. Wer von den tibetischen Um-

wohnern Schmuck und schöne farbige Kleider besitzt, legt diese zur Butterfest-

woche an und zieht damit nach Gum bum gomba, um für die Zukunft den

Segen der Götter zu erflehen und auch, um zu sehen und sich sehen zu lassen,

um Freunde zu gewinnen und zu zeigen, was man besitzt und ist.

Das Kloster Gum bum liegt im Grunde eines kleinen und wenig tiefen Seiten-

tales versteckt. Man begreift erst nicht, wie gerade hier, an einem wasserarmen

Bachrinnsal, eine solch gewaltige Klosteranlage entstehen konnte. Weit bessere

und geeignetere Plätze wären doch nicht weit davon zu finden gewesen. Keines-

wegs ist der Platz von der Natur bevorzugt. Das Kloster steht abseits vom

Großverkehr. Für Wagen ist es schlecht erreichbar. Das Tälchen, in dem es

liegt, hat einen schmalen, steilen Erdriß als Sohle, der den Verkehr auch noch

innerhalb des Klosters erschwert. Aber weitaus die meisten tibetischen Klöster

liegen fern von den großen Handelswegen in stillen weltabgeschiedenen Berg-

schluchten. Das blühende mönchische Leben in Tibet sucht noch immer Ruhe

und Abgeschlossenheit gegen außen, es will sich vom Weltgetriebe fern halten,

das sündhaft ist und Versuchungen aller Art mit sich bringt. Außerdem sind

in der Regel die tibetischen Klöster aus Einsiedlerklausen entstanden, in die

sich fromme Gläubige einst zurückgezogen haben. Langsam und allmählich

wurden daraus die heutigen ausgedehnten, stadtähnlichen Anlagen.

Gar manches an dem lamaistischen Buddhismus Tibets erinnert, wie schon

die beiden Lazaristen Huc und Gabet gefunden haben, an das Christentum des

frühesten Mittelalters. Viele Tibeter führen ein asketisches Leben, das dem der

alten Styliten ähnelt. Das Volk ist tief religiös veranlagt. Die europäischen

Reisenden, die schon so viel Böses von tibetischen Mönchen mitzuteilen wußten,

taten diesen sicherlich meist bitter unrecht. Die Tibeter sind stark in ihrem

Glauben, wie der beste Christ bei uns. Freilich, es ist schwer, als Europäer in

ein tibetisches Kloster im Alltagsgewand hineinzusehen. Wenn wir es zu kurzem

Besuch betreten, dann geht es dort meist zu wie in einem aufgestörten Bienen-

schwarm. Zumal in den Klöstern, die an der nordchinesischen Grenze liegen,

glaubt jeder Lama bei unserer Annäherung, sein ganzer Glaube und seine Heilig-

tümer seien in Gefahr, etwa wie wenn in alter Zeit eine Türkenschar gegen

eines unserer abendländischen Klöster anrückte. Gerade in tibetischen Klöstern

 
 

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