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0306 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 306 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Nachdem ich die Bilder mit aller Muße betrachtet hatte, wurde ich in ein großes Prunkzelt geladen, das nebenan im Tanzhof aufgeschlagen worden war. Dort wurden Tee, Jujuben, Tsamba und Zucker angeboten und dort konnte man auch zum Dank einige Silberstücke anbringen. Damit hatte ich aber noch nicht alle Butterbilder gesehen. Im ganzen waren es zwölf Stück. Alle waren zwar um den Tsog la kang herum, d. h. in der Umgebung, aber doch außerhalb der den Golddachtempel einschließenden heiligen Hauptgebäude des Klosters aufgestellt. Alle hatten Buddhabilder in der Mitte, deren Namen aber meine Führer mir nie nennen konnten. Bei dem Rest der Bilder, die alle nur Mittelgröße hatten, waren oben an der Spitze Früchte und Blumen, auf den Seiten meist Szenen aus den Sagen von König Gesar 1) und von Tang sen 2), wie z. B. Tang sen mit dem Steinaffen und allen seinen Freunden über den Yang tse setzt, dargestellt.

Rührend war es anzusehen, wie tibetische Pilger große Butterballen herbeischleppten und den Priestern gewissermaßen als Bezahlung für das Gesehene übergaben. Die Butterbilder dienen rein zur Schau. Nur ganz ausnahmsweise konnte man einen Tibeter sehen, der sich vor den Bildern zum Ko tou niederwarf. Es waren dies dann Leute, die kein Götterbildnis sehen können, ohne sich sogleich davor niederzuwerfen. Deren gibt es freilich in Tibet nicht wenige.

Schon bei Sonnenaufgang hatte ich mich am anderen Morgen mit meiner Kamera auf den Weg gemacht, um die Butterbilder auf die Platte zu bringen, aber ich fand den Platz bereits geräumt. Bloß die leeren Masten und Gerüste standen noch da. Nur eine Nacht lang, von etwa 7 Uhr abends bis 4 Uhr morgens, sind die Bilder zu sehen, an denen viele Dutzend Mönche monatelang gearbeitet haben und deren Herstellung jedesmal das Kloster ein kleines Vermögen kostet. Mit Mühe erhielt ich an diesem Morgen von dem San lao ye einen butterneu Reiter aus dem Gefolge des Srong tsang sgambo. Die Bilder waren alle schon zerstört und in eine Grube geworfen worden, in welcher die verwendete Buttermasse bis zum nächsten Jahre aufbewahrt wird. Der Reiter, welchen mir der San lao ye „geschenkt" hatte, zeigte dünn mit Stroh überzogene Eisenstifte, die in die den Hintergrund bildende Holzwand eingetrieben waren. Die eigentliche Formmasse bestand aus einem mit der Zeit schwärzlich gewordenen Butterstück, das einen stark ranzigen Geruch verbreitete. Jedes Jahr machen sich neue Künstler mit neuen Einfällen ans Werk, sowie im Anfang des Winters die Kälte anhält. Da die Leute ständig mit kaltem Wasser zu arbeiten haben, so soll es kein beneidenswertes Geschäft sein 3).

Zwei Tage nach dieser Festnacht hatte das Kloster wieder ganz sein gewöhnliches Aussehen. Die wohltuende, wunderbare Ruhe wurde nur manchmal durch die Baßtöne der Hörner unterbrochen. Auch nachts klang oft Hörner-und Flötenklang an mein Ohr ; Gebete, die irgend ein Mönch auf seinem Hausdach in monoton dahinrauschendem Basse sang, tönten durch das Tal und ließen mich selbst in Träumen die fremdartige Umgebung mit dem einzig in der Welt dastehenden Kult und Gepränge nicht vergessen.

  1. s. Bd. II, S. 158 u. 159.

  2. Hsüen Tsang, s. Bd. II, S. 23-27.

  3. Der japanische Mönch Kawagutschi teilte mit, daß auch in Lhasa am 15. des I. Monats Butterbilder gemacht werden. Die Darstellungen scheinen dort aber lange nicht so groß zu sein. Er spricht nur von 120 Figuren. Sie sind dort nur für eine kleine auserwählte Schar bestimmt (s. Ekai Kawaguchi, Three years in Tibet).

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